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Besserstellung geschiedener Frauen führen und ist somit aus demographischer Sicht vor allem eine Anpassung an geänderte Wirklichkeiten: da die Scheidungsraten unverändert hoch liegen (zur Zeit wird etwa jede dritte Ehe geschieden) und in Zukunft wahrscheinlich noch weiter ansteigen werden, wird sich die Zahl älterer geschiedener Frauen (über 60 Jahre) bis zum Jahr 2030 zumindest verdreifachen. Pensionssplitting könnte jedoch zu einer Besserstellung aller Frauen führen, wenn es nicht auf den Fall eines Scheiterns der Ehe beschränkt bleibt.

Pensionssplitting nicht nur bei Scheidung

Versorgungsausgleich zwischen Lebenspartnern auch bei aufrechter Gemeinschaft ist ein weit kontroversiel-lerer Vorschlag, der gerne als reaktionär abgetan wird, in Wahrheit aber viel modernes und liberales Gedankengut in sich birgt. Dahinter steht das Ziel, die ökonomische - und somit auch die soziale - Stellung von Frauen in der Familie und in der Gesellschaft zu stärken und insbesondere Nachteile, die durch die Kindererziehung entstehen, zu kompensieren. Pensionssplitting bei aufrechter Partnerschaft funktioniert technisch genauso wie nach einer Ehescheidung: bei der Berechnung der Pensionsansprüche werden einfach Erwerbszeiten und Einkommen beider Partner addiert und halbiert. Pensionssplitting wäre somit ein wichtiges Element bei der Schaffung ausreichender, eigenständiger Pensionen für alle Frauen beziehungsweise bei der Abschaffung der entwürdigenden Witwenpensionen (die außerdem einen nicht zu rechtfertigenden Unterschied zwischen verwitweten und geschiedenen Frauen machen).

Weitere Elemente einer solchen Frauenpolitik wären die Förderung von Frauenerwerbstätigkeit, insbesondere die Schaffung von flexiblen Teilzeitarbeitsplätzen, und eine weiter verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten (die im obigen Beispiel auch dem Vater zugute käme). Steigende Frauenerwerbsquoten machen den hier vorgeschlagenen Versorgungsausgleich nicht obsolet -überhaupt dann, wenn das durchschnittliche Einkommen von Frauen signifikant niedriger ist als jenes der Männer -, sondern erleichtern die Einführung dieser Begelung.

Das Bekenntnis zum Versorgungsausgleich (auch bei aufrechter Partnerschaft) ist ein Bekenntnis zur Gleichberechtigung der Geschlechter. Es handelt sich um einen wichtigen Schritt hin zu einer modernen, liberalen Gesellschaft. Die Liberalität dieser Begelung könnte dadurch sichtbar gemacht werden, daß Versorgungsausgleich bei aufrechter Partnerschaft - im Gegensatz zum oben diskutierten verpflichtenden Pensionssplitting nach einer Trennung -eine freiwillige Option sein könnte.

Die jüngste Pensionsreform in Schweden sieht genau dieses freiwillige Pensionssplitting auch ohne Ehescheidung vor. Freiwillig sollte hier bedeuten, daß man sich ausdrücklich gegen einen Versorgungsausgleich aussprechen muß, wenn dies von beiden Partnern so gewünscht wird. Erst dadurch kann die Stellung benachteiligter Frauen wirklich verbessert werden. Freiwilliges Pensionssplitting könnte schließlich von der Form der gewählten Partnerschaft - Ehe oder Lebensgemeinschaft - völlig unabhängig sein.

Der Autor ist

wissenschaftlicher Mitarbeiter am Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung in Wien.

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