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Hb bleibt der neue Manm

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Beruf und Familie verantwortlich unter einen Hut zu bekommen, ist auch Männersache. Daß ein Mann in Karenz geht, ist in Österreich allerdings weiterhin die Ausnahme. Letztlich fehlt auch die öffentliche Akzeptanz für den windelwechselnden Papa.

„Das war in den letzten 15 Jahren sicher das Sinnvollste, was ich gemacht habe." Journalist Peter Rese-tarits („Am Schauplatz") spricht nicht, wie man denken könnte, über eine neue gelungene Reportage, sondern über seine neun Monate Karenzurlaub. Während seine Frau Karin („Treffpunkt Kultur") das Geld verdient hat, domptierte Hausmann Peter drei aufgeweckte Huben im Alter von ein bis zehn Jahren. „Den einzigen Luxus, den ich mir gegönnt habe, war eine Leihoma, die zu Mittag gekocht hat."

Peter Resetarits gehört zu einer Minderheit in Osterreich: nur etwa 1.000 Männer pro Jahr nehmen die Möglichkeit

wahr, sich einmal voll ihrer Familie widmen zu können. Eine Erfahrung, die Resetarits jedem Mann wärmstens empfehlen kann. „Ich habe für die Partnerschaft sehr viel dazugelernt. Als Mann kommt man sich ja schon gut vor, wenn man 'mal den Mist rausträgt oder den Geschirrspüler einräumt. Ubernimmt man aber selbst die Rolle des Organisators im Haushalt, verändert das sehr schnell den Blickwinkel."

Hausarbeit ist nach wie vor in den meisten Familien Frauenangelegenheit. Bei der Kindererziehung halten es die Männer mehr mit dem Spielen und sportlichen Aktivitäten, während die Mütter den Kindern bei den Hausaufgaben helfen. Der „statistische Vater" verwendet laut Information des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) etwa zwei Stunden am Tag für sogenannte „Familienarbeit" (Haushalt, Handwerk, Kinder und Pflege). Von den rund 40 Minuten, die er täglich mit den Kindern verbringt, verwendet er 30 Minuten fürs Spielen und Sportein.

Männer definieren

sich nach wie vor hauptsächlich über Erfolg und Leistung. Und doch sind viele nicht glücklich dabei.

Wo bleibt da der neue Mann - Familienmensch und ein echter Vertreter des „Halbe-halbe"-Prinzips , von dem in letzter Zeit wieder so viel die Rede ist?

Schon 1994 kam Pastoraltheologe Paul Zulehner in einer groß angelegten Studie zu dem Schluß, daß Österreichs Männer überwiegend ein traditionelles Selbstverständnis haben: Der Mann arbeitet, und die Frau sorgt für Familie und Haushalt. Für Zulehner sind es die Kinder und die Väter selbst, die unter dieser Rollenaufteilung leiden. Die vorwiegend vaterlose Kindererziehung ist laut Zulehner eine gesellschaftliche Zeitbombe. „Der Vater ist unbedingt notwendig . für die Entwicklung des Kindes. Ohne ihn bleiben die Kinder „ichschwach", das heißt uninteressiert, aggressiv und sozial lebensunfähig. Langfristig gesehen, steuern wir somit auf einen Polizei- und Therapiestaat zu", zeichnet der Theologe ein düsteres Bild.

Doch den Vätern wird es auch nicht gerade leicht gemacht, sich um ihren Nachwuchs zu kümmern: Welcher Chef akzeptiert schon, daß man(n) einmal früher nach Hause muß, weil das Kind krank ist? Außerdem ist der Karenzurlaub des Vaters für viele Familien finanziell nicht machbar, weil der Vater besser verdient als die Mutter. Diejenigen, die einen angemessenen Zeitraum mit ihrer Familie verbringen wollen, verlieren andererseits auch noch ihre Konkurrenzfähigkeit im Beruf. Gibt es doch immer einen Kollegen ohne Familie, der die Arbeit gerne übernehmen würde ...

Paul Zulehner fordert als Konsequenz aus diesen Zwängen eine neue Balance zwischen Erwerbs- und Privatleben. Der Mann von heute definiert sich nach wie vor über Arbeit,

Frfolg und Leistung, aber er ist nicht glücklich dabei. Wie eine Umfrage des ÖFI in Deutschland zeigt, sind 78 Prozent der befragten Männer im Beruf unglücklich. 76 Prozent gaben an, ganz wichtige Ziele im Leben, wie zum Beispiel Liebe, nicht erreicht zu haben. 86 Prozent haben keinen Freund, mit dem sie Probleme wälzen können.

Eine unlösbar verfahrene Situation? „Wir müssen die Familien-freundlichkeit bewußt lernen", meint Irene Kernthaler vom Österreichischen Institut für Familienforschung. Es gibt familienfreundliche Betriebe, in denen sich die Mitarbeiter ihre Arbeitszeit sehr flexibel und nach individuellen Wünschen einteilen können. Und das zahlt sich auch aus, ist Irene Kernthaler überzeugt: „Die Menschen in solchen Betrieben sind meist seltener im Krankenstand und besser motiviert als ihre Kollegen in den herkömmlichen Firmen. Die Leistung und somit auch der Gewinn des Unternehmens kann dadurch erheblich gesteigert werden" (siehe Seite 15).

Glück und Zufriedenheit liegt auch für den Mann eben nicht ausschließlich in Beruf und Karriere. „Eine wirklich moderne Politik muß auch eine aktive Männerpolitik betreiben", meint Zulehner. So hat sicli in Schweden mit Hilfe von spezifischen Schulungskursen der Prozentsatz der Karenzväter von 2,4 Prozent auf rund zwölf Prozent erhöht.

Zurück in die Praxis und zu dem prominenten Vertreter des „neuen Vaters", Peter Resetarits. Mittlerweile sind seine drei Söhne vier, sieben und 13 Jahre alt. Mama Karin und Papa Peter arbeiten wieder voll. Trotzdem versuchen die beiden, so viel Zeit wie möglich mit ihren Kindern zu verbringen. „In der Früh machen wir alles: Frühstück, die Kinder auf den Weg in die Schule oder Kindergarten bringen und so weiter", erzählt Resetarits. „Zu Mittag kommt dann ein Au-Pair Mädchen, das kocht, und sich um die Hausaufgaben und Nachmittagsbetreuung kümmert. Ab 17.00 Uhr ist spätestens ein Elternteil zu Hause. Die Wochenenden halten wir uns frei."

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