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Klares Votum für eine Kirchenreform

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Mitgliedsfamilien des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien (KFVW) traten bei einer Umfrage vor allem für eine transparente und glaubwürdige Kirche ein.

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Mitgliedsfamilien des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien (KFVW) traten bei einer Umfrage vor allem für eine transparente und glaubwürdige Kirche ein.

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Die angesichts der aktuellen Probleme in der Erzdiözese Wien* vom KFVW durchgeführte Mitgliederbefragung hat großes Echo gefunden. Von 6.500 befragten Mitgliedsfamilien im Bereich der Erzdiözese Wien haben 466 geantwortet. Das entspricht einer Rücksendequote' von 7,2 Prozent, was durchaus im Durchschnitt einer solchen Aktion zu erwarten ist (zwischen sechs und acht Prozent). Auffallend war der hohe Anteil von Mitgliedern, die alle Punkte als sehr wichtig bezeichneten und sich auch nicht scheuten, namentlich für ihre Haltung einzustehen.

87 Prozent der Rücksender sprachen sich für eine transparente und glaubwürdige Kirche aus, in der alles getan wird, um den nach der Causa Groer in der Öffentlichkeit aufgetretenen Verdacht zu beseitigen, in der-Kirche werde sexueller Mißbrauch Minderjähriger übergangen oder verharmlost. Diese 87 Prozent bezeichneten gleichzeitg die restlose Aufklärung der im Raum stehenden Vorwürfe mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen als sehr wichtig. Weitere acht Prozent bezeichneten diesen Punkt als „wichtig”.

Die relativ geringste Zustimmung der Befragung fand die Forderung nach Einrichtung einer unabhängigen, kirchlichen Anlaufstelle für alle Opfer sexuellen Mißbrauchs. Trotzdem bezeichneten immerhin 63 Prozent diese Forderung als sehr wichtig, 29 Prozent als wichtig. Die weiteren Zukunftsperspektiven fanden eine durchaus hohe Akzeptanz mit zwischen 72 und 83 Prozent der Nennungen als „sehr wichtig”. (Einzelergebnisse siehe Tabelle 1)

Ungefähr 40 Prozent der Bücksender nutzten die Möglichkeit, weitere Punkte zu nennen, die ihnen am Herzen liegen. Dabei wurde an erster Stelle die Freiwilligkeit des Zölibats, an zweiter Stelle die Zulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern und Weihen genannt. Diese Stellungnahmen waren teilweise sehr lang und überwiegend engagiert gehalten, weshalb die statistische Auswertung einige Mühe bereitete und viele Anregungen erst in den nächsten Wochen bearbeitet werden können. Nach Durchsicht aller Bückmeldungen konnten aber doch zehn weitere Hauptanliegen der Familienverbandsmitglieder ausgemacht werden. (Vergleiche Tabelle 2) Die Prozentsätze derer, die diese Punkte nennen, ist naturgemäß kleiner, weil diese Anliegen ja nicht abgefragt wurden, sondern von den Mitgliedsfamilien selbst und untereinander nicht abgesprochen dazugeschrieben wurden.

In die Auswertung der Befragung war der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner, eingebunden, der sich dankenswerterweise mit großem

Engagement an die Analyse machte. Seine Zusammenfassung der Resultate: „Mit dieser Mitgliederbefragung wurden hauptsächlich antwortwillige Unzufriedene erfaßt, die eindeutig in Richtung Reformen votieren.”

Zulehner, der gemeinsam mit dem Fachsoziologen Hermann Denz ein Fachgutachten über diese Mitgliederbefragung erstellt hat, warnt aber angesichts der überwältigenden Prozentsätze vor zu simpler Hochrechnung der Ergebnisse: „Es ist davon auszugehen, daß nur Personen, die ein großes Naheverhältnis zum Familienverband haben und mit dem Thema emotional sehr verbunden sind, den Fragebogen zurückgeschickt haben.”

Außerdem hätten überwiegend Befragte geantwortet, die den Reformbestrebungen sehr positiv gegenüberstehen und zusätzlich ein hohes Reflexionsniveau haben. Zulehner: „Dadurch sind die Ergebnisse natürlich in ihrer Höhe verzerrt, aber auch die Homogenität der Antworten ist durch tfas Fehlen eines Mittelbereichs sicher zu groß.” Trotzdem: Für die Wiener Familienverbandsmitglieder war diese Befragung schon im Sinne der Kommunikation und des Einsatzes für eine Verbesserung der Lage der Kirche ein Erfolg. So bleibt zu hoffen, daß in den kommenden Wochen und Monaten dieses klare Votum für eine Kirchenreform ernstgenommen und zu entsprechenden Ronsequenzen führen wird.

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