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Hausfrauen werden sogar wieder beneidet

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Viele Frauen gehen gerne arbeiten, streben eine berufliche Karriere an. Viele möchten aber lieber die Erfahrungen einer „Nur-Hausfrau” machen. Diverse Studien zeigen die unterschiedlichen Einstellungen.

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Viele Frauen gehen gerne arbeiten, streben eine berufliche Karriere an. Viele möchten aber lieber die Erfahrungen einer „Nur-Hausfrau” machen. Diverse Studien zeigen die unterschiedlichen Einstellungen.

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Es waren nicht zuletzt die Aussagen von Christine Vranitzky, die einen wahren Sturm von Reaktionen ausgelöst haben, als es um die Frage „Sollen Frauen außerhäuslich arbeiten oder nicht?” ging. Das Thema ist brandaktuell und sehr emotionalisiert, was beweist, daß es bei der Entscheidung für einen Beruf außerhalb der Familie für Frauen nach wie vor schwer ist, die richtige Wahl zu treffen und diese auch vor sich selbst und der Gesellschaft zu begründen. Zu viele Faktoren spielen hier eine Rolle. Es ist nicht immer die Notwendigkeit, ein zweites Einkommen zum Erhalt der Familie beizutragen, weil der Mann nicht genug verdient, die Frauen in den Beruf drängt. Sehr häufig spielt auch die persönliche und gefühlsmäßige Komponente eine Rolle, nämlich dann, wenn die Frau aus ihrer Berufstätigkeit eine Steigerung ihres Selbstwertgefühls und der eigenen Zufriedenheit ziehen kann.

, Internationale Untersuchungen haben gezeigt, daß es fast allgemein von Frauen als positiv empfunden wird, wenn sie Haushalt und Hausarbeit hinter sich lassen können und durch den Beruf in eine andere Umgebung kommen. Das Gefühl, daß das Dasein als Hausfrau eng und eintönig sei, ist quer durch fast alle Nationalitäten anzutreffen. „Das Leben müsse doch noch etwas anderes anzubieten haben als Kochtöpfe und Staubsauger.”

Viele Frauen, die ins Berufsleben

überwechseln und dort keine besonders anregenden oder verantwortungsvollen Tätigkeiten und Berufe ausüben, sind doch der Meinung, daß außerhäuslich zu arbeiten weit anregender ist als daheim zu sein. Hier spielen die sozialen Kontakte zu anderen Menschen eine wichtige Rolle.

Der Zusammenhang zwischen Bildung und Berufstätigkeit ist eng. Je höher die Schulbildung einer Frau ist, desto wahrscheinlicher ist es, daß sie ins Berufsleben eintreten wird. Das widerlegt sehr deutlich die These, daß die rein wirtschaftliche Notwendigkeit der einzige Grund für die Berufstätigkeit der Frau ist. Besonders jüngere Frauen, die in steigendem Maß eine höhere Bildung erhalten, wollen heute Ehe, Kinder und Beruf miteinander verbinden.

Warum Frauen nicht arbeiten gehen

Untersuchungen in vielen europäischen Ländern brachten das Ergebnis, daß ein beträchtlicher Teil der Frauen, die nicht arbeiten gehen, dies bedauert. Das gilt vor allem für Frauen der Altersgruppe von 25 bis 39 und von 40 bis 45. Als Hauptgrund für ihre Nichtberufstätigkeit geben diese Frauen die Pflichten der Familie gegenüber an. Außerdem führen sie an, daß es bei den gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen schwer sei, einen Job zu finden. Sie weisen auch in vielen Fällen darauf hin, daß es ihren Ehemännern lieber sei, wenn sie zu Hause bleiben. Es haben auch nicht alle Frauen den Wunsch nach beruflicher Tätigkeit oder Karriere. Etwa drei von fünf berufstätigen Frauen in europäischen Ländern sagen, sie würden weiter arbeiten gehen, auch wenn sie ebensoviel Geld fürs Daheimbleiben bekämen. Aber zwei von fünf berufstätigen Frauen sagen, sie würden zu arbeiten aufhören, wenn sie in dieser Hinsicht die „Wahl” hätten. Es würden wohl anteilsmäßig eine große Anzahl von Voll-Hausfrauen gerne irgendwann arbeiten gehen, doch die Zahl der Voll-Hausfrauen, die kein Verlangen nach beruflicher Tätigkeit verspüren, ist ebenfalls groß. Hier sind es vor allem jüngere Frauen mit besserer Schulbildung, die nicht im Trend liegen.

Es gibt auch eine große Anzahl von Frauen, die sich entweder bildungsmäßig oder gesundheitlich nicht in der Lage fühlen, einem außerhäuslichen Beruf nachzugehen. Viele Frauen haben auch einfach kein Verlangen nach einem anderen Beruf, weil sie familiär und sozial gut ausgelastet und zufrieden sind. Diese Full-time-Hausfrauen können sich mit ihrem traditionellen Rollenbild als Frau gut identifizieren. Sie finden, daß es die Aufgabe des Mannes ist, die Familie zu erhalten. Aufgabe der Frau ist es, Mann, Kinder und Haushalt gut zu versorgen.

Bei einer in den USA durchgeführten Studie wurden Frauen gefragt, was sie als ideales Leben für eine Frau ansähen. Drei von vier jüngeren Frauen sahen die Kombination von Beruf und Familie als ideal an. Zwei Drittel der Frauen, die sich für Arbeit und Familie entschieden, ziehen aber ein Hintereinander vor: ein paar Jahre aussetzen, solange die Kinder klein sind, und, sobald sie älter sind, in den Beruf zurückkehren. Nur eine von drei jungen Frauen hofft, „alles zu haben”: Ehe, Kinder und lebenslange berufliche Tätigkeit.

Beruf und Familie unter einen Hut bringen

Viele europäische Hausfrauen, die nicht im Beruf stehen, haben bescheidenere Wünsche. Um die Anforderungen von Beruf und Familie in Einklang zu bringen, wählen viele Teilzeitarbeit, zumindest solange ihre Kinder klein sind. Eine kürzlich erst erstellte EG-Studie hat gezeigt, daß der Hauptunterschied in den Mustern beruflicher Tätigkeit zwischen Männern und Frauen der ist, daß Frauen eher Teilzeitbeschäftigungen annehmen. Fast alle in einem Arbeitsverhältnis stehenden Männer arbeiten ganztägig (95 Prozent). Umgekehrt sind 61 Prozent der berufstätigen Frauen ganztags, 39 Prozent teilzeitbeschäftigt. Das zeigt sich auch in den Antworten auf zwei Fragen: Den Vollbeschäftigten stellte man die Frage: „Würden Sie lieber für weniger Geld kürzer arbeiten?”. Auch wenn die Ja-Quote niedrig ist, hätten immerhin 29 Prozent der Frauen und nur elf Prozent der Männer lieber Teilzeitarbeit. Auf die Frage an Personen in Teilzeitjobs, ob sie lieber ganztägig arbeiten wollten, lehnten das 78 Prozent der Frauen und nur 55 Prozent der Männer ab.

Nicht jede Frau will zwei Rollen, die der Rerufstätigen und die der Mutter, zugleich übernehmen. Viele arbeitenden Frauen haben den Wunsch, zu Hause bleiben zu können und voll im Haushalt tätig zu sein. In Italien haben Mütter, die immer gearbeitet haben und nie voll im Haushalt tätig gewesen sind, ihrem Job gegenüber eine negative Einstellung. Als Mütter arbeiten gehen zu müssen, empfinden sie als Nachteil. Die Berufstätigkeit ist für sie ein innerer Konflikt. Sie fühlen sich ihren Kindern gegenüber schuldig und wünschen sich, mehr Zeit mit ihnen verbringen zu können, sie richtig zu beaufsichtigen und das Muttersein voll zu erfahren. Die doppelte Last durch häusliche und berufliche Pflichten streßt sie. Für sie ist die Situation der Nur-Hausfrau eine privilegierte, die sie als erstrebenswert ansehen. Persönliche Neigungen und Interessen könnten nur von Voll-Hausfrauen ganz entfaltet werden.

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