Lahme Katze aus dem Sack

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Vom Kompromiss über die Bestellung des Universitätsrates ist im Gestaltungsentwurf zum neuen Unigesetz keine Spur.

Die frische Luft am Wolfgang- see hat etwas Inspirierendes. Tiefer noch als seine Klausurkollegen dürfte FP-Wissenschaftssprecher Martin Graf sie eingesogen haben: Über ein halbes Jahr nach der Präsentation des "Gestaltungsvorschlags" zur Uniautonomie, nach hunderten Stellungnahmen und teilweisen Kompromissen ließ die Bundesregierung vergangenen Freitag mit Grafs maßgeblicher Hilfe die Katze aus dem Sack: Jener Gesetzesvorschlag für das neue "Universitätsgesetz 2002", der in St. Wolfgang das Licht der Welt erblickte, war in wesentlichen Bereichen anders beschaffen als erwartet - und noch im Jänner ausgemacht. "Es stellt sich die Frage, ob sich diese Beratungen gelohnt haben", bemerkte ein "enttäuschter" Georg Winckler, Vorsitzender der Österreichischen Rektorenkonferenz und Rektor der Uni Wien, noch am selben Nachmittag. Wer bei dieser wundersamen Wendung die Hand im Spiel hatte, ist für Winckler offenkundig: "Auf Drängen der FPÖ" sei das Ministerium wieder zum Gestaltungsvorschlag zurückgekehrt.

Ärger bei Rektoren

Nicht so sehr die erwartete Ausgliederung der medizinischen Fakultäten in Wien, Graz und Innsbruck zu eigenständigen Universitäten sorgte bei den Rektoren für böses Blut. Vielmehr der Bestellungsmodus für den Universitätsrat, neben Rektorat und Senat das mächtigste Leitungsorgan der künftigen vollrechtsfähigen Universitäten. Zwar hatte man sich mit dem Ministerium bereits auf die "doppelte Legitimation" und damit eine möglichst breite Akzeptanz dieses fünfköpfigen Gremiums geeinigt (der Senat schlägt dem Bildungsministerium fünf Kandidaten vor, wovon dieses zwei auswählt - und umgekehrt, diese vier wählen das fünfte Mitglied), doch findet sich nunmehr wieder jene Regelung, wonach das Ministerium wie auch der Senat direkt zwei Ratsmitglieder bestimmt und bei Nichteinigung mit der Universität sogar die fünfte Person ernennen kann (siehe Kasten).

Ein Umschwung, der den Rektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger, "persönlich betroffen" macht, sei doch von der vom Ministerium angekündigten offenen Planung "nicht die Spur" übriggeblieben. "Es war nicht leicht, den Kompromiss in Salzburg durchzusetzen. Nun muss man denen Recht geben, die von Anfang an gesagt haben, es hat überhaupt keinen Sinn." Den Vorwurf, kaum Vorschläge aus der mehrmonatigen Diskussionsphase übernommen zu haben, weist jedoch Bildungsministerin Elisabeth Gehrer entschieden zurück. Als Beispiele nennt sie das Thema Gleichbehandlung sowie die Möglichkeit zur Einrichtung von Kollegialorganen.

Doch der Ärger der Rektoren - zumal über die Bestellung des Unirates - bleibt: "Es kann nicht sein, dass die Politik mit zwei Staatskommissaren in die Universitäten direkt hineinregiert, das ist ein vordemokratisches Universitätsmodell", übt der Grazer Uni-Rektor Lothar Zechlin heftige Kritik. Wie sein Kollege Winckler hat auch er bei dieser Konstruktion "massive verfassungsrechtliche Bedenken". Um den selbstverwaltungsähnlichen Charakter der Hochschulen zu wahren, müsse der Rat als Organ der Universität eingerichtet werden, hatte Winckler noch einen Tag vor Präsentation des Gesetzesentwurfs gewarnt. Vergeblich.

Anders beurteilt jedoch der Rektor der Technischen Universität Wien, Peter Skalicky, die Formation des Uni-Rats: "Wir haben auch mit unserem jetzigen Universitätsbeirat keine Probleme und ich glaube, dass auch die Persönlichkeiten, die in einem Universitätsrat sitzen, hinlänglich erfahren und unabhängig sind, um ihre Arbeit ordentlich zu machen." Die ratio legis sei es ja, dass der Unirat dem Aufsichtsrat eines Unternehmens nachgebildet sei, so Skalicky. Gerade darin ortet freilich Christoph Badelt, ab 18. März neuer Rektor der WU Wien und "insgesamt ein Anhänger dieser Uni-Reform", eine unzufriedenstellende Hybridlösung: "Mir kommt das so vor, wie wenn das Wirtschaftsministerium sagt, sie müssen Vertreter in den Aufsichtsrat einer Baufirma entsenden. Entweder wir sind Vertragspartner oder verlängerter Arm des Ministeriums."

Verteidigt wird die Bestellung des Uni-Rats naturgemäß von ihrem vermeintlichen Wegbereiter, FP-Wissenschaftssprecher Martin Graf. Die doppelte Legitimation führe leicht zu lähmenden Kompromissen, rechtfertigt sich Graf gegenüber der Presse.

Ob der Entwurf für das neue "Universitätsgesetz 2002" mit seinen 139 Paragrafen - wie in St. Wolfgang beteuert - ein "Meilenstein" bleibt , ob er bis zum Ende der Begutachtungsfrist am 19. April oder bis zur parlamentarischen Beschlussfassung im Juli zermahlen wird, bleibt abzuwarten. Schon scharen die betroffenen Rektoren Anhänger um sich und rüsten zur Demontage: In Graz etwa lädt Lothar Zechlin zur "intensiven und sachlichen Auseinandersetzung" über die Ausgliederung der medizinischen Fakultät. Auf einer öffentlichen Internet-Diskussionsplattform kommt es seither zu einem lebhaften Disput über Vor- und Nachteile der Loslösung (http://medizindiskussion.uni-graz.at). Während in Graz noch "keine einhellige gefestigte Meinung" vorherrscht, ist die Ausgliederung in Wien auf Schienen. "Man kann nicht beides haben: die Budgetautonomie behalten und gleichzeitig keine eigene Uni sein. Das ist nach dem vorliegenden Gesetz nicht möglich", erklärt Wolfgang Schütz, Dekan der medizinischen Fakultät, sein pragmatisches Ja zur Selbstständigkeit. "Unverdrossen" kämpft dagegen Innsbrucks Rektor Hans Moser gegen die "Amputation eines riesigen Körperteils" vom universitären Organismus, bei der rund 40 Prozent des Personals abgetrennt würden. "Ich gehe davon aus, dass wir bis zum parlamentarischen Prozess noch einmal die Chance haben, Stellung zu beziehen."

Ob die strittigen Punkte, zumal die Bestellung des Unirates, die Zeit bis dahin überdauern, bleibt abzuwarten. Für heftige Frühlingsgefühle an den Unis ist jedenfalls gesorgt.

Infos unter www.weltklasse-uni.at

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