Islamstudie: die falschen Diskussionen

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Die aktuellen Aufregungen in den Medien über den islamischen Religionsunterricht verzerren den Inhalt der zitierten Studie.

Obwohl es mir in der Studie "Islamischer Religionsunterricht zwischen Integration und Parallelgesellschaft" primär um die religionspädagogischen Aspekte, die Aufschluss über die Vorstellungen der islamischen Religionslehrer/innen von Aufgaben und Zielen des islamischen Religionsunterrichts geben sollen, geht, beschränken sich die Diskussionen der letzten Tage lediglich auf die Tatsache, dass rund ein Fünftel der muslimischen Religionslehrer Demokratie ablehnt. Hierbei berufen sich die Medien auf den am Mittwoch im Falter erschienenen Artikel, dessen Autor nach "sensationellen" Zahlen in der Studie suchte und diese selbstständig und ohne Rücksprache mit mir veröffentlichte. Das Bild der islamischen Religionslehrer wird dabei nur auf diesen einen Aspekt reduziert und sie geraten dadurch pauschal unter Verdacht, den Rechtsstaat abzulehnen, weshalb sich viele von ihnen durch diese Diskussion in ein kriminelles Eck geschoben sehen.

Betrachtet man aber die Ergebnisse, die den Religionsunterricht unmittelbar betreffen, dann ergibt sich ein völlig anderes Bild: Ca. 84 Prozent der Religionslehrer sehen in der Förderung der interreligiösen Fähigkeit ihrer Schüler/innen und 89 Prozent von ihnen in der Förderung von Verständnis für die Sicht Andersgläubiger eine vorrangige Aufgabe des islamischen Religionsunterrichts.

Religionslehrer erfüllen wichtige Mediationsaufgaben

93 Prozent sehen die Ermutigung der Schüler zum Eintreten für Frieden und 73 Prozent die Befähigung ihrer Schüler, eine islamisch-europäische Identität zu entwickeln, ebenfalls als eine vorrangige Aufgabe des Religionsunterrichts. Zudem erfüllen die islamischen Religionslehrer wichtige Mediationsaufgaben. Sie sind oft die erste Adresse, wenn es Probleme oder Konflikte mit den muslimischen Schülern oder ihren Eltern und der Schule gibt. 69,1 Prozent von ihnen geben an, dass sie bei Problemen mit muslimischen Schülern in der Schule zur Vermittlung zwischen Schule und Eltern bzw. zwischen Schule und Schülern herangezogen werden.

Vorbildliche Situation in Tirol

Defizite vieler Religionslehrer, die unmittelbare Konsequenzen auf den Religionsunterricht haben, sind vor allem mangelnde Qualifikation und sprachliche Probleme. Die Islamische Glaubensgemeinschaft ist gefordert, durch ihre Fachinspektoren konsequent einzugreifen. Die Situation des islamischen Religionsunterrichts in Tirol ist hierbei vorbildhaft; dort wurde in den letzten drei Jahren durch den muslimischen Fachinspektor, Herrn Tilmann Schaible, die Hälfte der Religionslehrer ausgetauscht. Herr Schaible, der seit 2005 Fachinspektor für den islamischen Unterricht in Salzburg und Tirol ist, zeigte, dass ein verantwortungsvoller Fachinspektor, der seine Tätigkeit ernstnimmt, in der Lage ist, Defizite zu beseitigen sowie konstruktive Schritte zu setzen. Nun sind die Fachinspektoren gefordert, regelmäßig Berichte über den Ablauf des Religionsunterrichts vorzulegen, aus denen dann Konsequenzen zur Verbesserung der Qualität des Unterrichts gezogen werden müssen. Das Bildungsministerium muss sich stärker engagieren, dabei sind nicht Kontrollmaßnahmen gefordert, sondern mehr Kooperation mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Das Ministerium sollte regelmäßig sowohl den Religionsunterricht als auch die Tätigkeit der Fachinspektoren evaluieren und die Ergebnisse gemeinsam mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft reflektieren, um die Qualität der Aus- und Fortbildung der islamischen Religionslehrer zu verbessern.

Der Autor ist Islamwissenschafter und u. a. in der Ausbildung islamischer Religionslehrer tätig.

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