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Lehrer haben keinen Grund zum Feiern
Nur dem Anschein nach haben die Lehrer im „Sparpaket-Match” gegen die Regierung gesiegt.
Nur dem Anschein nach haben die Lehrer im „Sparpaket-Match” gegen die Regierung gesiegt.
Bei genauer Betrachtung fällt auf, daß weniger der Sekt ausgelassener Siegesfeiern als so manche bildungspolitische Sorge die Mägen der Lehrer belastet. Die Lehrerschaft konnte, vertreten durch eine hart verhandelnde Gewerkschaft, wesentliche Spar(?)-Maßnah-men abwehren. So wurde die Verkürzung der Schulstunden von 50 auf 45 Minuten, die eine Erhöhung der Arbeitszeit um zwei Wochen-stunden pro Lehrer bedeutet hätte, und mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst - der die Lehrer angehören - ein Aussetzen des Biennal-Sprunges verhindert. Im Gegenteil, die Beamtengehälter wurden um 2,87 Prozent erhöht. Das wird zwar durch eine Erhöhung des Pensionsbeitrages teils kompensiert, in Summe könnte man aber meinen, sei aus der Sicht der Lehrervertreter alles in Butter. Weit gefehlt!
Helmut Skala, Direktor der Höheren Bundeslehranstalt Baden, war als Koordinator der fünf Lehrer-Gewerkschaftssektionen maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt. Trotz des vordergründigen Erfolges sieht er kaum Grund zum Feiern: „Der Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst bringt im Schulbereich große Probleme. In manchen Schulen unterrichtet in einer Fachgruppe nur ein Lehrer. Geht er in Pension oder wird er krank, kann das Fach nicht mehr gelehrt werden. Das geht so weit, daß Schüler im entsprechenden Fach nicht abgeschlossen werden können. Derzeit sollte das nächste Schuljahr geplant werden. In den Personalabteilungen herrscht aber Chaos. Niemand weiß, welche freien Lehrstellen tatsächlich ausgeschrieben werden können. Vor allem im berufsbildenden Bereich bringt das größte Schwierigkeiten, weil man hier versucht, auch Lehrer aus der Praxis, aus der Wirtschaft, zu engagieren. Die haben aber selbstverständlich Kündigungsfristen einzuhalten, die bald aktuell werden. Ein anderes Beispiel: In meiner Schule organisiert eine Wirtschaftsbeamtin das Mittagessen für etwa 120 Internatsschüler. Sollte der Vertrag mit ihr nicht verlängert werden können, muß ich den Mittagstisch einstellen.”
Oft sind es Schlüsselpositionen, die aufgrund der Aufnahmesperre nicht nachbesetzt werden. Daß ausgeschiedene Schulwarte durch private Beinigungsdienste ersetzt werden, ist meist nicht sinnvoll. Skala: „Der Dienstpostenplan erhält auf diese Weise zwar eine Frisur, aber in Summe sind Fremdreinigungen keineswegs billig. Außerdem fühlt sich ein Schulwart verantwortlich für ,seine' Klassenräume. Er wird Schüler, die mit schmutzigen Schuhen Wände bearbeiten, zur Bede stellen. Das ist von einer schulfremden Firma nicht zu erwarten.”
Ein weiterer Wermutstropfen: die Einschränkung der Frei-gegenstände. Skala: „Vor allem den Schülern wird das weh tun. Es ist pädagogisch bedauerlich, sollte zum Beispiel in einer HTL die soziale Komponente eines Schülerorchesters nicht mehr möglich sein.”
Empfehlungen hat Helmut Skala für Unterrichtsminister Erhard Bu-sek parat: „Er könnte als progressiver Minister in die Geschichte eingehen, wenn er die Schule in Buhe, arbeiten ließe. Diskussionen über kurzatmige Beformen wie eine neue Ferialordnung oder ein absolutes Bauchverbot im ganzen Schulbereich, auch für Gäste, sind derzeit sicher nicht sinnvoll. Der Minister sollte sich von Beratern nicht in Situationen jagen lassen, die dann Prestigeangelegenheiten werden - wie die 45-Minuten-Stunde. Solche Themen müssen vorher im Fachbereich diskutiert werden, wobei die Gewerkschaft immer gesprächsbereit ist. Solche Ideen sollten den Lehrern nicht über die „Krone” mitgeteilt werden ...”
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