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Hoher Einsatz, hohes Risiko

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Österreichs Innenpolitik wird spannend. Daß im Staatshaushalt Geld fehlt, hat man seit langem gewußt. Für veri-table Volksaufregung reichte dieses Wissen nicht aus. Erst als uns dämmerte, daß uns demnächst auch eine Begierung fehlen wird, sind die Buchstaben auf den Titelseiten größer und auch die Wirtshausdebatten lauter geworden. Trotzdem bleibt die Frage: Zahlt sich die Aufregung aus?

Wenn es um eine wirkliche Sanierung des Budgets geht: ja. Aber das müssen die Regierungsparteien noch überzeugend klarmachen. Der Streit um „einnahmen- oder ausgä-benseitige” Defizitbekämpfung ist ein bißchen Volkspflanzerei. Was dabei nämlich nicht gesagt wird, ist: „Ausgabeseitiges” Sparen beim Staat wirkt sich „einnahmen-seitig” negativ bei den Bürgern aus. Wahr ist trotzdem, daß die Steuerschraube in Österreich schon weit gedreht ist und mehr echte, ehrliche, nachweisbare Einsparungen bei den öffentlichen Haushalten sehr erstrebenswert wären. Ob sie eine Regierungskrise wert sind, bleibe dahingestellt. Entschieden ernster zu nehmen ist das Argument, ein Budget lasse sich auf Dauer nicht durch einmalige Maßnahmen (Verkauf oder Ausgliederung von Firmen) sanieren.

Der Versuch des SPÖ-Finanz-ministers, mit Verkaufserlösen auch das Budget 1996 zu schönen, muß verhindert werden. Solche Maßnahmen, so notwendig sie sein mögen, beseitigen nicht auf Dauer unser Defizit. Das aber muß geschehen - nicht nur, weil die EU, sondern weil das Eigeninteresse unseres Staates es gebieterisch verlangt. Im Pensionsrecht und im öffentlichen Gesundheitswesen sind Schnitte unvermeidlich geworden. Daß die ÖVP darauf besteht, ist richtig. Daß die ÖVP mit Wolfgang Schüssel endlich wieder einmal Profil zeigt, darf gerühmt werden. Aber das Rühmen müßte dort aufhören, wo es um ein leichtfertiges Abspringen aus der jetzigen Regierungsverantwortung geht. Denn die möglichen Folgen von Neuwahlen könnten desaströs sein.

Ob eine Neuwahl leichtfertig angepeilt worden ist, muß sich noch herausstellen. Der Verdacht hat sich jedenfalls aufgedrängt, nicht zuletzt durch Schnapsideen wie Budgetverhandlungen vor dem Thron des Bundespräsidenten. Wird durch eine Nationalratswahl die ÖVP stärker oder gar stärkste Partei, Schüssel tatsächlich Bundeskanzler einer schwarzroten Koalition, dann ist sein Hasardspiel aufgegangen. Aber ob das Regieren damit leichter wäre? Wenn jedoch für einen ÖVP-Kanzler nur die FPÖ als Koalitionspartner übrigbleibt, weil die anderen nicht wollen, dann nimmt das Dilemma Gestalt an. Ob dann zwei fesche Burschen Österreich saniert und heil in eine Europäische Sicherheitsund Währungsgemeinschaft führen werden? Da könnte der Schweiß der freudigen Erregung, der heute auf den Stirnen der „Macher” steht, bald kalt über den Rücken laufen.

Dank und Klarstellung

Die furche-Entwicklung der jüngsten Zeit erfordert zweierlei: eine Danksagung und eine Klarstellung. Der Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben, daß die furche seit Juni über tausend neue Abonnenten begrüßen durfte: Leserinnen und Lesern, die für unsere Zeitung geworben haben, Mitarbeitern, welche die Qualität des Blattes verbessert haben. Allen herzlicher Dank und die Bitte, die Furche weiter zu fördern.

Die Klarstellung: Gastbeiträge sind nicht „furche-Meinung”. Dies bezieht sich darauf, daß in Leserbriefen nicht selten Unbehagen mit einzelnen Artikeln mit Kritik an der ganzen furche verbunden wird, bisweilen kombiniert mit dem Hinweis auf die „katholische furche”. In dieser Nummer (Seite 10) meint ÖVP-Klubobmann Andreas Khol, die Furche habe sich durch einen Artikel über Homosexualität „eindeutig deklariert”. Faktum ist, daß zu dieser Thematik in den letzten Monaten unterschiedliche Beiträge erschienen sind (weil sich die furche als geistiges Forum versteht, das verschiedenen Standpunkten Baum gibt), und zwar als Diskussionsbeiträge aus verschiedenen Blickwinkeln, nicht als „furche-Mei-nung”. Der von Khol zitierte Hinweis zum Autor Valentin Schroll („verpflichtet, 209 Strafgesetzbuch anzuwenden....”) stammte von Schroll selbst, war also kein furche-Kommentar zur Position Schrolls.

Der Wunsch der Bedaktion: Kritisieren Sie uns, kritisieren Sie die Gastautoren, argumentieren Sie in Leserbriefen für oder gegen in der furche geäußerte Meinungen, aber ziehen Sie nicht aus einzelnen Artikeln zu weitreichende Schlüsse.

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