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Experiment: Zusammenarbeit

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Die bisherigen Strukturen außerschulischer kirchlicher Bemühungen um die Kinder und Jugendlichen katholischer Eltern sind unüberhör-bar in Frage gestellt: hier ist ein ständiges Unbehagen der Erwachsenen (Eltern und Erzieher) über die „Katholische Jugend“ gegeben, dort findet sich ein akutes Empfinden des Alleingelassenseins (bei der Jugend und deren Führung). Beides ist nicht nur mit den stets vorhandenen Spannungen zwischen den Generationein zu erklären.

Die verschiedensten Veröffentlichungen in der katholischen Presse anläßlich der „Zwanzig Jahre Katholische Jugend in Österreich“ einerseits, die Einstellung des Erscheinens der Führungszeitschriften „Stepha-nus“ und „SAAT“ der KJ und die Herausgabe der Vierteljahresschrift „Jugend und Kirche“ anderseits, lassen auf dem Hintergrund praktischer Erfahrungen der Kirchengemeinden und einem neuen Selbst-venständnis des Katholischen Aktion einen Aufbruch erkennen, der auf eine Änderung der bisher gegebenen Struktur kirchlicher Jugendarbeit hinzudrängen scheint. Gelungene Aktionen, wie das alljährliche Sternsingen der Bubenjungschar, der „Weihnachtsmarkt“, aber auch die großartigen Entwickl mgshilfeleistun-gen der Katholischen Landjugend, können, einmal als taktische Erfolge erkannt, nicht die Frage nach der Notwendigkeit einer ernstlichen Überprüfung der Strategie paralysieren. Dies gilt auch für die unmeßbaren, aber um so wertvolleren und großartigen Bildungsleistungen der Katholischen Jugend auf allgemein-menschlichem und religiösem Gebiet, die in den jungen katholischen Familien schon deutlich fruchtbar werden.

Die Katholische Jugend versteht sich seit 1946 als „Jugend der Kirche“. Sie wurde auch von den österreichischen Bischöfen als solche approbiert. Unter Anerkennung der Obersten Leitungsgewalt des Bischofs, der auch moralische (Weit weniger finanzielle) Hilfe und Stärkung nach außen gewährt, ist die Katholische Jugend „unabhängig“. Diese „autonome“ Verfassung, weniger ausgesprochen als verwirklicht, zeugte auch folgerichtig innerhalb der Katholischen Jugend fast autonome Gebilde: Landjugend, Arbeiterjugend, Studierende Jugend und Jungschar, innerhalb dieser Differenzierungen nach Beruf und Alter auch die einzig selbstverständliche, aber doch wieder bis zum Extrem durchgeführte Isolierung nach Geschlechtern. Das erklärte Ziel ist, eigenständig und unabhängig von der Erwachsenengeneration, wenn notwendig auch gegen diese, das Milieu entscheidend zu beeinflussen und die Gesellschaft zu ändern.

Hier und jetzt aber gilt es zu erkennen: die kirchliche Jugend kann sich in der heutigen Gesellschaft nicht allein halten; das Milieu kann im besten Fall von der KJ nur angekratzt, bei weitem aber nicht geändert werden. Im Gegenteil: es „inhaliert“ die katholischen Jugendlichen.

Bruno Dreher („Handbuch der Pastoraltheologie, Herder 1966, Band H/1, Seite 110 ff.) gibt bei Verwendung einer umfassenden Literatur dieser Erfahrungstatsache pastoraltheologische Begründung, Einsicht und Folgeerkenntnis:

Pastoral, KatecheVk und Pädagogik seien heute ;ur Erkenntnis gelangt, „daß eine isolierte Biläumgs- und Seelsorgparbeit an Kind und Jugend in ihren verheißungsvollen Ansätzen immer aufs neue in einer defizienten Erwachsenengesell-sohafit versandet“.

Als ein Zeichen des neuen Auf-hruchwülens der derzeitigen Führung der Katholischen Jugend Österreichs ist die Tatsache zu vermerken, daß die Anerkennung der Notwendigkeit einer integralen Erwach-senenhüfe in der ersten Nummer von „Jugend und Kirche“, wenn auch bisher nur in der Buchbesprechung intendiert wird.

Jedoch! Jede Erkenntnis soll zur Tat führen: Der Verfasser ersuchte die Jugendführung seiner Diözese, vorstehende Erwägungen zu beraten und fügte einzelne Überlegungen hinzu, die vielleicht einem allgemeinen Interesse begegnen könnten und darum auch hier Erwähnung finden sollen:

• Die Diözesansynode unserer Diözese wird vorbereitet. Die Jugendfrage wird sicherlich explizite in einem eigenen Forum, unterschwellig aber bei allen Beratungen gegenwärtig sein. Schon jetzt werden Fragebögen versandt, Sitzungen finden statt und Diskussionen werden durchgeführt. Man soll dabei nicht auf das Experiment vergessen.

• Das Experiment soll dahin gehen, die Evangelisation, die Heiligung und die apostolische Gewissensbildung (Wesensmerkmale der KA, festgelegt im II. Vaticanum) der Kinder und Jugendlichen unter Mitwirkung der jungen Erwachsenen-generatkm anzustreben. Die „autonome“ Verfassung der KJ soll einer Integration der Erwachsenen mit der Jugend und einem organisatorisch festgelegten Engagement der Eltern und Erzieher als Hilfeleistung weichen.

• Dieses Experiment kann gewagt werden, wenn alle Führungen der KJ und der KSJ in der Diözese auf der Grundlage der oben vorgetragenen Erkenntnisse sich zu einem klaren Konzept durcharbeiten und ein einheitliches Vorgehen beschließen, wobei das Einverständnis des Präsidiums der KA und die Zustimmung des Bischofes nicht schwer zu erreichen sein dürften.

Die Aussicht auf den Erfolg des Versuches scheint mir in der Bereitschaft der jungen Männer und Frauen gelegen zu sein, die an der Führungs- und Bildungsarbeit der KJ aktiv und passiv teilhatten; dankbar wissen sie, was kirchliche Jugendarbeit für das Leben über die Jugend hinaus bedeuten kann; auch werden sie durch ihre heranwachsenden Kinder zur Hilfeleistung genötigt.

Zusammengefaßt in der organischen Gemeinschaft, in Pfarre, Dekanat und Diözese, können sie der Jugend, selbstverantwortlich mitberatend, mitentscheidend und mitarbeitend vieles von dem geben, was sie selbst entbehren mußten: auf dem Nährboden der Erwachsenenkirche wird die junge Kirche heranwachsen.

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