Eine Lotsin in stürmischer See

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Es ist keine leichte Aufgabe, die Helga Fritsch mit 1. Oktober 2013 übernehmen wird: Als Rektorin der Medizinischen Universität Innsbruck ist sie zuständig für 1.800 Mitarbeiter und 3.000 Studierende. Insbesondere diese schätzen die Leiterin des Departments für Anatomie, Histologie und Embryologie. Aus ihrem Heimatland hat die gebürtige Rheinländerin eine Umstellung des Studiums, insbesondere der Prüfungen mitgebracht. Die Studierenden werden nun früher mit Patienten oder zumindest mit Fallgeschichten befasst. Gelehrt und geprüft wird weniger in großen Fächern und großen Abständen, sondern mehr in Modulen und Schwerpunkten, damit sich den angehenden Medizinern die Zusammenhänge eher erschließen. Helga Fritsch, verheiratet und Mutter zweier Töchter, wurde zwei Mal "Professor of the Term“. Mit ihrer herausragenden fachlichen Anerkennung - sie ist Mitglied in einem halben Dutzend wissenschaftlicher Vereinigungen - hat sie nach Einschätzung der Kollegenschaft beider Universitäten eine feste Grundlage für das Amt als Rektorin. Dort erwarten sie einige Probleme, wie an der Medizinischen Universität ebenso zu hören ist wie an der Leopold Franzens Universität.

Seit den Neunzigerjahren wird die damalige medizinische Fakultät und nunmehrige Universität von inneren Unruhen erschüttert. Das Personal ist aufgeteilt in Bundes- und in Landesbedienstete. Dazu kommt interner Streit um die Verdienstmöglichkeiten aus Privathonoraren sowie aus Gutachten und Studien: Investitionen seien sozialisiert, die Verdienste hingegen privatisiert worden, heißt es an der Universität. Das galt denen einen als - zumindest moralisch - unhaltbar, den anderen jedoch als verteidigungswert. Zugleich spaltete die Frage der Eigenständigkeit der Medizin das Kollegium ebenso stark die Personalentscheidungen: Rektoren wurde gewählt und abberufen, Kandidaten nominiert und abgelehnt. Erst jetzt im Oktober verwarf das Oberlandesgericht Innsbruck die Beschwerde von Margarethe Hochleitner, die 2009 trotz Platzierung auf dem Dreiervorschlag nicht zur Rektorin gewählt worden war und darin eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts erblickt hatte. Ihr vorgezogen wurde Herbert Lochs, dessen Amtsperiode nächstes Jahr endet. Seine Vizerektorin ist eben Helga Fritsch, die sich - Lochs wäre gerne verlängert worden - jetzt "mit großer Mehrheit“ im Universitätsrat durchgesetzt hat. Diese Wahl wollte der Rat vornehmen, ehe viele seiner Mitglieder ab März 2013 wegen Ablaufs der Amtsperiode ausscheiden. Ein neuer Universitätsrat, der kurzfristig das Rektorat neu zu besetzen hätte - das war den Beteiligten zu viel an Unruhe.

"Wir hoffen, dass Frau Fritsch die Universität in ruhigere Gewässer führen wird“, sagte denn zu ihrer Bestellung Stefan Deflorian, als Vorstand der Landeskranken-Gesellschaft wesentlicher Gesprächs- und Geschäftspartner sowie Dienstgeber der Mediziner. Sie freue sich über das Vertrauen, sagte Fritsch, und werde alles tun, um dieser verantwortungsvollen Aufgabe gerecht zu werden. Die Leidenschaft zur Institution Universität kennzeichne sie jedenfalls, schrieb Gabriele Starck, als Redakteurin der Tiroler Tageszeitung seit Jahren Kennerin der Umstände. Fritsch sei temperamentvoll, aber keinesfalls stur, sie könne zuhören und Rat annehmen. Die Wissenschafterin liest gern, und habe ihre Liebe zu Tirol nicht erst durch ihre 1998 erfolgte Berufung nach Innsbruck, sondern durch ihre frühen familiären Urlaube in Osttirol entdeckt.

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