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Mehr Geld für Hochschulen und Wissenschaft

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Seit Semesterbeginn mischen sich in die Debatte über die Notlage der Wissenschaft und der Hochschulen neue, schärfere Akzente. Der jüngst entfachte Streit über die Neufestsetzung der Hochschulgebühren geht ja nicht nur die unmittelbar beteiligten Kreise des Staates und der Hochschulen an. Viele hundert Studenten und Eltern sind in diesen Tagen voll Sorge darüber, ob es ihnen auch unter den geänderten Verhältnissen noch möglich sein wird, das begonnene Studium fortzusetzen beziehungsweise die Kinder ins Studium zu schicken.

Nicht ohne Bitternis werden dabei die Fragen gestellt: Mußte es zu einer solchen Maßnahme der Unterrichtsverwaltung kommen? Gibt es keinen andereh Ausweg aus ler allgemein bekannten Notlage der Hochschulen? Werden die erwarteten Neueinnahmen wirklich den

Hochschulen und den Hochschullehrern zufließen oder wird sie der Staat unter irgendeinem Titel inkamerieren?

Seit 25 Jahren werden in Österreich die Hochschulgebühren nach denselben unveränderten Sätzen eingehoben. Wie einst im Jahre 1926 zahlt man noch immer 1 Schilling für die Wochenstunde pro Semester, freilich ist das kein Alpendollar mehr. Der Prüfer bei der rechtshistorischen Staatsprüfung erhält von der Taxe des Kandidaten 4.25 Schilling, der Prüfer beim medizinischen Rigorosum 6 oder 8 Schilling.

War schon vor 1938 das außergewöhnlich billige Hochschulstudium in Österreich ein sehr wirksames Anziehungsmoment für viele minderbemittelte Studierende aus dem Ausland (zu tausenden hat damals die Intelligenz der heutigen Volksdemokratien des Ostens die Hochschulbildung in Österreich um billiges Geld erworben), dann trifft dies erst recht unter den heutigen Verhältnissen zu, obwohl für Ausländer die Gebühren dreimal so hoch sind wie für Inländer.

Ein Vierteljahrhundert mit manchen tiefgehenden Veränderungen ist vorüber- gdgangen, es gab Lohn- und Preisabkommen — aber die Hochschulgebühren blieben konstant. Österreich hat damit seiner akademischen Jugend und vor

allem den Ärmsten, den Heimkehrern aus dem Kriege und den Opfern des vergangenen Regimes, ein Gutes erwiesen.

Aber all das ging nicht ohne schwere Einbußen ab. Die meisten Hochschulgebühren stellen entweder einen Teil der Einkünfte der Hochschullehrer (Kollegien- geld, Prüfungstaxen) oder aber Einnahmen der Hochschulen dar (Aufwandsbeitrag, Laboratoriumstaxen), die von den Hochschulen verwaltet werHen imrl an Ort

Hochschulen verwaltet werden und an Ort und Stelle zur Bestreitung des Sachaufwandes der Hochschulen und ihrer Institute dienen. Nicht erst heutzutage, seit Jahren schon ist das Aufkommen an Hochschulgebühren völlig unzureichend geworden. Daraus erklärt sich zum Teil die prekäre Situation der Hochschulen.

An dieser Stelle ist zumeist davon die Rede, daß im Staatshaushalt die Hochschulen in jüngster Zeit viel schlechter wegkommen als etwa vor 1938. Dagegen sind einige wesentliche Einwände zu machen. Im Jahre 1938 haben die österreichischen Hochschulen 1,5 Mill. Schilling an Aufwandsbeiträgen und Laboratoriumstaxen vereinnahmt und für den akademischen Lehrbetrieb ausgegeben. Der Staat hatte für diese Zwecke einen Zuschuß von 1,8 Mill. Schilling zu leisten, also um rund 20 Prozent mehr. In diesem Jahr 1952 werden die Hochschulen imstande sein, 2,1 Mill. Schilling aus eigenen Einnahmen für die Bestreitung der Unter- richtserfordemisse zu leisten; der Staat wird aber 18,5 Mill. Schilling als Zuschuß geben müssen, also das Neunfache. Bei den Bibliotheken der Hochschulen sind die eigenen Einnahmen seit 1938 auf ein Viertel gesunken, der Zuschuß des Staates übersteigt heuer schon das Vierzigfache des Vorkriegsbetrages.

Bei solchen bedeutenden Ausfällen konnte auf die Dauer ein Ausgleich in den zwar von Jahr zu Jahr aufgebesserten, zuletzt aber doch hinter den Bedürfnissen der Hochschulen zurückbleibenden Budgetansätzen nicht mehr gefunden werden. Damit war die Erhöhung der Hochschulgebühren zuletzt unvermeidbar geworden.

Bei den ins Auge gefaßten Maßnahmen war zunächst der Umstand zu berücksichtigen, daß in der Frage der Hochschulgebühren die Erwartungen der Hochschullehrer und die Willensrichtung der Hochschüler unter 180 Grad divergieren. Dazwischen eine Resultierende festzulegen, das bedeutet in jedem Fall die Ver- grämung beider Teile.

Die vom Unterrichtsministerium gedachte Regelung sieht die eventuelle Erhöhung der Matrikeltaxe und des Aufwandsbeitrages auf das Dreifache, die der Laboratoriumstaxen und der Prüfungstaxen auf das Dreieinhalb- bis Vierfache vor. Maßstab war dabei die Erwägung, daß die Prüfungstaxen, also ein Einkommensteil der Hochschullehrer, in einem Ausmaße erhöht werden sollten, das in etwa der Erhöhung der Gehälter und Löhne seit 1946 entspricht. Die Laboratoriumstaxen werden freilich auch nach der Erhöhung noch nicht ausreichen, um die tatsächlichen Kosten zu decken, mit anderen Worten: die Frage der höheren Dotation der Institute steht damit wieder zur Debatte.

Neben all dem steht die Sorge um den Schutz der förderungswürdigen und unterstützungsbedürftigen Hochschüler. Zugleich mit den neuen Bestimmungen über die Höhe der Hochschulgebühren müssen die Vorschriften betreffs der Gebührenermäßigung, die im Falle der Bedürftigkeit gewährt werden soll, vorbereitet werden. Der „österreichischen Hochschülerschaft" ist auch in diesem Falle Gelegenheit geboten worden, zu dem

Verordnungsentwurf Stellung zu nehmen. Für die Übergangszeit sind solche Maßnahmen vorbereitet, daß jedenfalls keine Benachteiligung der Hochschüler zu befürchten ist.

Bei der Ausarbeitung des Entwurfes der künftigen Vorschriften für die Ermäßigung der Hochschulgebühren war der Grundsatz maßgebend, daß bedürftigen Hochschülern nur eine sehr geringfügige unvermeidbare Mehrbelastung zugemutet werden soll. In solchen berücksichtigungswürdigen Fällen ist auch die Vergebung von Stipendien aus staatlichen Mitteln vorgesehen. Bei diesen Stipendien handelt es sich um eine Einrichtung, die es vor 1938 nicht gegeben hat und für die seit 1948 in jedem Rechnungsjahr mehr Mittel im Staatshaushalt bereitgestellt worden sind.

Auch nach dem Inkrafttreten der neuen Hochschulgebühren werden die Kosten des Hochschulstudiums in Österreich um ein Beträchtliches unter den Vergleichs-

zahlen der meisten europäischen Staaten liegen. Das bedeutet freilich, daß von Staats wegen noch ein übriges zu tun bleibt, um die österreichischen Hochschulen und ihre Professoren in die Lage zu versetzen, den von Grund auf gewandelten Anforderungen des heutigen akademischen Lehrbetriebes gerecht zu werden. Darüber wird wohl die Debatte in den bevorstehenden Verhandlungen über das Budget des Jahres 1953 eröffnet werden. —z

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