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Digital In Arbeit

Kapsch Des einen Freud, des anderen Leid

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Die Kapsch AG startete ihr Tele-arbeits-Projekt vor drei Monaten, erzählt Walter Jüttner anläßlich des Symposiums „Virtuelle Unternehmen” kürzlich im Wiener Wirtschaftsförderungsinstitut. 1.400 Mitarbeiter wurden über ihre Einstellung befragt, 96 erklärten sich dann letztlich bereit, mitzumachen. Zunächst wurde untersucht, ob sich die Tätigkeit der Gemeldeten überhaupt für Telearbeit eignet. Dabei spielten Überlegungen wie der Einfluß der Arbeit auf die betriebliche Ablauforganisation, Schnittstellen mit anderen Abteilungen, Kommunikationsbedarf und -anforderungen, SichersteWung der internen und externen Kommunikation, Kriterien der Leistungsüberprüfung und die Sensibilität der zu verarbeitenden Daten eine Bolle.

Festgelegt wurde dann die Anzahl der Telearbeitstage, wobei Wahlmöglichkeiten zwischen ein bis drei Tagen pro Woche möglich waren. Die Entscheidung für Telearbeitszen-trum oder Teleheimarbeit waren neben dem Vorhandensein eines eigenen Arbeitszimmers und der Kosten für die Bereitstellung der notwendigen technischen Infrastruktur weitere Auswahlschwerpunkte. 20 Mitarbeiter schienen letztlich die Voraussetzungen für das Projekt zu erfüllen, 14 Männer und sechs Frauen.

Die Telearbeiter sind arbeitsrechtlich voll in das Unternehmen eingebunden. An den Tagen, an denen,sie zu Hause arbeiten, müssen sie lediglich in der Zeit von neun bis zwölf Uhr erreichbar sein. Die verbleibende Zeit kann flexibel gestaltet werden.

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt vom Institut für Unternehmensführung an der Wirtschaftsuniversität Wien und dem Österreichischen Institut für Familienforschung.''

Nach drei Monat Telearbeit liegen die ersten Erkenntnisse vor. Positiv bewerten die Telearbeiter die Selbständigkeit und die freie Zeiteinteilung. Ungestörtes und daher konzen-trierteres Arbeiten, Fahrzeit- und Ko--Lstenersparnis sind weitere Vorteile, die für die Heimarbeit ins Treffen geführt werden. Als subjektiv vorteilhaft empfinden einige auch den geringeren privaten Aufwand für Kleidung und Wäsche. Einer ist sogar sicher, daß durch die Arbeit zu Hause auch seine Lebenserwartung steigt.

Schwierigkeiten gibt es hingegen mit der Abgrenzung von Beruf und Familie. Schwer fällt es manchen auch, länger als sieben Stunden ohne Abwechslung zu arbeiten. Klagen gibt es immer wieder über die Post. Sie komme zu spät, müsse dann gefaxt den, was mit Mehraufwand verbunden ist, Informationen gehen verloren.

Betriebliche Probleme sind nicht immer einfach auf Distanz zu koordinieren. Mangelnde Problemlösungen führen da schon hin und wieder zu Frustrationen. In der Kollegenschaft sind die Beaktionen unterschiedlich. Während sich die einen freuen, wenn der „Karli” seinen Büroarbeitstag hat, beneiden ihn die anderen. Sie möchten die gleichen „Freiheiten” wie ihr telearbeitender Kollege haben.

Das Pilotprojekt wird erst Ende des Jahres abgeschlossen sein. Doch schon jetzt zieht Walter Jüttner folgendes Besümee: „Bestimmte Tätigkeiten sind wegen der großen Telekommunikationskosten nicht realisierbar. Telearbeit ist sicher kein Instrument zur Beschaffung von Arbeitsplätzen und auch kein ökologischer Lösungsansatz. Telearbeit ist jedoch ein Potential zur Steigerung von Produktivität und Flexibilität, eine Option für Mitarbeiter zur Zusammenführung von Berufs- und Privatleben und eine Chance zur Regionalentwicklung und Arbeitsintegration.”

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