Last-Minute-Suche nach Krippenplätzen

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Ist die Bundeshauptstadt für das verpflichtende letzte Kindergartenjahr gerüstet, wo doch in Wien die meisten Fünfjährigen zu Hause sind, die bisher noch nicht im Kindergarten waren? Fachleute meinen Ja. Nur bei den unter Dreijährigen könnte es dafür eng werden, lautet eine Klage.

Zurzeit herrscht in vielen Wiener Kindergärten Sommerstille, viele Kinder sind in den Ferien. Doch mit kommendem Herbst steht ein großer Schritt bevor, nicht nur in Wien: Das verpflichtende Kindergartenjahr für fünfjährige Kinder wird bundesweit in Kraft treten. Drei Bundesländer sind schon im vergangenen Jahr vorausgeeilt: Nieder- und Oberösterreich und Kärnten.

Wenn auch Wien in einigen Bereichen den übrigen Bundesländern voraus ist – etwa in der Anzahl der Krippenplätze oder im Ausmaß der Öffnungszeiten – laut Kindertagesheimstatistik 2009 hat die Bundeshauptstadt die geringste Quote an Fünfjährigen, die bereits einen Kindergarten besuchen: knapp 92 Prozent. Nach Angaben aus dem Büro von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch wurde mit 800 zusätzlichen Plätzen für Fünfjährige gerechnet, es sind aber letztlich nur 490 Kinder. Wie es zu dieser Diskrepanz bei der Einschätzung kam, konnte Michaela Zlamal, Sprecherin von Oxonitsch, gegenüber der FURCHE nicht erklären.

Auch Fachleute bestätigen: Ja, Wien ist für das verpflichtende letzte Kindergartenjahr gerüstet. Renate Gschlad, eine Sprecherin des Dachverbandes der Wiener Privatkindergärten und -horte, fügt aber hinzu: „Wo Wien aber absolut nicht gerüstet ist, sind die Krippenplätze. Hier gibt es eine verheerende Situation. Ich kriege immer wieder Anrufe verzweifelter Mütter, die sich bei der Gemeinde Wien angemeldet haben und erst jetzt benachrichtigt wurden, dass es für Herbst doch keinen Platz gibt.“ Es gebe aber auch in privaten Kindergärten kaum mehr Plätze für Krippenkinder, so Gschlad. Wie diese Frauen wieder in den Beruf einsteigen können, ist fraglich. Gschlad fügt hinzu: Die Stadt Wien würde den Bedarf sehr wohl kennen, es gebe aber einfach zu wenig Geld in diesem Bereich (siehe Interview). Die Stadt Wien gibt jedoch an, dass zwischen 2009 und 2011 6500 neue Kinderbetreuungsplätze entstanden sind bzw. entstehen werden.

Kein Run von Fünfjährigen

„Ich bin davon überzeugt, dass es sich mit dem verpflichtenden letzten Kindergartenjahr in diesem Jahr ausgehen wird“, sagt auch Christian Morawek, Geschäftsführer der Wiener Kinderfreunde – nach der Stadt Wien der größte Anbieter von Kinderbetreuungsplätzen in der Stadt. Es gebe sogar noch freie Plätze für ältere Kindergartenkinder an einzelnen Standorten. „Dass es immer wieder Regionen und Kindergärten gibt, die überlaufen sind, aus welchen Gründen auch immer, ist keine Neuigkeit“, sagt er.

Bei den Anmeldungen der Fünfjährigen habe es keinen „Run“ gegeben, wie Morawek sagt. Dass Wien auf Kosten von Krippenkindern Plätze für Fünfjährige frei geschaufelt hätte, so eine These von einzelnen Eltern, bestätigt Morawek nicht: „Das hat keinen ursächlichen Zusammenhang. Tatsache ist, dass Wien im Vergleich zu den Bundesländern hervorragend mit Krippenplätzen ausgestattet ist. Tatsache ist aber auch, dass es trotzdem noch zu wenige sind. Das hat nichts damit zu tun, dass die Fünfjährigen verpflichtend den Kindergarten besuchen.“

Das Einstiegsalter in den Kindergarten wird laut Morawek immer jünger. Einjährige sind bereits die Norm. Hier müsste man sich den Bedürfnissen der Familien anpassen, wenn man sich als familienergänzende Einrichtung verstehe.

Was diejenigen Fünfjährigen betrifft, die bisher noch keinen Kindergarten besuchten, gab es im Vorfeld öfter zitierte Vermutungen oder Vorurteile, dass es vorwiegend Kinder aus Migrantenfamilien seien und/oder aus Familien mit vielen Kindern. Die Stadt Wien will dazu keine Angaben machen. Das wäre diskriminierend, sagt Zlamal.

Morawek sieht das Vorurteil nicht bestätigt. „Erfahrungswerte hat man erst, wenn diese Kinder im Kindergarten sind.“ Dass Fünfjährige bisher nicht im Kindergarten gewesen seien, hänge eher damit zusammen, dass institutionelle Bildung unterschiedlich bewertet werde. Renate Gschlad hält das Vorurteil ebenso für ein solches. Ihrer Erfahrung nach hält es sich die Waage: Es seien Kinder aus Migrantenfamilien ebenso dabei wie aus eingesessenen Familien. „Es gibt noch Familien mit mehreren Kindern, wo die Mutter zu Hause ist.“

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