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Hilfe! Aufnahmeprüfung!

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Der Übertritt von einer Schule in die andere bereitet Schülern, Eltern und Behörden Sorgen. Überall gibt es Aufnahmeprüfungen, in die Mittelschule, in die Lehrerbildungsanstalt, in die Handelsakademie, in die Gewerbeschule, beim Übertritt von einer in die andere Schule. Wer in der Volksschule die Hauptschulreife nicht erlangt, kann durch eine erfolgreiche Prüfung in die Hauptschule kommen. An der Hochschule setzt sich das Spiel fort, von den Proseminaren zu Seminaren, von den Anfängerübungen in die Übungen für Fortgeschrittene; und wenn die Hochschule abgeschlossen ist, dann kommt das Probejahr mit neuerlicher Prüfung zur Aufnahme in den Dienst.

Wer in der Volksschule nichl taugt, wird gegebenenfalls auf sein „Reife“ für die Sonderschule geprüf Zur Aufnahme in die Volksschule und in','d n Kindergärten'sind" einstweilen ]ine.Aufnahmeprüfungen.nötig. Halt eine kleine Ausnahme1? müssen wir

auch hier vermerken: Wenn ein Kind vor dem vollendeten sechsten Lebensjahr bereits in die Volksschule eintreten will, muß es vorher ärztlich und geistig überprüft werden.

Der Prüfungsstoff hängt selbstverständlich von der Schule ab, meist geht es ums Rechnen, die Rechtschreibung und den Aufsatz. Dazu kommt noch die Ermittlung verschiedener Fähigkeiten, etwa für Musik und Zeichnen; über Gedächtnis und Aufmerksamkeit will man auch etwas wissen. Womöglich will man sich noch über Allgemeinbildung unterrichten, bei der aber niemand weiß, was im einzelnen dazu gehört. Staatsbürgerkunde ist ein beliebtes Fragengebiet, aber es besteht die Gefahr, daß jedem Prüfer etwas anders wichtig erscheint.

Ein ganzes Heer von Prüfern wird aufgeboten, lauter Fachleute, jeder von der Wichtigkeit seines Faches hundertprozentig überzeugt. Fünfzigmal und noch mehr wiederholen sich dieselben Fragen. Darf es wundernehmen, wenn

der Geduldfaden allmählich dünner wird? Ein übereiltes Wort entgleitet den Lippen. Auf der anderen Seite stehen Einschüchterung und Angst, Furcht und Bangen. Vielleicht hängt nämlich just von der Antwort auf diese Frage das weitere Schicksal ab.

Da steht ein Kind aus einer abgelegenen Landschule, das durch vier Jahre hindurch nur seinen Lehrer kannte, einer Reihe von Fachprofessoren gegenüber. Es getraut sich nicht zu sagen, daß es die Frage nicht verstanden hat. Wie unbeholfen sind wir Erwachsene — auch solche mit Hochschulbildung! — beim Ausfüllen eines Fragebogens! Warum soll es bei den Kindern anders sein?

Mißtrauen

Zwei Gründe werden angegeben, um die Notwendigkeit der Aufnahmeprüfungen darzutun: die Auslese und die .Raumnot.,

klichkeit aber bewegen sich nahmeprüf ungen zu s einem.

dielA Aufnahmeprüfungen-zu einem großen Teil im Kreis des Mißtrauens. Die Hauptschule ist mit der Volksschule unzufrieden, die Mittelschule mit der Hauptschule, die Hochschule klagt über die Mittelschule. Natürlich sind umgekehrt ebenso oft Beschwerden zu hören. Es wird nicht mehr lange dauern, so wird das Leben mit der Schule unzufrieden sein.

Das ganze Schuljahr hindurch wird geprüft, am Ende wird alles wiederholt. Schülerbeschreibungsbögen sind vorgeschrieben, in denen alle Kleinigkeiten festzuhalten sind. Vorberatungen und eingehende Beratungen werden abgehalten, dann wird das Zeugnis ausgestellt, und dieses Zeugnis ist — mit Verlaub sei es gesagt — für die Katz, denn die nächste Schule verlangt ohnedies eine eigene Prüfung zur Aufnahme, und stellt vielleicht fest, daß das sauer erworbene Zeugnis nichts taugt.

Wozu stellen wir Reifezeugnisse aus, wenn erst der Hochschullehrer ermittelt, ob der Bewerber die hohe Schule besuchen darf? Wozu stellen wir fest, daß die vierte Klasse der Volksschule erfolgreich besucht wurde, wenn der Mittelschullehrer neuerdings prüft, ob der Eintritt in die Mittelschule möglich ist? Er darf ja ohnehin nur das prüfen, was für die Volksschule vorgeschrieben war. Und das ist , doch bereits im Zeugnis begutachtetl * Glaubt der Mittelschullehrer mehr zu verstehen als der Volksschullehrer, obwohl er selbst nie Volksschullehrer ' war? Soll der Hochschullehrer mehr j verstehen obwohl er vielleicht selbst nicht weiß, wie es in einer Mittelschule zugeht, da er diese nur als Schüler kennt?

Berechtigung?

Wie steht es mit der Berechtigung eines Zeugnisses? Auf dem Papier — aber auch nur auf dem Papier — verleiht jedes Zeugnis in Österreich eine Berechtigung. Darum kümmert sich aber der nicht, der eine Aufnahmeprüfung fordert. In diesem Falle berechtigt das Zeugnis lediglich zur Anmeldung für die Aufnahmeprüfung.

Es ist ein unerträglicher Zustand, daß eine Schule der anderen nicht traut und die Schüler neuerlich überprüft.

Die Berechtigung zur Aufnahme in eine Schule stellt die vorhergehende Schule aus, also die Volksschule für die Aufnahme in die Haupt- und Mittelschule und die Mittelschule zum Eintritt in die Hochschule. Zu diesem Zweck sind doch die Lehrer geprüft und behördlich beeidigt. Sollte sich im Laufe der Zeit herausstellen, daß der betreffende Schüler nicht mitkommt, dann beurteile man ihn entsprechend, und er wird das Jahr wiederholen müssen oder er wird vom weiteren Fortgang in der betreffenden Schule ausgeschlossen, wenn eine Wiederholung untunlich oder unzulässig ist.

Schlußfolgerung

Die Aufnahmeprüfungen sind seelisch, unterrichtlich-erziehlich und rechtlich unberechtigt.

Warum belasten wir Kinder und Eltern und auch Lehrer unnütz mit

( wenn das 'Ergebnis in keinem Verhält- ' 'dis ''zurufefvehdeteh 'Arbeit steht? , Was berechtigt uns, an der Gerechtig- . keit des vorhergehenden Lehrers zu zweifeln?

Wenn ein Zeugnis gilt, dann muß es uneingeschränkt gelten. Schließlich verlangen war das für uns selbst auch. Und was dem einen recht ist, muß dem anderen billig sein.

Man muß eben nach anderen Grundsätzen der Auslese suchen. Wozti haben wir eine fünfstellige Notenabstufung. Wenn man sich von den Aufnahmeprüfungen nicht trennen kann, dann schaffe man die Zeugnisse überhaupt ab; die Notenabstufung

Das Kulturland Österreich besitzt eine einzige Kunstzeitschrift. Daß sich diese einigermaßen neben denen des Auslandes halten kann, daß sie sich von Jahr zu Jahr verbessert und an Niveau gewonnen hat, ist dem Idealismus ihrer beiden Redakteure, Dr. Franz Windisch-Graetz und Dr. Wilhelm Mrazek, ihres Verlages und den Subventionen von öffentlichen und privaten Stellen zu verdanken. Leider reichen diese Faktoren nicht aus, um das Erscheinen auch in Zukunft zu sichern; was wirklich fehlt, sind genügend Käufer und Abonnenten. Aus Anlaß des fünfjährigen Bestehens von „Alte und moderne Kunst" ist man daher auf die originelle Idee gekommen, in der Galerie in der Neudegger- gasse eine Ausstellung zu veranstalten, die den Werdegang der Zeitschrift zeigt. Es müßten jetzt einige Großbetriebe Österreichs z. B. als ständige Inserenten ihr „Mäzenatentum" beweisen und verschiedene Stellen etwas mehr Großzügigkeit zeigen. Denn es soll nicht so weit kommen, daß man auf die Frage ausländischer Besucher nach einer österreichischen Kunsfzeit- schrift verlegen mit den Achseln zucken muß.

könnte man auch wesentlich vereinfachen, wenn ohnehin jede Note neuerlich überprüft werden muß.

Eine gründliche Regelung des Fragenbereiches der Aufnahmeprüfungen gehört mit zur Herstellung der Rechtssicherheit und des öffentlichen Vertrauens in Österreich. Auch hier wäre für die Schule weniger mehr.

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