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Neuorientierung in der Familie

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In seinem Beitrag nimmt Universitätsdozent Dr. Haupt zu einem brennenden Problem der heutigen Seelsorge Stellung, das auch Kardinal Dr. König in seiner Ansprache bei der Festveranstaltung des Katholischen Familienverbandes anläßlich des Kanatages berührte. Wenn dieser Beitrag, der sicher nicht unwidersprochen bleiben wird, eine Anregung zur breiteren Diskussion gibt, so scheint uns damit ein wertvoller Zweck erfüllt.

Die Redaktion

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Main hört neuerdings von gewissen finanziellen und personellen Nöten des Katholischen Familienverbandes unserer Diözese.

Anderseits urgiert das Konzil die ganze Familienarbeit für die Seelsorge und das Laienapostolat als von „einzigartiger Bedeutung“. Vier Dokumente des Konzils erheben ausführlich die zentrale Wichtigkeit von Ehe und Familie; fast alle Dokumente kommen in kürzeren, aber ebenso dringenden Aussagen auf die Familie zu sprechen. Dürfen wir hoffen, daß zum Heil aller Familien und damit der Diözesen wie auch des Staates, die nachkonziliaren Synoden auf dem Gebiete der Familienbewegung bessere seelsorgliche und laienorgani-s..torische Wege beschreiten werden?

Organisatorische Stützung der Familie

Die Familienbetreuung (Ehevorbereitung, Eheberatung, Einkehrtage) erfolgte in der Kriegszeit im erzbischöflichen Seelsorgeamt durch ein Familienreferat. Nach dem Krieg wurden die Belange der Familien im sogenannten Familienwerk dar Katholischen Aktion wahrgenommen. 1953 kam es zur Gründung des Katholischen Familienverbandes mit seinen Diözesan-verbänden. Er zählt heute bei 300.000 Mitglieder in Österreich; nur 10.000 in der Wiener Diözese. Wenn auch zum Teil rein organisatorisch eine enge Zusammenarbeit mit dem FamiMenwerk gepflegt wurde, so war doch der Verband entsprechend dem Vereinsrecht nach eigenen Statuten geführt und auch in seiner finanziellen Gebarung vollkommen selbständig. Freilich schien er damit auch aus der Katholischen Aktion und ihren finanziell gestützten Gliederungen hinausgestelit, kaum viel gefördert.

Es ist fast müßig, hier darauf hinzuweisen, was der Verband in seiner bisherigen Tätigkeit alles geleistet hat: Schrittweise und unter mühseligen Verhandlungen gelang es ihm und dem österreichischen Familienbund (den beiden einzigen FamiHenorganisationen in Österreich), die Stellung der Familie in der Öffentlichkeit zu verbessern und den Familienlastenausgleich immer weiter zu fördern.

Nun müßte man meinen, daß der Familienverband auf Grund seiner Bedeutung und seiner bisherigen Leistungen eine zentrale Stellung im katholischen Raum innehabe, vertritt er doch ein urkatholisches Anliegen von größter Breiten- und Tiefenwirkung; aber dem ist leider nicht so. Groteskerweise ist der Familienverband keine offizielle Gliederung der Katholischen Aktion, erfährt daher wenig Förderung, ja ist in einer Diözese noch gar nicht zugelassen! Es bleibt auch einfachen Menschen unverständlich, wie-3 awsscfilie/Slich die natur- und berufsständisohen Gliederungen in Männer-, Frauen-, Jugendbewegung als „Katholische Aktion“ bezeichnet werden kann, da doch Ehe und Familie als ein eminent katholisch-kirchliches Werk, ja das primäre Laienwerk schlechthin genannt werden müssen.

Ehepaare gemeinsam ansprechen!

Zwei konkrete Überlegungen sollen die Notwendigkeit einer Revision der bisheriger amtlichen Ansichten und Ordnungen unterstreichen:

• Immer wieder klagen Seelsorger, daß ihnein trotz aller Mühe in der Jugendarbeit die Jugendlichen nach Beendigung der Schul- und Lehrzeit entgleiten. Spätestens mit der Verheiratung sind auch früher aufgeschlossene und aktive Christen für die Katholische Aktion verloren. Menschlich gesehen (und das Konzil betont doch immer wieder diese Menschlichkeit) völlig verständlich: die jungen Leute widmen sich jetzt einander, der notwendigen Einrichtung ihrer Wohnung, vor allem dar Kindererziehung und höchstens noch den schulischen Elternvereinen. Verständlich ist es dann auch, daß in den Männer- und Frauenrunden nur ältere Semester zu finden sind. Diese sind wohl zum Teil für den Pfarrer ein Reservoir, aus dem er seine Helfer für bestimmte Aufgaben nimmt, aber nur zu oft sind solche Runden infolge der Überalterung ihrer Mitglieder gar nicht mehr im der Lage, apostolisch tätig zu sein. Sie bilden manchmal Gemeinschaften, die sich eventuell Bildungsvorträge anhören (obwohl das besser für alle Pfarrmitgliedier gemeinsam im Bildungswerk geschehen sollte) und die die sicher sehr notwendige Geselligkeit pflegen, aber den wesentlich apostolischen Aufgaben nicht mehr nachkommen können. Wäre es nicht viel sinnvoller, Männer und Frauen gemeinsam, eben als Paare, anzusprechen? Man entzieht sie dann einander nicht; man fördert vielmehr ihre geistig-religiöse Verbundenheit und führt beide und damit auch die Kinder in die Gemeinschaft der Kirche. Hier wäre die beste Möglichkeit, auch an Jungverheiratete heranzukommen.

Die Familie ist Grundlage religiösen Lebens in der Kirche

• Die Untersuchungen des Institutes für kirchliche Sozialforsohung haben gezeigt, daß Jugendliche oft nur dann der Kirche treu geblieben sind und ihr religiöses Leben weiter praktiziert haben, wenn sie aus einer Familie mit praktizierenden Biternteilen stammten. Schon daraus sieht man, daß es für gewöhnlich unfruchtbar ist, sich nur der Kinder und Jugendlichen allein anzunehmen.

Auf Grund dieser Überlegungen sollte man fragen, ob die scharfe Trennung in Männer-, Frauen- und Jugendbewegung beibehalten werden soll. (Dabei denkt niemand ernstlich daran, die entsprechenden Bewegungen aufzulösen.) Warum soll die katholische Familienorga-riisation kein offizielles Glied der Katholischen Aktion werden?

Der Katholische Familienverband, der jedenfalls die sozial Schwächeren vertritt und daher nur einen minimalen Mitgliedsbeitrag verlangt, kann ohne kirchliche Förderung aus eigenem keine größeren sozialen Unternehmungen für seine Mitglieder beginnen. Trotzdem hat er bisher Wesentliches geleistet. Für die kommende Synode wären die angeschnittenen Fragen ein dringendes Problem.

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