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Moderne Kommunalpolitik braucht Management-Methoden

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Von Bürgermeistern und Gemeindeverwaltungen sind heute vor allem Managerqualitäten gefordert.

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Von Bürgermeistern und Gemeindeverwaltungen sind heute vor allem Managerqualitäten gefordert.

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Mit Recht erwarten Bürger, daß ihre Gemeindeverwaltungen umfassende Dienst-leistungs- und Servicezentren darstellen. Von der Müllbeseitigung bis zur Straßenbeleuchtung, von Sozialeinrichtungen bis zum Sport- und Freizeitangebot, von der Feuerwehr bis zur Verkehrsplanung - die Gemeinde muß für Lösungen sorgen.

Fühlen sich aber die Stadt- und Gemeindeväter für ihre Jobs ausreichend befähigt? Bei einer repräsentativen Umfrage unter Oberösterreichs Bürgermeister antworteten nur 60 Prozent uneingeschränkt mit Ja, 34 Prozent fühlen sich „mäßig ausreichend”, sechs Prozent gar „kaum befähigt”.

Daß ihr Engagement für die Gemeinde von den Bürgern „hoch” bis „sehr hoch” eingeschätzt wird, glauben 53 Prozent der Bürgermeister, 47 Prozent beantworteten diese Frage mit „mäßig” bis „kaum geschätzt”. Und der gerechte Lohn für harte Arbeit? Bürgermeister in ländlichen Gemeinden erhalten nur eine (nach Einwohnerzahl gestaffelte) Aufwandsentschädigung. 40 Prozent sagen, sie seien „gerecht entlohnt”, 38 Prozent verneinen dies und 32 Prozent schweigen dazu.

Diese Antworten sind Teilaspekte einer Umfrage über „Bildungsarbeit in den Gemeinden”, die der Gemeindereferent der Oberösterreichischen Landesregierung, Fritz Hochmair, in Auftrag gegeben hat. Sie soll den Boden für eine Bildungsoffensive für kommunale Führungskräfte - Politiker und Verwaltungsbeamte - aufbereiten, mit der das Land die Gemeindearbeit künftig unterstützen will. „Gut ausgebildete Führungskräfte werden für die Entwicklung einer Gemeinde und für die Qualität kommunaler Problemlösungen immer bedeutsamer”, betont Hochmair. „Entscheidungen werden nur dann die erwarteten Früchte bringen, wenn sie von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung verstanden und mitgetragen werden.” Dazu brauche es eine bürgerorientierte Politik und motivierte Bürger, die bereit sind, in der Gemeinde mitzuarbeiten.

Die „Studiengruppe für Programme zur Erneuerung der Strukturen” (SPES) in Schlierbach, eine Initiative von Johann Millendorfer, Laxen-burg, und die „Österreichische Arbeitsgruppe für Regionalentwicklung” (OAR), wurden beauftragt, in Zusammenarbeit mit kommunalpolitischen Verbänden, Vertretern von Gemeindebediensteten und Einrichtungen der Erwachsenenbildung ein Konzept für die Qualifizierung von Entscheidungs- und Verantwortungsträgern in Gemeinden zu erstellen. .

Basis dieser Arbeit bildet eine Studie zur Ist-Situation. 256 Personen, ein repräsentativer Querschnitt von Führungskräften in Oberösterreichs Gemeinden (mit Ausnahme der Sta-tutarstädte), wurden mittels Fragebogen um die Einschätzung des Fachwissens in ihrer Gemeinde und um Angaben ihrer Nutzung des vorhandenen kommunalen Bildungsangebotes gebeten (siehe Graphik).

Kompetenz-Defizite

Das Ergebnis der Umfrage: „In Sachfragen wie Freizeitgestaltung, Kulturarbeit, Gesundheit, Umwelt, Verkehr und so weiter ist in den Gemeinden relativ große Fachkompetenz vorhanden. Bei übergeordneten Zielformulierungen zur Gesamtentwicklung der Gemeinde, zum Beispiel Fragen des Ortsmarketings, alternativer Energieformen, Raumplanung, Projektsteuerung oder Ortsbildgestaltung sind deutliche Defizite festzustellen”, interpretiert Josef Preundler von SPES die Ergebnisse.

Ausgeprägte Mängel gibt es vor allem im Bereich der „Führungskräfteorientierung”, also etwa der Gesprächsleitung, des Projektmanagements oder der Leitung von Gruppen, sowie der Beziehungskultur (Teamarbeit, Konfliktbewältigung, Öffentlichkeitsarbeit).

Wenig Kompetenz in den Gemeinden ortet Preundler auch im Aufbau von effizienten Organisationsformen, in Fragen der Planung, des Zeit- und Projekt- beziehungsweise Chancenmanagements. Hier gibt es kaum Kenntnisse und es wird auch ein Mangel im Bildungsangebot beklagt. „Grundsätzliche Fragen der Zielorientierung und des Managements in der Kommunalpolitik müssen verstärkt in die Bildungsarbeit eingebunden werden”, legt Hochmair die Marschroute fest.

Josef Preundler: „Auch im Kommunalbereich stellen laut Umfrage persönliches und fachliches Interesse die größte Motivation zur Weiterbildung dar. Bei der Beurteilung von Bildungsveranstaltungen steht der Wunsch nach praxisorientierten Re-ferenten und qualifizierten Unterlagen an oberster Stelle. Alles andere, etwa auch die Seminarkosten, sind von geringerer Bedeutung.” Dennoch ist das Problem der Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen nicht außer acht zu lassen: Lediglich 28 Prozent der befragten Gemeinden verfügen außerhalb der politischen Bildungsarbeit über ein Budget für Weiterbildung ihrer Mitarbeiter.

Konzepte für Ex-DDR

Preundler ist ausgebildeter Gemeindeberater. Innerhalb des SPES-Ver-eines betreut er gemeinsam mit Karl Sieghartsleitner den Bereich Gemeinde- und Begionalentwicklung. Praktische Erfahrung haben die beiden bei der Bevitalisierang ihrer Heimatgemeinde, Steinbach an der Steyr (siehe furche 49/93), die heuer mit dem Europäischen Dorferneuerungspreis 1994 ausgezeichnet wurde, gesammelt. Das Beraterduo verfügt auch über einschlägige internationale Erfahrung: so leisteten sie im Vorjahr in der Ex-DDR im Landkreis Flöha (rund um Chemnitz) durch Schulung und Motivierung von 35 Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen bei der Erstellung von Gemeindeleitbildern „Entwicklungshilfe” beim Wiederaufbau brachliegender Dorfstrukturen .

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