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Im Alltag lauem neue Gefahren

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Kommt demnächst die Pflichtversicherung für Haushalts- und Frei- zeitunfälle? Diese Frage hat die neue Koalition zum Thema gemacht.

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Kommt demnächst die Pflichtversicherung für Haushalts- und Frei- zeitunfälle? Diese Frage hat die neue Koalition zum Thema gemacht.

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Falls sich die weiße Pracht doch endlich zeigt, werden auch heuer wieder rund acht Millionen Menschen (davon 5,5 Millionen aus dem Ausland) Österreichs Schipisten stürmen. Sie werden dabei an 40 Millionen Schitagen rund 600 Millionen Abfahrten genießen, wahrscheinlich viel Spaß haben und sich vielleicht sogar erholen.

Oder auch nicht. Durchschnittlich 90.000 Schibegeisterte reißt ein - meist selbstverschuldeter - Sturz schmerzhaft aus dem weißen Rausch. Schuld sind maßlose Selbstüberschätzung, zu hohes Tempo und Fahrfehler. Rund 40 Prozent der Verletzten kurieren sich in mindestens drei Wochen Krankenstand aus, ein Viertel muß es sich im Spitalsbett bequem machen. Geschätzte Kosten für die Behandlung des großen Leichtsinns: rund 1,5 bis zwei Milliarden Schilling1’.

Aber nicht nur der Sport hat schlimme Seiten: Jährlich schlagen sich rund 50.000 Österreicher beim „Do-it-yourSelf“ mehr als bloß einen blauen Daumen. Die Hobby-Heim-Sesseln, Tischen, Leitern. Sie wissen nicht richtig mit elektrischen Bohrmaschinen, Stichsägen und Schweißgeräten umzugehen; in jedem Jahr ziehen sich allein 2.000 von ihnen Augenverletzungen zu.

Etwa 500.000 Unfälle solcher „Freizeitunfälle“ beim Sport, in der Freizeit und im Haushalt jährlich registriert das Institut „Sicher leben“ (eine Abteilung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit). Da sind weit mehr als die 300.000 sogenannten „Arbeitsunfälle“, also jene, die am Arbeitsplatz oder am Weg dorthin beziehungsweise nach Hause passieren.

Schockierende Zahlen. Die Folgen sind ebenfalls gewaltig, rechnet die Wirtschaftskammer vor: Alle Unfälle zusammen haben jährlich rund 600.000 Verletzungen zur Folge, die kenstandstage, 16 Millionen Spitalstage, 15 bis 18 Milliarden Schilling direkte Kosten. Und 3.600 tote Menschen. Die Experten beziffern die Folgekosten mit 150 Milliarden Schi- ling. Damit verbunden ist menschliches Leid, gibt es Schmerzen, Probleme, Kummer und Sorgen. Aber das ist statistisch natürlich nicht erfaßt.

Seit Jahren gibt man den Österreichern das Gefühl, in einer dicht geknüpften sozialen Hängematte zu liegen. Ein Unfall - gibt es da nicht die Unfallversicherung? Die Krankenkasse? Anspruch auf Krankenstand, Entgeltfortzahlungen, Pflegegeld, Unterstützungen ...? Genau kennt sich zwar niemand mehr aus in unserem komplizierten Sozialversicherungssystem. Aber irgendwer wird schon helfen, wenn einem was zustößt. Schließlich lassen wir uns die soziale Sicherheit doch einiges kosten, nicht wahr?

Wie gesagt: Statistisch gesehen erleidet jeder zehnte Österreicher im Jahr einen Unfall. Dabei fühlen sich die meisten Menschen gar nicht gefährdet (siehe Grafik). Sie täuschen sich. Aber wer denkt schon an Gefahren, wenn er demnächst seine Schi aus dem Keller holt, den neuen rollt? Wer denkt wirklich daran, daß er unter Umständen nach einem Freizeitunfall zwar zuerst ins weiche Krankenbett, aber im Fall eines bleibenden Schadens ins finanzielle Nichts fallen kann? Denn die gesetzliche Unfallversicherung ist nur für jene Unfälle zuständig, die während der Arbeit oder auf dem Weg passieren. Wer zu Hause, beim Sport oder sonstwo zum Unfallopfer wird und invalid bleibt - für den kann es bitter werden.

Für Experten ist das schon lange ein Problem. Sie weisen darauf hin, daß die Freizeitunfälle finanziell besser abgesichert werden müssen. Nun kommt die Sache — auf Verlangen der Wirtschaftskammer - auf die Tagesordnung der Politik. Jedenfalls steht im Arbeitsübereinkommen der Regierungsparteien, daß eine Arbeitsgruppe - bestehend aus Vertretern dreier Ministerien und der Sozialpartner - bis zum Sommer 1995 Modelle einer Freizeit- und Haushaltsversicherung entwickeln soll.

Worum es bei diesem Problem wirklich geht, lesen Sie bitte auf den folgenden Dossier-Seiten.

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