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Gibt es eine Monopolstellung?

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Beim Aufbau der Katholischen Jugend war man von dem Gedanken getragen, damit die offizielle und ausschließliche Form kirchlicher Jugendarbeit gefunden zu haben. Die nach dem Kriegsende auflebenden traditionellen Verbände, wie Marianische Kongregationen und Pfadfinder, wurden als Sondergruppen in das große Konzept eingegliedert. Mit den langsam wieder anlaufenden Mittelschulverbindungen wurde ein zäher Kampf geführt, der von beiden Seiten das kirchliche Moment vermissen ließ.

In dieser Frage aber hat man da-zugelernt: es zeigte sich, daß besonders die früheren Mitglieder dieser und ähnlicher Organisationen nicht bereit waren, ihre liebgewonnen Formen zugunsten einer Einheitsorganisation aufzugeben. Bei Kol-ping etwa bestanden Häuser, die allein schon den Betrieb durch Mitglieder verlangten, die Jesuiten wieder griffen nach einer kurzen Mitarbeit in der Studierenden Jugend bis 1952 wieder zu der Form der Marianischen Kongregationen, auch die übrigen Organisationen fanden wieder ihre Mitglieder, so daß man heute ruhig sagen kann, daß — nach Schwierigkeiten — auch im Bereich der Jugend ein innerkirchlicher Pluralismus Platz gegriffen hat, der jeglichen Monopolanspruch leugnet. Es ist ja genügend Platz für alle...

Heute denkt niemand mehr daran, die Jugendarbeit zu monopolisieren: die KJ spricht heute selbst von sich ungern als offizieller Jugendorganisation der Kirche. Auch die Hierarchie dürfte hier gleicherweise zurückhaltend sein, obwohl die KJ und ihre Gliederungen bis jetzt noch allein die Last des kirchlichen Auftrages und Einsatzes zu tragen haben. Die Großzahl der Pfarren Österreichs sind es gewohnt, zu Fronleichnam die KJ hinter dem Himmel zu sehen oder das Pfarrblatt von ihr verteilen zu lassen.

Offen darf gesagt werden, daß seit den fünfziger Jahren die Mitgliedszahlen der meisten Jugendorganisationen sinkende Tendenz aufweisen. Einmal macht sich die Geburtenknappheit der Kriegs- und Nachkriegsjahre bemerkbar, zum anderen ist der Griff der Konsumwelt nach dem Jugendlichen doch zu verspüren. Die offene Not der Kriegszeit hat viele zu einer Gemeinschaft gebracht, die hier eine Hilfe fanden,heute glauben die meisten, das nicht mehr notwendig zu haben. Die Formen sind einem Wandel unterworfen: der Jugendklub, leider auch auf kommerzieller Basis, wurde zum Modeartikel.'der' von den Jugendorganisationen nicht gerade stürmisch übernommen wurde. Auch die KJ scheute sich, die Pfarrheime in Klubs zu verwandeln, was sicher auch auf Schwierigkeiten gestoßen wäre. Doch man ist zur Abhilfe geschritten: Der apostolische Charakter — die Bemühung um den Nächsten — wurde verstärkt und in die Form von Offenen Runden, Forumsdiskussionen, Jugendversammlungen und dergleichen gebracht. Man wirbt mit allen Mitteln unter der Jugend und versucht, sie auf diese Weise in ein Gespräch mit der Kirche zu bringen. Modern aufgemachte Zeitschriften helfen mit, durch eine gut verpackte Form an den einzelnen Jugendlichen heranzukommen.

Die KJ macht auch den Weg der Kirche durch die Zeit mit: Sie versucht den Jugendlichen Dienste anzubieten, die von der Weiterbildung durch einen politisch-sozialen Fernkurs bis zu Ferienwochen reichen. Hier wird noch viel zu tun sein, um den Interessen der jungen Generation entgegenzukommen .Wohl kann man darin Anpassung, nicht aber Grundsatzlosigkeit sehen, denn die KJ kann niemandem Posten, Ämter oder nur Freizeitbeschäftigung versprechen — sie erfüllt den Auftrag der Kirche, in alle Welt zu gehen ...

Die zunehmende Stärkung der Gliederung hat dazu geführt, daß sich jene Gruppen von Jugendlichen, die nicht in das Leitbild der KAJ oder KLJ passen oder nicht an einer höheren Schule studieren, nicht angesprochen fühlen. Der Rückgang in' den Städten oder industriell besiedelten Gebieten war daher spürbar. Dort wo die Uberschaubarkeit verlorenging, verlor man auch den jungen Christen aus den Augen. Anderseits gibt es heute kaum geschlossene ländliche Gebiete, wodurch KAJ und KLJ in derselben Pfarre als Konkurrenten um den Angestellten des Milchhofes, der Lebensmittelhandlung usw. auftraten.

Manche Pfarren greifen hier wieder zur ungegliederten Katholischen Jugend, die außerdem dem Kaplan das zweifache Abhalten von Glaubensstunden in den Gruppen der Gliederungen erspart. Vielfach wurde dieser Weg aus Bequemlichkeit gegangen , manchmal auch deswegen, weil es der einzig mögliche Weg war. Das Eindringen in die Betriebe fiel der KAJ und der KLJ schwer, da die Pfarre als Aktionsbasis nicht immer geeignet ist. Ein endgültiges Urteil zugunsten der ungegliederten Form kann noch nicht gesprochen werden, da die Verhältnisse zu unterschiedlich sind; wahrscheinlich wird man beide Wege gehen müssen.

Eine weitere Frage ist das Zusammenwirken mit der Seelsorge, das oft von beiden Seiten unterlassen wird. Eine Liturgiereform in den Pfarren etwa kann man nur mit der Jugend durchführen, eine konsequente christliche Bildung der Jugend ist nur mit dem Klerus möglich. Beide werden sich mühen müssen, einander gerecht zu werden.

Auch scheint es, als wären die Gruppen der KJ und ihrer Gliederungen nur auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen beschränkt und könnten die oft dem Kleinbürgertum verhafteten Bereiche nicht überschreiten. Mag es auch ein Pauschalurteil sein, im städtischen Bereich gibt es doch zu Überlegungen Anlaß.

Es liegen Probleme vor, die zu denken geben; nach einer grundsätzlichen Reform zu rufen, mag verfrüht sein, die verantwortlichen Seelsorger und Laien werden jedoch gut daran tun, bessere Wege des Zusammenwirkens der Gliederungen, der Seelsorge und aller katholischer Gruppen zu suchen, damit hier Österreich etwas erhalten bleibe, was es in den Zeiten des Konzils braucht: eine junge Kirch.

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