Humpelnde Frauenpower

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Humpelnd auf Krücken trat die neue Wissenschaftsministerin Beatrix Karl ihr Amt an. Eine Zufälligkeit, die zum Vergleichen einlädt: Denn Österreichs Universitäten bewegen sich kaum in flottem Tempo Richtung internationales Leistungsniveau, sondern leiden unter diversen Hürden auf dem Weg dorthin, die sie eher „humpelnd“ erscheinen lassen: angefangen bei überfüllten Massenstudien bis hin zu Problemen bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses. Die Kritik daran stand auch im Zentrum der vergangenen Studentenproteste samt Besetzung des Audimax.

Auch wenn erste Kommentare zu Karls Nominierung vor allem die erdrückenden Herausforderungen ihres Ressorts betonen, die Bestellung der 42-jährigen Juristin ist dennoch viel versprechend – bei allen Zweifeln, die nachvollziehbar sind. Karl ist gewiss keine Notlösung, auch wenn sich die Suche nach der Nachfolge von Johannes Hahn ziemlich hingezogen hat.

Insiderin des Uni-Betriebs

Die steirische Professorin für Arbeits-, Sozial- und Europarecht ist, was den Uni-Betrieb anbelangt, eine Insiderin und eine Top-Wissenschaftlerin. Sie bekam für ihre Habilitation das renommierte APART-Stipendium. Das dürfte ein gewichtiger Startvorteil sein.

Auch als ÖAAB-Generalsekretärin stellte sie unter Beweis, vor allem in bildungspolitischen Fragen wie der Neuen Mittelschule und Ganztagsbetreuung aufgeschlossener zu sein als so manche andere ÖVP-Politiker. Und auch wenn es langsam selbstverständlich sein sollte – was es aber noch nicht ist: dass die Wahl auf eine Frau fiel, ist sehr zu begrüßen. Unterrichtsministerin Claudia Schmied, quasi die „Spielgelministerin“, sprach nicht umsonst von der neuen „Frauenpower am Minoritenplatz“.

Doch genau hier an diesem Platz fangen auch schon die Bedenken an, die an die neue Wissenschaftsministerin gerichtet werden müssen: Gegenüber der Neuen Mittelschule bzw. eines Gesamtschulmodells gilt sie als aufgeschlossen. Nun schwenkt sie brav auf die stramme ÖVP-Linie zurück: Es war ihr – in einem APA-Interview – keine klare Aussage zum künftigen Schulsystem der Zehn- bis 14-Jährigen abzuringen. Doch das wird nicht ihre Hauptaufgabe sein, wenn es auch in der Zusammenarbeit mit Schmied entscheidend sein wird.

Provokation zum Antritt

Ausschlaggebend aber sind ihre ersten Ansagen zu ihrem Ressort. Karl machte in mehreren Interviews deutlich, dass sie den freien Uni-Zugang für eine Illusion hält: eine Provokation für den Koalitionspartner SPÖ. Karl spricht sich klar für die Wiedereinführung der Studiengebühren und für Zugangsbeschränkungen aus. Es ist im Grunde positiv, dass sie hier Profil zeigt (was auch immer man in der Sache davon hält), taktisch klug war es jedenfalls angesichts der aufgeheizten Stimmung unter den Studierenden nicht. Die enormen Probleme an den Universitäten brauchen eine Lösung fern von politischen Schlagwörtern.

Es ist ihr jedenfalls mehr Fingerspitzengefühl und Dialogbereitschaft zuzutrauen, vor allem, wenn es um Gespräche mit den Studierenden geht, die sich schon auf Protestaktionen beim Bologna-Gipfel im März vorbereiten. Die übliche Schonfrist von 100 Tagen wird für Beatrix Karl verkürzt sein.

Es bleibt überdies zu befürchten, dass grundlegende bildungspolitische Fragen wie das künftige Bildungssystem oder die Lehrerausbildung sowie der freie Uni-Zugang nicht jenseits aller ideologischen Scheuklappen behandelt werden, sondern einem Kuhhandel zum Opfer fallen könnten: Lenkt die SPÖ bei den Studiengebühren und Zugangsregelungen ein, tut dies die ÖVP bei der Gesamtschule. Oder es bleibt alles im Zustand der gegenseitigen Blockade. Grund zur Hoffnung, dass von der „Frauenpower am Minoritenplatz“ neue Impulse kommen, gibt es dennoch – doch wird diese erfahrungsgemäß die Männerriege zu bremsen wissen.

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