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Lebensgut Nächstenliebe

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Jeder Christ weiß, das das Gebot der Liebe das Hauptgebot des Herrn ist. Der letzte und eigentliche Grund für die tätige Nächstenliebe ist die Liebe Gottes zu uns. Weil Gott uns liebt, müssen auch wir lieben. Unsere Liebe ist nur Fortsetzung, Auswirkung, Weiterleben und Weiterschenken der Liebe Gottes zu uns (vgl. 1 Jo 4, 7-21).

Nächstenliebe ist also Echo und Erwiderung jener Liebe Gottes zu uns, Nächstenliebe ist die stete Verwirklichung Gottes und Seiner Liebe unter uns. Darum darf sie nicht nur gelegentlich unter dem Eindruck und Druck der Not geübt werden, sondern sie muß zur ständigen Lebensform werden, um so eine überzeugende Äußerung eines echten Chri-< stentums zu sein. Lebensäußerungen müssen aber in einem Verhältnis* in einer bestimmten Proportion zum Leben stehen. Dieser Sinn für Proportionen ist vielfach verlorengegangen. Das Wort des Herrn über das Scherflein der armen Witwe, das Er höher bewertet als die Gaben der Reichen (Lk 21, 1-4), gibt uns einen Hinweis, welche Proportionen wir bei materiellen Gaben für gute Zwecke vor allem zu beachten haben. Sie müssen in einem sinnvollen Verhältnis zu dem stehen, was wir besitzen, und vor allem zu dem, was wir für uns selber ausgeben. Wenn die tätige Nächstenliebe der wesensgemäße Ausdruck unseres Christentums sein soll, dann darf die Summe, die wir dafür zur Verfügung stellen, nicht bloß ein Promille — oder gar noch weniger! — von dem ausmachen, was wir an Einkommen beziehen und was wir für eigene Bedürfnisse und Liebhabereien ausgeben. Wenn der Herr verlangt, daß wir den Nächsten wie uns selbst lieben, dann muß die karitative Tätigkeit eigentlich ein Teilen sein. Schon Johannes der Täufer stellte an die Menschen, die zu ihm kamen, die Forderung: „Wer zwei Röcke hat, gebe dem einen, der keinen hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso!“ (Lk 3, 11). Wieviel mehr gilt dieses Wort für die Jünger Christi! Gerade

hier, im Mißverhältnis der Ausgaben für das eigene Leben, für den eigenen, mehr oder weniger unnötigen Luxus zu den Summen, die wir allgemein für gute Zwecke ausgeben, zeigt sich, wie sehr uns der Sinn für Proportionen fehlt.

Die Gemeinschaft des Opus Caritatis Christianae (OCC) möchte einen Weg anbahnen: sie vereinigt Christen, Männer und Frauen, Priester und Laien, die bereit sind, zehn Prozent ihres rohen Einkommens für karitative Werke jeglicher Art zur Verfügung zu stellen und so zu Trägern einer Idee und zu Mitarbeitern an deren Verwirklichung zu werden. Jeder, der bereit ist, diesen Versuch bei sich selber zu machen und die Idee weiterzutragen, kann Mitglied dieser Gemeinschaft werden. Die Bestimmung, zehn Prozent “von seinem rohen Einkommen, das heißt vor allen Abzügen, für die Werke der christlichen Caritas im weitesten Sinn des Wortes zur Verfügung zu stellen, ist deshalb gewählt worden, weil es einen greifbaren Vorschlag zur Verwirklichung der Idee braucht, wenn nicht alles in dervLuft hängen soll. Zudem ist der Zehnte“ biblisch begründet (vgl. Lev 27, 30—32) und bedeutet wenigstens einigermaßen ein Ernstnehmen der tätigen Nächstenliebe, ein Teilen.

Wer beim Gedanken an den Zehnten zuerst zu rechnen beginnt, dem wird unter Umständen die Gabe zu groß und unmöglich vorkommen. Die Entscheidung muß vor allem Rechnen aus echter christlicher Glaubensgesinnung getroffen werden.

Gewiß gibt es viele Christen, die diese Forderung schon längst erfüllen. Es gibt auch solche, die weit darüber hinausgehen. Sie alle gehören dem Geiste nach der Gemeinschaft des OCC an. Wenn sie der leitenden Arbeitsgruppe auch ihren Namen bekanntgeben wollten, würden sie dadurch zu eigentlichen Trägern der Idee. Andere sind im Augenblick wirklich nicht in der Lage, zehn Prozent freizustellen, tun aber ihr möglichstes und streben dieses Ziel in aller Ehrlichkeit an. Auch sie sind in der Gemeinschaft des OCC willkommen. Alle Entscheidungen über das Bemessen des Einkommens und der Gaben sind keiner anderen Kontrolle unterstellt als dem eigenen Gewissen. Über die Verwendung der eigenen Gaben kann jedes Mitglied völlig frei verfügen. Die leitende Arbeitsgruppe nimmt keine Gelder entgegen, führt keine Sammlungen durch, sie gibt aber ab und zu unverbindlich Werke und Intentionen an, die besondere Unterstützung verdienen. Die Namen der Mitglieder werden keiner anderen Organisation oder Person zur Verfügung gestellt. Die oberste Aufsicht über die ideelle und organisatorische Tätigkeit der leitenden Arbeitsgruppe hat die kirchliche Obrigkeit.

Wer sich für die Gemeinschaft des OCC interessiert und an der Verwirklichung dieser Idee mitzuwirken bereit ist, wende sich an die Adresse: OCC, Kollegium Maria Hilf, Schwyz (Schweiz).

Die Loslösung von der Sorge

Dem Willen der neuen Liturgiegestalter entsprechend, sind nahezu alle Heiligen-feste, die in die Fastenzeit fallen, dem Zeitgedanken der Buße und Lebeuser-ueuerung untergeordnet. Das alte Fest des heiligen Josef, das auf den 19. März fällt, macht seines hohen liturgischen Ranges wegen eine Ausnahme. Es verdrängt den Fastentag, Aber gerade seine Gestalt steht ganz iumitten der Fasten. Der Psalm, der sich durch die gesamte Liturgie dieser Wochen zieht, ist der des sich selbst ganz und gar in die Hijinde Gottes gebenden Vertrauens, der neunzigste des Psalters. Auch er hat einen asketischen Sinn. Es ist die Überwindung der ängstlichen Sorge, des Verstricktsehts in die noch so berechtigte Bindung an die Angst- und Trugbilder des immer ungewissen Morgen, die Absage an den tief im modernen Menschen sitzenden Irrglauben, alles „machen“, alles bewältigen, alles arrangieren zu müssen. Etwas einseitig sah man früher Askese nur als Nein zu Lüsten und Genüssen. Die Losschälung von

den heimlich geliebten „Sorgen', vom Be-wufltsein der eigenen Unentbehrlichkeit ist viel schwerer und nötiger. Die Gestalt des Josef ist nur auf den ersten Blick anonym und legendär. Wer sich in sein Leben versenkt, wird immer neue Züge an ihn entdecken. Nicht der geringste ist den des schrankenlosen Gottvertrauens, der Bereitschaft, jedem, aber auch jedem Ruf zu folgen, der aus einer scheinbar so gottge-fälligen, eigettgezimmerteu Ordnung hinausführt: in die gesellschaftliche Fragwürdigkeit eines nicht ganz zweifelsfreien Verlöbnisses, in die Nacht eines politischtn Flüchtlingsdaseins, in die ungesicherte Heimkehr. Keine andere Sicherung hat in diesem Josefsdasein Bestand als das stets wiederholte „Fürchte dich nicht“ des Engels. Josef wird weder ein Prophet noch ein Volksheld, weder ein Schriftgelehrter noch ein Seher. Er bleibt in seinem Durchschnittlichen und wird gerade in dessen Erfüllung würdig, Kind und Gottesmutter zu behüten. Ohne jene Sicherheiten, die wir nicht loslassen wollen.

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