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Immer eine staatspolitische Entscheidung...

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Seit der vorösterlichen Entscheidung des Bautenministers Dr. Kotzina über die Trassenführung der Südautobahn ist die Diskussion über diese für das östliche Österreich wichtige Frage nicht verstummt. Daß hier Politik im Sinn von Staatspolitik mit im Spiel sein muß, war jedoch von vornherein klar. Abzulehnen ist der politische Einfluß in seiner parteipolitischen Zuspitzung in der Nähe von Wahlzeiten, und gerade das ist die Gefahr, welche die weitere Diskussion über die Südautobahn von der Ebene der staatspolitischen Uber-legung und der sachlichen Argumentation in die Niederungen unmittelbarer politischen Opportunität abdrängen kann. Aus diesem Grund sprachen wir mit Dr. Karl Fantl über die Entscheidung des Bautenministers.

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Seit der vorösterlichen Entscheidung des Bautenministers Dr. Kotzina über die Trassenführung der Südautobahn ist die Diskussion über diese für das östliche Österreich wichtige Frage nicht verstummt. Daß hier Politik im Sinn von Staatspolitik mit im Spiel sein muß, war jedoch von vornherein klar. Abzulehnen ist der politische Einfluß in seiner parteipolitischen Zuspitzung in der Nähe von Wahlzeiten, und gerade das ist die Gefahr, welche die weitere Diskussion über die Südautobahn von der Ebene der staatspolitischen Uber-legung und der sachlichen Argumentation in die Niederungen unmittelbarer politischen Opportunität abdrängen kann. Aus diesem Grund sprachen wir mit Dr. Karl Fantl über die Entscheidung des Bautenministers.

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FTJRCHE: Bundesminister Doktor Kotzina stützte sich bei der Entscheidung um die Linienführung der Südautobahn zwischen Wiener Neustadt und Hartberg auf Fachgutachten über die Höhe der Baukosten, Vergleiche der Fahr-und Betriebskosten und über raumplanerische Fragen. Halten Sie diese Gutachten für ausreichend?

FANTL: Fachgutachten können immer nur Hilfen für eine Entscheidung sein. Bundeskanzler Klaus hat oftmals darauf hingewiesen, daß Fachleute einem Minister niemals die politische Verantwortung für eine Entscheidung abnehmen können. Sie helfen nur, seine Entscheidungen zu begründen.

FURCHE: Wo liegen Ihrer Meinung nach die politischen Schwerpunkte einer solchen Entscheidung?

FANTL: Die Begründung der Minisiterentscheidung sollte die Relationen zu den politischen Faktoren klarstellen, anstatt sich ausschließlich auf Fachgutachten zu berufen. Von den vielen politischen Gesichtspunkten, die zu berücksichtigen sind, seien hier — keineswegs vollzählig — nur einige erwähnt: das Burgenland ist ein wirtschaftlich schwaches Land, das seine Bewohner in der Nähe ihrer Wohnorte beschäftigen muß, wenn nicht über kurz oder lang die Berufspendler das Burgenland verlassen sollen; das Burgenland stellt ein Hoffnungsgebiet für den österreichischen und den internationalen Fremdenverkehr dar; das Buirgenland ist ein Grenzland, das auch in diesem Sinn immer noch eine Funktion zu erfüllen hat; die Bundeshauptstadt Wien braucht Erholungsgebiete, die sich im Burgenland anbieten; der Ausbau der Strecke Wiener Neustadt— Semmering—Bruck läßt sich in Zukunft nicht vermeiden, so daß die Autobahn Wien—Wiener Neustadt keineswegs zu einem Weiterbau über den Wechsel zwingt. FURCHE: Halten Sie den Ersatz, den man dem Burgenland an Stelle einer Autobahn in Form von vierspurigen Schnellstraßen anbietet, für ausreichend? FANTL: Mehr als ein Schönheitsfehler dieser „endgültigen“ Entscheidung ist das Fehlen eines klaren Finanzierungs- und Terminplanes für die Lösung der Straßenprobleme im Raum südlich und südöstlich von Wien. Verkehrspolitische Entscheidungen sind nicht im Bereich zwischen Wiener Neustadt und Hartberg, sondern im gesamten östlichen Bereich unseres Bundesstaates notwendig. FURCHE: Minister Dr. Kotzina hat erklärt, es gebe gar keine gesetzlichen Möglichkeiten zum Bau einer Burgenland-Autobahn von Wien über Eisenstadt nach dem Süden. Ist dies ein Argument gegen eine Burgenland-Lösung?

FANTL: Dieses Argument hat keinerlei Kraft. Derzeit sind im Bundesstraßengesetz fast 1800 km Autobahnen vorgesehen, von denen erst wenig mehr als 400 km in Betrieb sind. Die Festlegung eines großen Teiles dieses Autobahnnetzes erfolgte erat im Jahr 1968, ohne das Ergebnis der Neubewertung der Bundesstraßen, von dem man sich sehr viel erwartet, zu kennen. Bei der heutigen Finanzierungspraxis beim Bau von Autobahnen in Österreich würde die Verwirklichung dieses Netzes etwa 50 Jahre benötigen. In diesem Gesetz ist keine Reihenfolge der Baumaßnahmen festgesetzt. FURCHE: War daher Ihrer Meinung nach die „Karfreitagsentscheidung'' des Bautenministers übereilt, und was sollten die nächsten Schritte sein? FANTL: Die Entscheidung an sich war sicher nicht übereilt. Das Verdienst dieser Ministerentscheidung ist es zweifellos, daß die echten politischen Probleme dieser Trassenfestlegung erst jetzt allgemein sichtbar werden.

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