7122323-1996_42_04.jpg
Digital In Arbeit

„Hier finden Sie jede Menge Scharlatane...”

Werbung
Werbung
Werbung

Günther La Garde, Chef der Abteilung Konsumentenschutz in der Arbeiterkammer für Niederösterreich, sowie seine für Partnerinstitute zuständige Mitarbeiterin Elisabeth Wimmer kennen Partnerinstitute auch von einer ganz anderen Seite: Bei ihnen landen die vielen Beschwerden unzufriedener und enttäuschter Kunden, die von den diversen Partnerinstituten anfangs umhegt, dann vertröstet und zuletzt enttäuscht, in jedem Fall aber kräftig zur Kassa gebeten wurden.

La Garde im Gespräch mit der FURCHE: „Diese Verträge sind rechtskräftig und sehr raffiniert abgefaßt. Man sollte sich davor hüten, sie zu unterschreiben. Aufgrund unserer Beratungstätigkeit stellen wir leider immer wieder fest, daß es mit den Partnervermittlungsbüros laufend Probleme gibt. Da kein Befähigungsnachweis für die Ausübung des Gewerbes erforderlich ist, gibt es in dieser Branche jede Menge von Scharlatanen, die die Kunden reihenweise über den Tisch ziehen.

Kräftig mitgeschnitten wird beim Geschäft mit der Einsamkeit auch durch heimische Banken. Weil viele Partnersuchende einen Obulus von bis zu 40.000 Schilling nicht ,cash' zahlen können, gehört in zahlreichen Instituten ein Kredit zum Vermitlungsvertrag wie ein Dotter zum Ei.”

Hauptkritikpunkte, die La Garde in der Arbeiterkammer immer wieder zu hören und zu sehen bekommt:

■ Partnervorschläge werden oft über viel zu große Entfernungen, das heißt etwa von Wien nach Graz, gemacht.

■ Partnervorschläge werden sehr oft „willkürlich aus dem Hut gezogen”, das heißt, es wird auf die individuellen Wünsche der Vertragspartner überhaupt keine Bücksicht genommen.

■ Sehr häufig passiert es auch, daß die vorgeschlagenen Partner weder telefonisch noch schriftlich erreichbar sind, oder selbst gar kein Interesse an einer Vermittlung haben.

■ Stornierungen von Verträgen sind fast nicht möglich. ( - ig I

Es sind Fälle bekannt, in denen Menschen in den finanziellen Ruin getrieben wurden. So ergab eine Studie aus dem vergangenen Jahr in Linz, daß manche Partnerinstitute den Kunden bis „zu 150.000 Schilling abknöpfen”. So etwa einem 26jährigen Arbeitslosen, der im Mai und Juni des vergangenen Jahres binnen weniger Wochen drei Zahlungsaufforderungen über rund 233.000 Schilling erhalten hatte. Nachdem Wimmer und La Garde intervenierten, reduzierte 9ich die tatsächliche Forderung auf rund 40.000, später auf 20.000 Schilling, schließlich wurden auf sämtliche Forderungen verzichtet.

Ein 28jähriger hatte einem Institut 13.000 Schilling in bar bezahlt, obwohl ursprünglich Ratenzahlungen vereinbart worden waren. Er hatte dafür sieben Partnervorschläge erhalten. Allerdings erschien nur eine einzige Dame zu einem vereinbarten Treffen. Nach Intervention der Arbeiterkammer wurde der Vertrag storniert.

La Garde, der sich mit den Problemen der enttäuschten Partnersuchenden seit über 20 Jahren beschäftigt, glaubt heute nicht mehr daran, daß die Institute ein wirkliches Interesse daran haben, Menschen zu helfen oder sie gar „glücklich zu machen”.

Seiner Erfahrung nach steht das fi-. nanzielle Interesse im Vordergrund, bei Problemfällen sind die Inkassomethoden der Institute keineswegs zimperlich. Leider gibt es seit sieben Jahren den Entscheid des OGH mit der Aktenzahl 805/81, daß es sich bei diesen Verträgen um „Glücksvertrage” (wie immer das auch zu verstehen ist) handelt. Deshalb ist eine Stornierung auch so gut wie unmöglich (außer vielleicht mit Glück oder durch Mithilfe der AK).

Elisabeth Wimmer: „Ich erlebe immer wieder, daß Partnerinstitu-te echte Sozialfälle schaffen. Wenn Existenzen ruiniert wer-den, verlieren die Geschallt digten ihr Vertrauen in die Gesellschaft und manchmalsogarindieJu-stiz. Ich würde diese Art von Vermittlung als ,modernen Menschenhandel' bezeichnen. Wir verlangen schon lange viel strengere gesetzliche Restimmungen für diese Art der Vermittlertätigkeit.”

Fritz Weikmann (Name ist der Redaktion bekannt, wurde aber geändert), Journalist bei einer Tageszeitung, kann ebenfalls wenig Positives über seine Partnersuche via Institute berichten: „Ich war schon bei mehreren Instituten, habe aber bis heute keine passende Partnerin finden können. Die vorgeschlagenen Damen waren entweder Ausländerinnen, die auf der Suche nach einer Arbeitserlaubnis oder der österreichischen Staatsbürgerschaft waren, oder es haderte sich um ganz kaputte Existenzen, die keinen Partner suchten, sondern höchstens eine Möglichkeit der Aussprache. Viele Damen sind zum Treffen gar nicht erschienen. Ich kann nur jedem raten, auch das Kleingedruckte dieser Verträge gründlich zu lesen und darauf zu achten, daß alle rechtlichen Möglichkeiten auf beiden Seiten eingehalten und ausgeschöpft werden. Niemals im Büro selbst unterschreiben!

Etwas stört mich bei der ganzen Sache ganz entschieden: Hier wird der Mensch als möglichst perfekte ,Ware' angeboten, es gibt auch hier schon den Begriff der ,Warenästhetik', das heißt, der Mensch sollte keine Mängel und Fehler haben. Ich bin sicher, daß behinderte und ganz ungebildete Menschen von den Instituten gar nicht vorgeschlagen werden, auch wenn sie mit dem Institut einen Vertrag abgeschlossen haben. Ich würde mich vielleicht aber gerade in einen fehlerhaften' Menschen verlieben, wer weiß? Der Computer kann das jedenfalls nicht wissen...”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung