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Kirche in Österreich

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KIRCHE IN ÖSTERREICH 1W8 bis 1365, I. Band. Herausgegeben von Ferdinand Kloster- mann, Hans Kriegl, Erika Weinzierl, Gesamtredaktton Erika Weinzierl, Verlag Herold. 480 Seiten, 39 Abbildungen. S 420.—.

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KIRCHE IN ÖSTERREICH 1W8 bis 1365, I. Band. Herausgegeben von Ferdinand Kloster- mann, Hans Kriegl, Erika Weinzierl, Gesamtredaktton Erika Weinzierl, Verlag Herold. 480 Seiten, 39 Abbildungen. S 420.—.

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Der Verlag Herold legt hier einen Sammelband vor, der im Bereich der Literatur über die Kirche in Österreich eine empfindliche Lücke schließt. Dem bemühten Herausgebergremium ist es gelungen, als Nacharbeit zum Katholikentag 1962 nach Überwindung einiger Schwierigkeiten ein Werk zu präsentieren, das in seiner Zusammensetzung bereits selbst ein zeitgenössisches Spiegelbild der Kirche in Österreich 1918 bis 1965 ist. Alois Hudai hat 1931 unter dem Titel „Der Katholizismus in Österreich“ ein Sammelwerk herausgebracht, das damals einem ähnlichen Versuch gewidmet war. 1962 hat man allerdings eine andere Gliederung vorgenommen: mit dem Buch liegen die Abschnitte „Kirchlich-religiöses Leben“ und „Kirche und Welt“ vor, der zweite Band wird sich mit den „Katholischen Bewegungen und Organisationen“ befassen.

Selbstverständlich konnten nicht alle Schwierigkeiten beseitigt werden, die Sammelbände an sich haben. Der Kritiker würde zu sehr den Blick für das Ganze verlieren, wollte er jeden einzelnen Aufsatz behandeln. In der Folge seien daher nur Anmerkungen zu einigen Autoren angebracht.

Kardinal Dr. König legt einen Aufsatz vor, der all jenen zu empfehlen wäre, die an der Haltung des Wiener Kardinals Kritik üben. Der als Einleitung gedachte Beitrag stellt die Kirche unmißverständlich in die Situation unserer Zeit und unseres Landes. Wohltuend ist besonders die Feststellung, daß „die Entscheidung allein im Geistigen fällt“.

An der Spitze des Abschnittes über das kirchlich-religiöse Leben steht eine Würdigung des Episkopats durch Erika Weinzierl. Ebenso interessant ist die Darstellung der Tagesordnungen der Bischofskonferenz und der Hirtenbriefe, wobei das Fehlen mancher Themen in Beziehung zur Zeit vielleicht eine Andeutung vertragen hätte. Es bleibt dem Leser überlassen, sich manches dazuzudenken.

Der Aufsatz über die Priesterbildung, den der Innsbrucker Regens Gottfried Griesl verfaßt hat, läßt leider eine Aussage über die Priesterfortbildung vermissen. Josef Ernst Mayer berichtet über die Seelsorge, wobei die Würdigung der Initiativen seitens der Seelsorgeämter wohltuend ist, der Ausblick auf die heutige Zeit jedoch nicht alle Besorgnisse vertreiben kann. Johannes Nedbal gibt einen Überblick über die Theologischen Wissenschaften in Österreich. Leider ist die theologische Arbeit außerhalb der Universität nicht einbezogen.

Die Darstellung von Johannes Betray über Österreich und das Missionswerk der Kirche läßt die Leistung der Katholischen Aktion vielleicht etwas zu kurz kommen. Anton Böhm befaßt sich mit der Frömmigkeit im religiösen Leben der Gegenwart, ohne allerdings den Eindruck eines gewissen Vakuums gerade auf diesem Gebiet ganz vermeiden zu können.

In Abschnitt 2 „Kirche und Welt“, dessen Format allein schon von der intensiven Arbeit Zeugnis gibt, die zwischen 1918 und 1965 geleistet wurde, schildert Alfred Kostelecki anschaulich das Verhältnis von Kirche und Staat. Der Aufsatz kennzeichnet die Wandlungen in abgewogener und überzeugender Form. Otto Schulmeister ist um eine Klarstellung des Verhältnisses von Kirche, Ideologie und Partei bemüht, wobei umfangreiche Zitate die objektive Darstellung unterstützen. Anton Burghardt schildert engagiert das Verhältnis von Kirche und Arbeiterschaft und steht damit in einem gewissen Gegensatz zum Beitrag Pater Schaschings über Kirche und die soziale Frage.

Eine klare und konsequent durchgeführte Bearbeitung der Fragen „Kirche und Schule“ und „Katholische Erwachsenenbildung“ bieten Hans Kriegl und Ignaz Zangerle. Vor allem kann man aus den beiden Beiträgen entnehmen, daß die Schulfrage nicht nur eine politische Frage ist, sondern weit in die Frage der allgemeinen Bildung hinüberspielt. Die Entscheidung des Staatsbürgers, also auch des Katholiken, für seine Kinder eine bestimmte Schule auszuwählen, hängt entscheidend mit einer verstärkten Erwachsenenbildung zusammen. Kurt Skalnik informiert über die Situation der katholischen Presse; daß nicht alle Chancen auf diesem Gebiet seit 1918 genutzt wurden, ist dem Beobachter nicht unbekannt. Eine kritische Analyse des hier Vorgebrachten und manche Andeutung verstärken diesen Eindruck. Winfried Lessowsky legt einen Beitrag über die Katholikentage vor; vielleicht hätte der Aufsatz einige Ergänzungen im Hinblick auf die dort agierenden Personen vertragen. In diesem Zusammenhang vermißt man etwas, daß der wertvolle Beitrag von Erika Weinzierl in „Wort und Wahrheit“ über „Kirche und Nationalsozialismus in Österreich“ nicht Eingang in das Buch gefunden hat. In einem Sammelband über die Kirche in Österreich von 1918 bis 1965 wäre dieses allerdings nicht erfreuliche Kapitel durchaus am Platze gewesen. Heinrich Drimmel informiert über die katholischen Intellektuellen in der Zeit der beiden Republiken. Der Aufsatz ist ein Vorgriff auf den zweiten Band über die katholischen Bewegungen und katholischen Organisationen, weil er in die Geschichte dieser Organisationen einführt und sie als Ort der katholischen Intellektuellen bezeichnet. Es bleibt einer späteren historischen Prüfung überlassen, ob die katholischen Intellektuellen in allen Fällen in diesen Organisationen anzutreffen waren. Otto Mauer schließt mit einer Situationsbeschreibung 1965: der mit Schwung geschriebene Aufsatz gibt Ausblicke auf die Zukunft der Kirche in Österreich. Ob alle Anregungen befolgt oder überhaupt diskutiert werden, wird man sehen.

Im Anhang legt Erzbischof Franz Jachym einen Aufsatz zur Priester frage vor; ebenso findet man dort eine Zusammenstellung über die Hirtenbriefe der österreichischen Bischöfe, wodurch der Sammelband als Nachschlagewerk unentbehrlich wird.

Man darf allen um die Herausgabe dieses Buches Bemühten dankbar sein und hoffen, daß damit eine verstärkte Aktivität der literarischen Dokumentation über die Kirche in Österreich begonnen hat. Dem zweiten Band kann man mit Interesse entgegenbldcken und hoffen, daß er in den verschiedensten Bereichen eine weitere Anregung sein wird, die geistigen Vorgänge imf Bereich der Kirche schriftlich niederzulegen und damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine Voraussetzung für ein Gespräch mit der Welt ist damit geschaffen.

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