Kultur des Miteinanders

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Führt das neue Universitätsgesetz zur unumschränkten Herrschaft der Rektoren? michael lang, Senatsvorsitzender der WU Wien, führt die von Peter Filzmaier (Nr. 1/2004) begonnene Debatte fort.

Mit 1. Jänner haben die Universitäten neue Freiräume erhalten. Die inneren Strukturen jeder Universität sind allerdings bereits durch das Universitätsgesetz vorgegeben: Die obersten Organe jeder Universität sind nun der Universitätsrat, das Rektorat und der Senat. Der Rektor und die Vizerektoren werden vom Universitätsrat auf Vorschlag des Senats bestellt. Sie haben weitgehende operative Befugnisse und können den Organisations- und Entwicklungsplan der Universität vorschlagen. Zugleich unterliegen sie der Kontrolle des Universitätsrats und teilweise auch der des Senats, der etwa ihre vorzeitige Abberufung fordern kann. Der Universitätsrat wiederum wird zum Teil durch den Senat und zum Teil durch die Bundesregierung bestellt. Seine Kompetenzen ähneln denen eines Aufsichtsrats, gehen aber auch darüber hinaus: So ist der Universitätsrat ebenfalls zuständig, den Organisations- und Entwicklungsplan der Universität zu genehmigen.

Keine breite Akzeptanz

Der Senat ist jenes oberste Organ der Universität, das ausschließlich durch die Universität selbst legitimiert ist. Die Professoren bilden die Mehrheit, daneben sind dort auch Studierende, wissenschaftliche Mitarbeiter und Verwaltungsbedienstete vertreten. Der Senat hat das Recht, die Satzung zu erlassen und bedarf dazu weder der Zustimmung des Rektorats noch des Universitätsrats. Ebenso liegt die Kompetenz zur Festlegung der Studienrichtungen und der Erlassung der Studienpläne ausschließlich beim Senat.

Die neuen gesetzlichen Regelungen werden nun an den österreichischen Universitäten mit Leben erfüllt: Die Frage, ob und wieviele Fakultäten, Fachbereiche, Institute und Abteilungen eine Universität hat, berührt natürlich alle an einer Universität Lehrenden und Studierenden. Von manchen Universitäten hört man aber, dass der Organisationsplan im Wesentlichen vom Rektorat alleine erarbeitet wurde und dass nicht unbedingt die breite Akzeptanz der Universitätsangehörigen gesucht wurde. Ob dies weise ist, bleibt abzuwarten. Für die Motivation der von Änderungen massiv betroffenen Wissenschaftler ist dies nicht unbedingt günstig. Für jede Universität ist es entscheidend, dass die dort tätigen Wissenschaftler das Gefühl haben, optimale Rahmenbedingungen vorzufinden, um überdurchschnittliche Leistungen erbringen zu können. Daher sollten sie auch bei der Festlegung dieser Rahmenbedingungen einbezogen werden. Ein Alleingang des Rektorats könnte an manchen Universitäten den Senat provozieren, seine Kompetenz zur Erlassung der Studienpläne auszuüben, ohne Einvernehmen darüber mit dem Rektorat zu erzielen. Einer positiven Entwicklung einer Universität dienen derartige Konflikte wohl nicht.

Gemeinsamer Prozess

An der Wirtschaftsuniversität Wien wurde hingegen in einem eineinhalbjährigen Prozess der Umstieg auf das Universitätsgesetz sorgfältig vorbereitet und die Satzung sowie der Organisations- und Entwicklungsplan von Rektorat und Lehrenden und Studierenden gemeinsam erarbeitet. An der WU gibt es statt vier nun zehn Fachbereiche in überschaubarer Größe. Ein zwischen allen Beteiligten akkordierter Personalentwicklungsplan sorgt dafür, dass es in Zukunft eine vernünftige Relation zwischen der Zahl dauernd beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter und der Zahl befristeter Ausbildungsverhältnisse geben wird, um auch dem wissenschaftlichen Nachwuchs die Chancen zu sichern. Über hohe Qualitätsstandard bei Habilitations- und Berufungsverfahren wurde ebenfalls Einvernehmen erzielt. Am Ende der Diskussionen in den verschiedenen Arbeitsgruppen - kurz vor Weihnachten 2003 - gab es eine einstimmige Beschlussfassung der Satzung und des Organisations- und Entwicklungsplans durch Universitätsrat, Senat und Rektorat.

Neues Profil

In der Zukunft soll diese Kultur des Miteinanders weitergeführt und fortentwickelt werden. Als nächstes Thema steht die Diskussion um eine Neuorientierung des Profils der Wirtschaftsuniversität am Programm. Dabei geht es um die Frage, ob und wann die Wirtschaftsuniversität ihr Lehrangebot umgestalten und Bakkalaureats- und Masterstudien sowie neue Doktoratsprogramme einführen und welche Schwerpunkte das Angebot postgradualer Weiterbildung beinhalten soll. Weiters geht es um eine sinnvolle Organisation der WU in Hinblick auf die Anforderungen der Forschung und um eine Weiterentwicklung des Organisations- und Entwicklungsplans, die dann einem geänderten Profil Rechnung tragen sollen.

Formal sind die Befugnisse zwischen dem Senat einerseits und dem Rektorat und dem Universitätsrat andererseits geteilt: Der Senat könnte die Lehrpläne allein festlegen, während das Rektorat und der Universitätsrat die Organisation bestimmen könnten. Die bisher gemachten guten Erfahrungen sprechen aber dafür, auch diese Fragen einvernehmlich zu entscheiden. Die Organe der Universität haben beschlossen, dass der Rektor und der Senatsvorsitzende für diesen Prozess gemeinsam verantwortlich sind. Im Juni 2004 soll der nächste "Meilenstein" der Weiterentwicklung des Profils der Wirtschaftsuniversität erreicht werden und das Grundkonzept für das neue Studienangebot vorliegen.

Der Autor ist Vorstand des Instituts für österreichisches und internationales Steuerrecht der Wirtschaftsuniversität Wien, Vorsitzender der Professor/inn/en der WU sowie Vorsitzender des Senats der WU.

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