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Lehrerbildung in Europa

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Die Volksschullehrerbildung steht bekanntlich in unserem Staate vor dem Beginn eines neuen Abschnittes ihrer bisher mitunter recht bewegten Geschichte. Gemäß dem Schulorganisationsgesetz vom Jahre 1962 werden für sie ab dem Studienjahr 1968/69 — dem Vernehmen nach in Wien be reits ab Herbst dieses Jahres — sogenannte „Pädagogische Akademien“ eingerichtet. Das Studium an diesen wird vier Semester dauern. Aufnahmevoraussetzung ist die erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung eines „Musisch-pädagogischen Realgymnasiums“ oder einer sonstigen höheren Schule.

Diese Regelungen sind bekannt. An der äußeren und vor allem inneren, den Lehrplan und das Schul- und Arbeitsleben betreffenden Organisation der künftigen Akademien arbeitet im Schoße des Unterrichtsministeriums ein Fachausschuß, dem hohe Ministerialbeamte, Landesschulinspektoren und Professoren der Lehrerbildungsanstalten — jedoch keine Universitätspädagogen! — angehören.

Im gegenwärtigen Zeitpunkt ist es besonders interessant, ja fast nötig, von dem österreichischen Vorhaben und Vorgehen den Blick über die Grenzen zu erheben und zu versuchen festzustellen, was in anderen Staaten Europas hinsichtlich einer Neuordnung der Volksschullehrerbildung (im folgenden kurz Lehrerbildung genannt) geplant, in Angriff genommen oder auch schon durchgeführt ist.

In der wissenschaftlichen Pädagogik findet in zunehmendem Maß ein Teilbereich Beachtung, für den sich die Bezeichnung „Comparative Education“ eingebürgert hat. Nun maßt sich dieser Aufsatz nicht an, einen Beitrag zur „Vergleichenden Erziehungswissenschaft“ zu leisten, die ja gerade von Österreich nach dem Krieg durch die Wirksamkeit von Friedrich Schneider, dem Begründer des „Institutes für Vergleichende Erziehungswissenschaft“ in Salzburg und Nestor der katholischen Universitätspädagogen des deutschen Sprachraums, wirksamste Impulse erhalten hat, derzeit allerdings m. W. nicht zum engeren Arbeitsgebiet eines österreichischen Pädagogen innerhalb und außerhalb der Universität gehört. Diese „Vergleichende Erziehungswissenschaft“ vermag jedoch auch in einer einfacheren Darstellung, rein informativ, aus ihrer Sicht heraus erstens festzustellen, ob und wo bestimmte ähnliche Überlegungen zu einer Frage der inneren oder äußeren Schulerneuerung bestehen. Sie ist weiters in der Lage, an Hand des Vergleiches zu überprüfen und not-

falls zu korrigieren. Sie kann ferner eine gewisse Hilfestellung bei Voraussichten und Vorplanungen gewähren, selbst unter dem Gesichtspunkt, daß man in Fehler, die anderswo begangen wurden und für die vielleicht dort Lehrgeld bezahlt werden mußte, nicht erst verfällt. Sie gibt schließlich Gewähr, daß es sich bei der Verfolgung eines neuen Gedankens nicht bloß um ein vorschnelles Aufgreifen einer Modeströmung handelt.

Am Beispiel Deutschland

Für die Neuordnung einer so diffizilen Frage, wie es die der Lehrerbildung ist, gilt dies alles erst recht. Doch nur in wenigen Zügen und in einer Beschränkung auf das Äußere soll hier in solcher methodologischen Anlegung die Ausbildung der Volksschullehrer in verschiedenen Staaten beleuchtet werden. Der Verfasser ist sich dabei, wenn er auf den Inhalt dieser Lehrerbildung nicht eingeht, vollkommen des Umstandes bewußt, daß mit dem Feststellen etwa einer verlängerten Ausbildungsdauer oder einer gegenüber dem vorhergehenden Zustand gehobenen Vorbildung bei weitem noch nicht alles über den tatsächlichen Fortschritt gesagt ist.

Am bekanntesten sind in Österreich die Neuordnungen auf dem Gebiete der Lehrerbildung in der Bundesrepublik Deutschland. Hier bestehen nunmehr in allen Ländern Pädagogische Hochschulen. Eine

Ausnahme bildet der Stadtstaat Hamburg, wo die gesamte Lehrerbildung am gut ausgestatteten und eine gewisse Selbständigkeit besitzenden Pädagogischen Institut der Universität erfolgt. Um an den Pädagogischen Hochschulen zugelassen zu werden, ist der Besitz des Reifezeugnisses einer höheren Schule unerläßlich. Begabtenprüfungen und dergleichen mit der Möglichkeit der Zulassung sind jedoch gang und gäbe. Ausgesprochene Zubringerschulen, ähnlich unseren „Musischpädagogischen Realgymnasien“ — die daher in der BRD stark beachtet werden und die zu kopieren in einem Land man sich anschickt — bestehen nicht. Das Studium kann im allgemeinen in sechs Semester absolviert werden.

Wurde in der Bundesrepublik Deutschland der Übergang zur hoch- schulmäßigen Lehrerbildung nunmehr überall vollzogen, so verbleibt im Gegensatz dazu die Schweiz in den meisten ihrer Kantone vorläufig noch bei den vier oder fünf Jahrgänge umfassenden „Lehrerseminaren“, die unseren auslaufenden Lehrerbildungsanstalten entsprechen. Maturanten besuchen einen zwei- bis dreijährigen Kurs. Ausnahmen bilden die Kantone Basel-Stadt und Genf mit einem hochschulmäßigen Ausbildungsgang, aufbauend auf der Maturität. Zürich hält mit der Gliederung seiner kantonalen Lehrerbildungsanstalt in ein an das 9. Schuljahr anschließendes Unterseminar, das in vier Jahren die allgemeine Bildung vermittelt, und ein darauf aufbauendes, selbständiges, zweisemestriges, berufsbildendes Oberseminar einen Mittelweg ein.

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