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Manager oder Spitzenbeamte?

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Die „Gehaltspyramide" berücksichtigt nicht die unterschiedlichen Anforderungen an die jeweilige politische Funktion. Eine Bewertung der konkreten Aufgaben wie sie für Bundesbeamte vorgesehen ist, böte sich als sinnvolle Lösung auch für die Politikerbezüge an.

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Die „Gehaltspyramide" berücksichtigt nicht die unterschiedlichen Anforderungen an die jeweilige politische Funktion. Eine Bewertung der konkreten Aufgaben wie sie für Bundesbeamte vorgesehen ist, böte sich als sinnvolle Lösung auch für die Politikerbezüge an.

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Vorweg: Auch wenn die Experten der Kommission für ihre Tätigkeit keine Entschädigung erhalten haben, ist ihre Arbeit ohne Zweifel verdienstvoll. Die dem Vorschlag vorangegangene Erhebung der Sachlage zeigt erst den Umfang der Unterschiede und Ungereimtheiten auf. Der Versuch einer Abstimmung des Einsatzes der öffentlichen Gelder für die Arbeit von Politikern nach einem einheitlichen System ist jedenfalls Ansatz für die laufende, wertvolle Diskussion.

Die bisherige Pensionsregelung, die nach verhältnismäßig kurzer Zeit den Politikern einen hohen Pensionsanspruch vermittelte, soll nach den Vorstellungen der Kommission "durch eine „ASVG-Lösung" ersetzt werden. Der Politiker-Rezug soll für die Pension nur im Bahmen des Bemessungszeitraumes berücksichtigt werden. Abfertigungen, die zum Teil auch beim Wechsel der politischen Funktion anfielen und die bereits seit Jahren für berechtigten Unmut in der Bevölkerung sorgten (diese Ansprüche wurden bereits mit Novellen verringert), sollen überhaupt beseitigt werden. Gleiches soll für die in i ihrem Wert beziehungsweise in den Kosten wenig transparenten Nebenleistungen wie private Nutzung des Dienstwagens (mit Chauffeur), der Dienstwohnung und dergleichen mehr gelten.

Trotzdem verwundert, daß der Erhebung des Istzustandes durch die Expertenkommission weder eine Darstellung der Entwicklung der Politikerbezüge noch ein internationaler Methoden- und Betragsvergleich hinzugefügt ist. Ist der internationale Vergleich unterblieben, weil die Höhe der Bezüge nicht zu einem Kleinstaat, der zusätzlich noch einen guten Teil seiner politischen Gestaltungsmöglichkeit nach Brüssel abgegeben hat, paßt?

Historisch gesehen sind die Bezüge der Politiker, die als Verwaltungsorgane tätig werden, immer in Beziehung zu den Beamtengehältern gesehen worden. Bei den Abgeordneten gab es früher überhaupt nur eine Art Aufwandsentschädigung. Sowohl Politiker als auch Beamte haben jedenfalls öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Ihre Leistungen sind vom Gedanken der Kompetenz geprägt; eine konkrete Auswahl zwischen verschiedenen Angeboten am Markt ist dem Staatsbürger - abgesehen von in größeren Zeitabständen erfolgenden Wahlen zwischen verschiedenen politischen Parteien - nicht möglich.

Aus gutem Grunde werden daher für beide Gruppen der mit öffentlichen Aufgaben betrauten Personen die Gehaltsansätze in Gesetzen festgelegt, um dem fehlenden Begulativ des Marktes zumindest mit der Transparenz des Gesetzes zu begegnen. Früher waren die Bezüge der Begierungsmitglieder nicht nur nach komplizierten Berechnungen aus dem Gesetz zu entnehmen, sondern mit denen der nach Bangklassen gegliederten Beamten sogar im Amtskalender veröffentlicht.

Die von der Expertenkommission dem entgegen gewählte Ableitung der Höhe der Politikerbezüge und von deren Verhältnis zueinander aus fiktiven Bezugsrelationen der „Manager in der Privatwirtschaft" überzeugt kaum. Vor allem verwundert diese Ableitung und die Aufgabe der Beziehungen zu den Beamtengehältern, wenn man die vielfach gleichgelagerten Aufgaben und die Neuregelung der Beamtenbesoldung bedenkt. Ist doch erst 1994 nach Einsatz eines internationalen Beratungsunternehmens und umfangreichen Vorarbeiten ein neues, leistungsgerechtes Besoldungsrecht für die Bundesbeamten vom Gesetzgeber beschlossen worden. Nach diesem sind für die Höhe der (im Verhältnis zur Privatwirtschaft ohnehin eher* bescheidenen) \ Beamtengehälter das zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben erforderliche Wissen, die damit verbundene Verantwortung und die erforderliche Denkleistung maßgebend. Gründe der Objektivität würden doch für die Heranziehung dieses Systems auch für die Politikerbezüge sprechen. Wenn in einem Bessort beginnend vom Amts-wart bis zum Sektionschef alle Beamtenposten bewertet worden sind, wäre es doch nur konsequent, auch den obersten Posten zu bewerten. Hiebei sind die zu besorgenden Aufgaben und nicht die Inhaber beziehungsweise die von diesen erbrachten Leistungen zu bewerten. Da also der Posten maßgebend ist, dürften auch keine besonderen Probleme im Hinblick auf die in einer demokratischen Bepublik gebotene weitere, nicht von spezifischen Vorstudien oder ähnlichem abhängige "Zugangsmöglichkeit zu solchen politischen Funktionen zu befürchten sein.

Wenn also 100.000 Bundesbeamtenposten mit großem Aufwand bewertet worden sind, müßte doch auch der Aufwand vertretbar sein, die Politikerposten in gleicher oder ähnlicher Weise sinnvoll zu bewerten. Mit einer solchen individuellen Bewertung könnten jedenfalls eine Menge der bereits in der öffentlichen Diskussion gegen die „Einkommenspyramide" vorgebrachten Bedenken entkräftet werden. Völlig zu Becht ist für die Besoldung der Beamten im Besoldungsreformgesetz nicht mehr der Titel entscheidend, sondern die am Arbeitsplatz zu besorgende Aufgabe.

Bezogen auf die Ebene der Bundesmi-nister(innen) fallen jedenfalls im Verantwortungsbereich aber auch in der Breite der zu besorgenden Aufgaben deutliche Unterschiede auf. Steht dem Leiter des riesigen und einflußreichen Bundesministeriums für Finanzen, dem vor kurzem noch ein Gutteil der Kompetenzen für die Post vom Bundesministerium für Verkehr zugeschlagen wurde, und der eine Koordinations- und Mitwirkungsbefugnis für den Budgetvollzug in allen Bessorts hat, wirklich gleich viel an Besoldung wie der Leiterin des Frauenressorts, die über kaum mehr als ein größeres Sekretariat und einige Millionen Schilling verfügen kann, zu? Die Unterschiede zwischen den Bürgermeistern der Landeshauptstädte sind schon groß (man denke an Graz oder Linz im Verhältnis zu Eisenstadt

und Bregenz); wie kommen aber die Bürgermeister der Städte mit eigenem Statut, die im wesentlichen die gleichen Kompetenzen haben, wie ihre Kollegen in den Landeshauptstädten, dazu, von vornherein in eine schlechtere Gruppe eingeteilt zu werden? Alle diese Probleme könnten bei der Heranziehung einer dem Besoldungsreformgesetz in etwa entsprechenden Bewertungsmethode vermieden werden.

Eine von der Expertenkommission aufgezeigte Gefahr bei der Weiterführung der Politikerbezüge gemeinsam mit den Beamtenbezügen muß aber noch ausgeräumt werden. Die Expertenkommission selbst führt aus, die Koppelung der Anhebung der Bezüge für Politiker an die Gehaltserhöhungen für Beamte sei dem Vorwurf ausgesetzt, die Politiker würden im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die Gehaltserhöhungen der Beamten beziehungsweise mit der Beschlußfassung darüber ihren eigenen Vorteil suchen und seien daher „an moderaten, steuerschonenden Gehaltsabschlüssen gar nicht wirklich interessiert". Die Kommission schlägt daher vor, die Anpassung der Politikerbezüge künftig am „Tariflohnindex der Gesamtwirtschaft" zu orientieren.

Da aber die Beamtengehälter - zumindest in der jüngeren Vergangenheit-deutlich weniger gestiegen sind als der Tariflohnindex der Privatwirtschaft, kann diese Überlegung so wohl kaum zutreffend sein.

Eine Begelung, die - bemüht um eine gerechte Bewertung der Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Beamte - nach umfangreichen Vorarbeiten durch die Bundesregierung vom Gesetzgeber beschlossen worden ist, müßte doch auch für die Politiker zu mehr Objektivität führen. Die vorgeschlagene „Einkommenspyramide" ist dagegen im wesentlichen an der Äußerlichkeit der Funktion orientiert. Vor dem Hintergrund der Besoldungsrechtsentwicklung bei den Bundesbeamten knüpft die von der Kommission vorgeschlagene Begelung an zeitlich überholte Modelle an. Maßgebend sollte doch nicht der äußere Anschein der Funktion, der Titel sein, sondern der inhaltliche Wert der Tätigkeit.

Das was für die Beamten recht ist, müßte doch auch für die Politiker im Hinblick auf die im wesentlichen gleiche Aufgabenstellung billig sein. Der Autor ist

Hofrat am Verwaltungsgerichtshof. \

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