„Leidensdruck ist groß genug“

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Wiener Betriebe sind unzufrieden: Knapp 70 Prozent der Unternehmen klagen darüber, geeignete, also gut qualifizierte, Lehrlinge zu finden, um in ihren Betrieben auszubilden. So die wesentliche Aussage einer jüngsten Studie der Wirtschaftskammer Wien. Seit Jahren gehe das Niveau der Pflichtschulabsolventen zurück, so die Erfahrung der befragten 300 Wiener Betriebe. Besonders der Mangel an mathematischen Kenntnissen wird beklagt. Dieses Problem wurde von Vertretern der Wirtschaft schon öfter formuliert. Doch nun sei der Leidensdruck groß genug geworden, es müsse sich etwas bewegen, sagt daher Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien, im FURCHE-Gespräch (Bild). Für Jank ist klar: „Es muss sichergestellt sein, dass Schulabgänger einen Mindestbildungsstandard aufweisen.“ Betriebe müssten sich darauf verlassen können, dass Pflichtschulabsolventen mit positivem Zeugnis bestimmte Qualifikationen aufweisen. Es sei unzumutbar für Betriebe, Basiskenntnisse, die in der Schule nicht gelernt wurden, nachzuholen.

Es gibt zwar bereits seit dem Schuljahr 2008/2009 Bildungsstandards für die vierte und achte Schulstufe. Offenbar zeigen sich konkrete Auswirkungen auf die Leistungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler noch nicht.

„Es muss sich mehr im Bereich Schule bewegen“

Jank will zwar keine Noten für die aktuelle Bildungspolitik von Ministerin Claudia Schmied abgeben, doch dass sich mehr im Bereich Schule bewegen müsse, macht sie mehr als deutlich – angefangen von einer Stärkung der Schulautonomie bis hin zu flächendeckenden ganztägigen Schulformen und der dazugehörigen Infrastruktur, also geräumigerer Schulgebäude. Auch die schulische Vorbereitung auf den Beruf müsse gestärkt werden, sagt Jank.

„Es ist wichtig, dass sich alle Verantwortlichen zusammensetzen und Sachthemen angehen“, sagt die ÖVP-Politikerin auf die Frage, ob nicht ihre Partei in bildungspolitischen Themen auf der Bremse stehe. Wichtig ist laut Jank ein breites und differenziertes Angebot, so ihre Absage an ein Gesamtschulmodell für alle Kinder.

Auf die „Früchte“ einer umfassenden Bildungsreform können die Betriebe aber nicht warten: Es müsse vor allem auch für jene Pflichtschulabsolventen etwas getan werden, die jetzt Probleme hätten, mangels guter Schulausbildung einen Lehrstellen-Betrieb zu finden, betont Brigitte Jank. Um gute Modelle zu finden, hat die Wirtschaftskammer Wien Fachleute wie den dänischen Experten Hans Henrik Knoop nach Wien eingeladen, der sich mit dem Thema Nachqualifizierung von Jugendlichen beschäftigt. Knoops nicht unbekannter Grundansatz: „Ein interessantes und kurzweiliges Umfeld ist Voraussetzung für effizientes Lernen. Oft wird noch immer unterrichtet wie vor 100 Jahren.“ (bog)

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