Kindergärten fallen durchs Politik-Raster
Im Kindergarten werden die Grundsteine der Bildungsbiografie eines Menschen gelegt. Eine Tatsache, die bei den Regierungsverantwortlichen nicht angekommen zu sein scheint.
Im Kindergarten werden die Grundsteine der Bildungsbiografie eines Menschen gelegt. Eine Tatsache, die bei den Regierungsverantwortlichen nicht angekommen zu sein scheint.
Wer als Journalistin wissen will, welche Auswirkung eine bildungspolitische Maßnahme auf Kindergärten hat, muss auf Pressekonferenzen meist extra nachfragen. Die Folgen für die Kindergartenkinder fallen so gut wie immer durch das Raster. Und das ist symptomatisch für den Umgang mit elementarpädagogischen Einrichtungen sowie ihrer Mitarbeiter in Österreich. Kindergärten scheinen für die Regierungsverantwortlichen in erster Linie eine Funktion zu erfüllen: Sie sind ein Ort, an dem noch nicht schulreife Mädchen und Buben betreut werden, damit ihre Eltern „in Ruhe“ arbeiten können.
Dass im Kindergarten die Grundsteine der Bildungsbiografie eines Menschen gelegt werden – von der Sprachförderung über das soziale Lernen bis hin zum ersten Verständnis für Mathematik oder dem Alphabet – dürfte auch im Bildungsministerium noch nicht bei jedem angekommen sein. Dass Elementarpädagogik politisch gesehen zu wenig gewichtet wird, ist das eine – die ungünstigen Rahmenbedingungen für das Personal sind das andere.
Während die Lehrergewerkschaft nicht müde wird, für die Anliegen ihres Klientels zu kämpfen, haben Pädagog(inn)en so gut wie keine Lobby. Dabei gäbe es so einiges zu beanstanden: Abgesehen von der schlechten Bezahlung werden den Elementarpädagoginnen (Männer sind weiterhin rar) weder genug quality time noch die Ressourcen zugestanden, um jedem Schützling jene Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, die er innerhalb einer Fremdbetreuung bräuchte. Kein Wunder, dass viele von ihnen den aktuellen Notbetrieb regelrecht als Erleichterung empfinden. Aufgrund der deutlich kleiner gewordenen Gruppen haben sie endlich Zeit, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.
Dass es im Normalbetrieb unmöglich ist, etwa eine Sondereinheit „Reimen“ einzulegen, wie mit Bildungsexpertin Raphaela Keller im FURCHE-Interview beschreibt, ist für Österreich ein Armutszeugnis. Der 20. November ist der Jahrestag der Erklärung der Kinderrechte durch die UNO. Ein Anlass, daran zu erinnern, dass Kinder nicht nur eine Angelegenheit für diejenigen sind, die sie in die Welt gesetzt haben. Die Mädchen und Buben von heute prägen die Gesellschaft von morgen. Das sollte allen ein Anliegen sein.
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