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Als im Parlament am 21. Juni 1950 die erste Erhöhung des Kunstförderungsbeitrages beschlossen wurde, sprach der Berichterstatter, der Abgeordnete Maurer, von einer Ehrenpflicht des österreichischen Volkes, seinen in Not geratenen kulturellen Institutionen von Weltruf sowie seinen oft mit großen mateniallen Schwierigkeiten kämpfenden Wissenschaftlern, Gelehrten, Dichtern und Komponisten unter die Arme zu greifen. Die langen Jahre wirtschaftlichen Wohlstandes haben einige Vorzugsschüler der Uberflußgesell- echaft dazu veranlaßt, eine geringfügige Erhöhung des Kunstförderungsbeitrages im Jahre 1968 vehement zu bekämpfen und als ungerechtfertigt zu bezeichnen. Einige Tage vor dem Sonderprogramm des Generalintendanten Bacher „als Kulturredner“, welches zwischen „Bernstein“ und „Orsolics“ zum Mißvergnügen der Fernseher gesendet wurde, fand es der österreichische Rundfunk für angebracht, den kürzlich unternommenen Schritt des Unterichtsministers im Interesse einer verstärkten Kunstförderung als „unsachlich“ zu deklarieren.

Nach der Rundfunkreform im Jahre 1966 haben einsichtige Mitbürger Verständnis dafür aufgebracht, daß das .größte österreichische Kulturinstitut“ — der österreichische Rundfunk — nicht mit der 1950 festgesetzten Gebühr noch das Auslangen finden kann. Von dem gleichen Gesichtspunkt war auch der Unterrichtsminister Dr. Piffl-Percevic ausgegangen, als er jetzt im Ministerrat eine Erhöhung des bisher 7 Schilling betragenden Kunstförderungsbeitrages der Rundfunikhörer auf 20 Schilling im Jahr beantragte. Somit ergibt sich eine tatsächliche Erhöhung für den einzelnen Radiohörer von 13 Schilling im Jahr oder von 1 Schilling pro Monat.

Rettung vor der Budgetkürzung

Was man im Jahre 1945 und wahrscheinlich noch eher im Jahre 1946 als Ehrenpflicht aufgefaßt hat, ist heute leider nur noch eine lästige neuerliche Erhöhung einer Gebühr.

Man kann natürlich den Standpunkt vertreten, für die Aufgaben der Kunstförderung sind nun eigentlich die österreichischen Bundesländer nach der Bundesverfassung berufen. Ein solcher Gesichtspunkt wäre aber wohl im Zeitalter einer Weltkultur provinzieller als je zuvor. Auch im Jahre 1950 hat man nämlich keinen Moment gezögert, die Verwaltung des zusätzlich zum Budget des Bundes aufgebrachten Kunstförderungsbeitrages dem Bundesministerium für Unterricht zu übertragen, welches den regionalen Cliquen und Interessengruppen auf dem Kunstgebiet eher entzogen ist, als Bundesländer oder gar Gemeinden. Man könnte auch der Ansicht sein, daß der Bund — falls er schon Kunstförderung betreibt — diese Beträge doch eigentlich aus dem ordentlichen Bundesbudget zu nehmen hätte. Wie wenig realistisch dieser Standpunkt gerade in der jetzigen Finanzsituation des Bundes aber ist, zeigt sich deutlich aus den Budgetvorschauen des Bundesministeriums für Finanzen. Bei den Kunst- förderungsgeldem handelt es sich durchwegs um Förderungsmittel, die nicht auf Grund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung des Bundes gegeben, sondern die vielmehr vom Bund freiwillig den Künstlern und Kunstinstitutionen zur Verfügung gestellt werden. Man wird vom Finanzstandpunkt verstehen, daß diese Beträge als erste im Falle einer Kürzung dem Stift des Finanzministers zum Opfer fallen.

Gespaltene SPÖ

Im Jahre 1950 wurde die damalige Erhöhung des Kunstförderungsbeitrages mit den Stimmen aller Parteien, sogar der damals noch im Parlament vertretenen Kommunisten, beschlossen. Der damalige sozialistische Wiener Stadtschulratspräsident und Abgeordneter Doktor Zechmer erwähnte als Sprecher seiner Partei in diesem Zusammenhang: „Ganz besonders hat uns aber der Umstand, daß nun dem Sport so außerordentlich große Beträge zur Verfügung stehen, bewogen, für die Erhöhung des Kunstförderungsbeitrages zu stimmen. Aus dem Spart- toto allein erhält der Sport 30 Millionen. Da mußten sich die, die auf dem Kultursektor tätig sind, doch sagen: Alles, was möglich ist, muß geschehen, damit auch dem Kultursektor mehr Geld zufließt. Wenn das nicht budgetmäßig im nötigen Ausmaß geschehen kann, so sind wir froh, daß hier wiederum zwei Millionen Zuwachsen.“

Das Interesse der SPÖ für die Kunst und Kultur dürfte sich in den letzten Jahren zugunsten des Sportes verschoben haben. Während sich der Obmann der SPÖ, Dr. Kreisky, zum Vorsitzenden des Sportbeirates der SPÖ bestellen ließ, hat seine Partei für die Kunstförderung mit Ausnahme der von der SPÖ mehrheitlich verwalteten Gemeinde Wien nicht sehr viel übrig. Als zum Beispiel am Beginn dieses Jahres die teilweise Freigabe des Eventualbudgets zur Debatte stand, fand es die große Oppositionspartei für angebracht, gegen die Freigabe der Mittel, die für die Kunstförderung vorgesehen waren, zu stimmen. Aber auch die amtsführende Stadträtin für Kultur in Wien, Frau Gertrude Sandner, soll mit der Politik ihrer eigenen Partei auf dem Gebiet der Kunst und Wissenschaft nicht sehr einverstanden sein. So hat sie zum Beispiel erst kürzlich eine Diskussion des Akademikerbundes über das Thema „Wien als Hochschulstadt“ angeblich deshalb nicht besucht.

So blieb es daher dem Rundfunk Vorbehalten, die Kritik gegen das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1968 gemeinsam mit der „Kronenzeitung“ zu führen. Während bisher 13,5 Millionen Schilling aus dem Kunstförderungsbeitrag neben den Budgetansätzen für Kunstförderung dem Unterrichtsministerium zugeflossen sind (im Budget 1968 13,8 Millionen Schilling — 1,5 Millionen Schilling betragen außerdem die Einhebungskosten), sollen in Zukunft rund 40 Millionen Schilling für Kunstförderung bereitstehen. Dies ergibt einen Mehrbetrag von 26,5 Millionen Schilling, der den Kunstakademien, Kunstschulen, der Literaturförderung, der bildenden Kirnst, der Förderung der Musik etc. zufließen soll.

Ob die bisherige Verteilung der Mittel vom Unterrichtsministerium unter Beratung der Bundesländer — es gibt einen eigenen Beirat — immer glücklich gewesen 1st, wäre einer eigenen Untersuchung vorzubehalten. Daß Österreichs Kultur und Kunst die zusätzlichen Geldmittel dringend benötigt, müßte aber eigentlich so wie im Jahre 1950 für alle österreichischen Parteien und auch für die Rundfunk Ges. m. b. H. außer Frage stehen.

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