"Gehrer kann sich gefasst machen"

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Anita Weinberger, Bundesvorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft, über den Zankapfel Studiengebühren.

die furche: Die Studiengebühren sind Realität. Ist es nicht Realitätsverweigerung, im Rahmen der dieswöchigen Proteste ihre Rücknahme zu fordern?

Weinberger: Ein Gesetz kann eingeführt werden und wieder abgesetzt werden. Wir hätten uns natürlich schon im Vorjahr größere Protestmaßnahmen gewünscht. Seit Juli sind wir aber jetzt im Amt und versuchen gegen die Gebühren aufzutreten wie überhaupt gegen die Unireform.

die furche: Der von der ÖH angekündigte Boykott der Studiengebühren wurde nie umgesetzt. Dennoch haben Sie angekündigt, es im Sommer noch einmal zu versuchen. Warum?

Weinberger: Der Boykott ist einfach eine gute Idee. Wir werden nun neue Varianten suchen. Dabei lassen wir uns sicher nicht von Banken und No-taren aufhalten.

die furche: SP-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser hat der ÖH ans Herz gelegt, einen Präzedenzfall zu statuieren und bei mangelhaftem Service zu klagen. Wird es dazu kommen?

Weinberger: Seit Juli beschäftigt sich unser Rechtsanwalt damit und sucht solche Fälle. Hier wird auch den Vorfällen auf der Anglistik nachgegangen, wo sich vergangene Woche hunderte Leute die ganze Nacht angestellt haben, um einen Platz zu bekommen.

die furche: Ähnliche Miss-stände wie auf der Wiener Anglistik gibt es seit Jahren auf den Instituten für Publizistik und Psychologie.

Weinberger: Das sind Extrembeispiele, aber es kommt auch an anderen Instituten vor, dass einzelne Studierende keinen Studienplatz bekommen und dadurch ein Semester verlieren. Man sieht, dass sich mit Studiengebühren nichts wirklich ändert. Auch mit dieser Universitätsreform nicht, außer es wird mehr Personal zur Verfügung gestellt. Und durch Studiengebühren will man die Anzahl der Studierenden reduzieren.

die furche: Über das Minus bei den Inskriptionszahlen herrscht noch Unklarheit. Womit rechnen Sie?

Weinberger: In unserer Studie haben wir ein Minus von 30 Prozent erwartet und um diesen Prozentsatz wird es sich einpendeln. Es wird immer von Scheininskribenten geredet. Wir gehen aber davon aus, dass das jene sind, die zum Beispiel berufstätig sind. So verlängert sich natürlich die Studienzeit.

die furche: Sie haben bei der Einhebung der Studiengebühren Chaos geortet. In Graz hat es aber klaglos funktioniert.

Weinberger: Uns ist zugetragen worden, dass es etwa in Wien viel Verwirrung gab: es wurden falsche Zahlscheine ausgesendet, es gab Falschinformationen und es wurden falsche Beträge überwiesen. Es gibt sehr wohl Chaos. Den Universitäten wird hier ein enormer Verwaltungsaufwand vom Ministerium zugeschanzt. Das kann man nicht schönreden.

die furche: Vom 6. bis 13. November findet das ÖH-Bildungsvolksbegehren statt. Ab wie vielen Unterschriften bewerten Sie es als Erfolg?

Weinberger: Wir wollen mindestens 100.000 damit es im Parlament debattiert werden muss. Jede Unterschrift ist ein Zeichen, dass man nicht einverstanden ist mit dem Bildungsabbau.

die furche: Was ist Ihre Konsequenz, falls diese Zahl nicht erreicht wird?

Weinberger: Wir geben uns jedenfalls nicht geschlagen. Das wird sicher nicht das letzte Volksbegehren sein, das wir planen. Ministerin Gehrer kann sich gefasst machen, dass sie das Thema Bildung in den nächsten zwei Jahren nicht vom Tisch bekommt.

die furche: Das Klima zwischen ÖH und Bildungsministerium ist seit Ihrem Amtsantritt rauer geworden. Letzte Woche hat nun ein Aufruf zur Ermordung von Elisabeth Gehrer und Karl-Heinz Grasser für Empörung gesorgt. Bereitet eine radikalisierte Sprache nicht den Boden für solche Entwicklungen?

Weinberger: Diese Flugzettel sind nicht von der ÖH gekommen. Ich bin entsetzt darüber, dass hier ein Zusammenhang hergestellt wird, insbesondere von den Pressesprechern von Grasser und Gehrer. Wir wissen wohl, welche Maßnahmen wir ergreifen können und welche sinnvoll sind. Und solche Flugzettel gehören sicher nicht dazu.

die furche: Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur Bildungsministerin beschreiben?

Weinberger: Wir haben in der Bildungspolitik verschiedene Auffassungen.

Das Gespräch führte Doris Helmberger.

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