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Kondome schützen nicht wirklich

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Kaum war die Pille auf dem-Markt für Empfängnisverhütung etabliert, verschwanden die Kondome in der Versenkung: viel zu unzuverlässig. Die Aids-Bekämpfung machte aus ihnen wieder Wundermittel der Sicherheit - zu unrecht.

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Kaum war die Pille auf dem-Markt für Empfängnisverhütung etabliert, verschwanden die Kondome in der Versenkung: viel zu unzuverlässig. Die Aids-Bekämpfung machte aus ihnen wieder Wundermittel der Sicherheit - zu unrecht.

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Denn eine Fehlerquote bei der Empfängnisverhütung von 13,2 bis 27,3 Prozent („Family Planning Perspectives”, Jänner-Februar 1992) ist auch tatsächlich nicht wirklich überzeugend. Auch eine Untersuchung bei 733 Frauen, die zwischen September 1988 und März 1989 in Oxford abgetrieben hatten, ergab, daß 46 Prozent von ihnen Kondome als normales Mittel der Empfängnisverhütung verwendet hatten. Und das Alan Guttmacher Institute, eine auf Fortpflanzungsmedizin spezialisierte US-Porschungseinrichtung schätzt, daß bis zu 36 Prozent der 20- bis 25jährigen Frauen innerhalb eines Jahres schwanger werden, wenn sie sich auf die Verwendung von Kondomen durch den Mann verlassen.

Insbesondere die Handhabung des Kondoms scheint Probleme zu bereiten, wie eine andere englische Untersuchung ergab: Von 200 in einer Familienplanungsklinik befragten Benutzern von Kondomen berichteten 52 Prozent, daß sie in den vorhergegangen drei Monaten Pannen mit den Dingern erlebt hatten („Family Bulletin” Juli 90).

Nun ist sehr leicht einzusehen, daß ein Instrument, daß schon zur Empfängnisverhütung so wenig geeignet ist, erst recht für die Vermeidung einer Aids-Ansteckung untauglich ist. Denn die Empfängnis kann grob geschätzt an den 50 frachtbaren Tagen der Frau im Jahr stattfinden, während die Panne, die zur Aids-Ansteckung führt, bei jedem Verkehr stattfinden kann. Besonders ungeeignet scheinen Kondome beim Analverkehr zu sein, wie eine Untersuchung unter Londoner Prostituierten ergab („The Lancet”, Dez. 1985): Bis zu 50 Prozent Pannen wurden registriert. Seit mehr als zehn Jahren gibt es diese Information!

Es ist daher äußerst irreführend die Verwendung von Kondomen als „safe sex” zu bezeichnen. Denn von sicher ist, wie gesagt, keine Bede. Die massive Kondom-Werbung (immer wieder erklingt ja die Forderung, Kondome gratis an den Schulen zu verteilen) könnte sogar den gegenteiligen Effekt haben: nämlich verstärkt zu Sexualverkehr anregen und damit auf lange Sicht auch die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung erhöhen (denn Kondome sind - man kann es nicht oft genug wiederholen - nicht „safe”). So registrierte man in einer High-school in Dallas (USA), die Kondome verteilte, eine um 50 Prozent höhere Schwangerschaftsrate als in der Nachbarschule, in der es keine Präservative gab. Und eine „Harris”-Umfrage aus 1986 ergab, daß Jugendliche im Anschluß an Aufklärangs-programme, die massive Werbung für Kondome machten, mit um 53 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit sexuelle Beziehungen eingingen als solche, die Programme ohne detaillierte Information über Verhütung gehört hatten. *

52 Prozent ihrer Benutzer berichteten über Pannen mit Kondomen

Anschaulich weist ein Artikel in der „New York Times” (26.12.92) auf die Chance einer effektiven Nutzung von Präservativen durch Jugendliche hin: „Die gängigen Empfehlungen für ,safer sex' sind realitätsfremd. Unser Teenager weiß, daß sie und der Bursch - bevor sie mit ihm ins Bett gehen - sich eigentlich detailliert gegenseitig über ihr Sexualleben informieren müßten. Nächste Station wäre ein gemeinsamer Aids-Test. Wenn beide dann einen Monogamie-Pakt schließen, werden sie während sechs Monaten Kondome ... verwenden und sich dann wieder testen lassen. Wird unser Teenager diese anspruchsvollen sozialen Vereinbarungen jedesmal treffen, wenn Amor anklopft? Natürlich nicht.”

Übrigens ist die Bereitschaft, Kondome anzuwenden, relativ gering. Trotz massiver Werbung bleibt ihr Gebrauch ziemlich niedrig, wie eine landesweit bei der heterosexuellen Bevölkerung in den USA durchgeführte Untersuchung (laut „Science”) ergab:

Nur 17 Prozent der Personen, die sexuelle Beziehungen mit mehreren Partnern haben, verwenden immer Kondome und sogar nur 12,6 Prozent jener mit riskanten Sexualpartnern. Noch niedriger, nämlich bei 10,8 Prozent, liegt der Wert bei Empfängern von nicht geprüften Bluttransfusionen. Ein HlV-Ansteckungsrisiko sahen nämlich nur zwischen 15 und 31 Prozent der Heterosexuellen im Landesdurchschnitt als gegeben an.

Insgesamt legen diese Ergebnisse die Vermutung nahe, daß die laufenden HIV-Präventionsprogramme nur in sehr geringem Maße die Heterosexuellen mit mehreren Sexualpartnern erreicht haben und bei vielen anderen Bisikogruppen der heterosexuellen Bevölkerung gar nicht angekommen sind.

Damit dürften die Kondom-Kampagnen das Schicksal der Sexual-Auf-klärungs-Programme teilen. „In einer 1984 von den ,Centers of Disease Control' veröffentlichten Übersichtsarbeit, die zehn einschlägige Programme untersuchte, fand man keinerlei Hinweise darauf, daß Wissen das Verhalten von Teenagern signifikant beeinflußt.” („The New York Times” v. 26.12.92)

Entsprechende Beobachtungen liegen für Österreich nicht vor. Unbekannt ist die Zahl der hierzulande verkauften Kondome. Allerdings gibt es Hinweise darauf, daß der „ProKopf-Verbrauch” in den letzten Jahren konstant gewesen sein dürfte und im europäischen Vergleich eher niedrig liegt. Am meisten zu denken gibt aber folgendes: Ein staatlich geförderter Versuch in den USA wurde abgebrochen, nachdem von 55 Paaren (einer der Partner war jeweils HIV-positiv), die bereit waren die Wirksamkeit von Präservativen zu prüfen, trotz Kondomeinsatzes zwölf Prozent den Partner ansteckten. Jef-fry Perlamn vom amerikanischen Gesundheitsministerium soll den Abbruch mit den Worten: „... Das Risiko ist inakzeptabel und zu groß,” kommentiert haben(HLI-Info 3/94).

Von 18 HIV-positiven Ehemännern steckten drei ihre Frauen trotz Kondoms an 1987 präsentierte Margaret Fischl von der Universität von Miami bei einer Aids-Konferenz in Washington ähnlich beunruhigende Ergebnisse. Sie hatte 18 verheiratete Paare, die Kondome verwendeten, weil der Mann HlV-infiziert war, beobachtet. Von ihnen hatten sich nach 18 Monaten drei der Frauen infiziert. Das entspricht einer Bäte von 17 Prozent („The World & I”, Sept 89).

Auf diesem Hintergrund wird erkennbar, wie berechtigt die Aufforderung des Papstes ist, der Werbung für die Enthaltsamkeit den Vorrang vor der Propagierung der Kondome zu geben. Gegen alle Evidenz wird jedoch nach wie vor die Benützung von Kondomen propagiert und die Empfehlung vorehelicher Enthaltsamkeit lächerlich gemacht. Typisch dafür sind etwa die Äußerungen des ehemaligen französischen Gesundheitsministers Leon Schwartzenberg 1993 vor dem Europa-Parlament: „In Zentralafrika sind 7 bis 10 Prozent der Bevölkerung mit dem Aids-Virus infiziert und sie wird daher unweigerlich dezimiert werden.

Der einzige Schutz liegt in der Verwendung von Präservativen. Papst Johannes Paul II hat jedoch kürzlich in Kampalä sexuelle Abstinenz und das Verbot von Kondomen empfohlen. Seine Erklärungen sind unverantwortlich und machen den, der sie äußert, der Verweigerung von Hilfestellung für Personen in Gefahr schuldig.”

Wann wird sich endlich die Unzu-verläßlichkeit der Kondome herumgesprochen haben?

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