7128779-1997_16_15.jpg
Digital In Arbeit

No English, no Job

19451960198020002020

Sprachkenntnisse braucht heute jeder, der ins Berufsleben einsteigt - nicht als Ersatz für eine gute Fachausbildung, sondern als Ergänzung zu ihr.

19451960198020002020

Sprachkenntnisse braucht heute jeder, der ins Berufsleben einsteigt - nicht als Ersatz für eine gute Fachausbildung, sondern als Ergänzung zu ihr.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Szene wirkt zunächst gar nicht wie ein Vorstellungsgespräch, eher wie eine Expertenrunde. Eine lebhafte Fachdiskussion ist im Gange, der Bewerber um den Geschäftsführer-Posten zeigt sich fachkundig und redegewandt - so lange, bis jemand in der Runde die verhängnisvollen Worte ausspricht: „Let us continue in English!" Als „gut bis sehr gut" hat der Kandidat im Bewerbungsbogen seine Englischkenntnisse eingestuft. Aber jetzt versiegt sein Redefluß nach wenigen Sätzen. Was folgt, ist betretenes Schweigen ...

Sich auch auf Englisch verständigen zu können, ist heute in den meisten Berufen Grundbedingung - vom Empfang bis zur Chefetage, „ßasis-englisch" braucht bereits die Telefonistin, und im Sekretariat ist „ohne Englisch fast kein Job mehr zu finden", so Margit Oberlander, Mitarbeiterin der „Catro Personalsuche und -auswahl GesmbH". Fehlende Sprachkenntnisse bringen immer mehr Arbeitssuchende in eine aussichtslose Situation.

Für Führungspositionen „reicht sogar Maturaniveau meist nicht aus" - mit ein Grund, warum gerade bei Fremdsprachen die Selbsteinschätzung oft von den tatsächlichen Fähigkeiten abweicht. Was im übrigen nichts über die Qualität der schulischen Sprachausbildung aussagt: Das fachspezifische Vokabular, das im Beruf meist erforderlich ist, kann die Schule beim besten Willen nicht vermitteln; und Sprachpraxis erwirbt man nun einmal am besten im jeweiligen Land. „Auslandspraxis ist ein enormer Wettbewerbsvorteil", so Oberlander. „Erfahrungsgemäß sind die Sprachkenntnisse solcher Leute um eine Stufe höher einzuschätzen als bei jedem, der nur hier gelernt hat."

Welche Anforderungen im einzelnen gestellt werden, ist je nach Branche und Berufsbild sehr unterschiedlich. So brauchen Techniker und EDV-Fachleute zwar meist „nur" das spezifische „technische Englisch", an diesen Kenntnissen führt jedoch kein Weg vorbei.

Im Verkauf, aber auch im gesamten Dienstleistungsbereich hängen die sprachlichen Anforderungen vom Kundenkreis ab, und dieser ist immer seltener „rein österreichisch". Manchmal wird neben Englisch sogar eine weitere Fremdsprache erforderlich: „Es ist eine Frage der Kundenorientierung, daß in Kärntner Bankfilialen jemand Italienisch spricht", meint etwa ein Sprecher der Credit-anstalt. Insgesamt beginnt sich zumindest in Fremdenverkehrsgebieten langsam die Erkenntnis durchzusetzen, daß Fremdsprachenkenntnisse geschäftsfördernd sind - nicht nur für Tourismusbetriebe.

Es gibt zwar immer noch Arbeitsbereiche, in denen Fremdsprachen nicht zum Berufsalltäg gehören, wie Buchhaltung und Bechnungswesen, Verwaltung und administrative Tätigkeiten. „Diese Jobs werden aber immer weniger", meint Margit Oberlander, „gehört das Unternehmen zu einem internationalen Konzern, sollte auch der Buchhalter zumindest das Fachenglisch beherrschen."

Auch in der Rechtsabteilung odef als Rechtsanwalt kommt man kaum mehr ohne Englisch aus, da diese Sprache im internationalen Vertragswesen dominiert. Und selbst der Immobilienmakler braucht Fremdsprachen, nicht nur, wenn er mit Diplomatenkunden zu tun hat. Auch der Immobilienmarkt ist längst internationalisiert.

„Jeder sollte eine, besser zwei Fremdsprachen können", bestätigt auch Personalberater Jean Francois Jenewein. „Unternehmen, deren Manager nur Deutsch sprechen, beschränken sich selbst in ihrem Aktionsradius." Immer mehr Redeutung gewinnen osteuropäische Sprachen: „Firmen mit Ostaktivitäten verlagern ihre Kompetenzzentren zunehmend in die zentraleuropäischen Hauptstädte. Manager aus dem Westen, die mobil sind und die Landessprache können, haben da natürlich beste Chancen." Vor allem Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Slowenisch und immer häufiger auch Russisch sind gefragt - diese Sprachen zu beherrschen, eröffnet auch in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit neue Be-rufsschancen.

Dasselbe gilt für asiatische Sprachen, die den Zugang zu den „Märkten der Zukunft" erheblich erleichtern können. Einem Trugschluß sollte man allerdings nicht erliegen: Daß „ausgefallene" Sprachkenntnisse allein den Weg zur großen internationalen Karriere ebnen. „Chinesisch zu können, ist sehr beeindruckend für den small talk, einen Job bekommt man deshalb aber noch lange nicht", zerstört Barbara Kreissl vom Ludwig-Boltzmann-Institut für China- und Südostasienforschung alle diesbezüglichen Illusionen. „Wirklich ,top' ist, wer Techniker oder Wirtschaftsfachmann ist und zusätzlich die Sprache beherrscht."

Auch Personalberaterin Oberlander warnt: „Es hat wenig Sinn, einfach irgendwelche Sprachkurse zu buchen. Man sollte genau wissen, welches berufliche Ziel man hat, und danach den Kurs auswählen." Chinesisch zu lernen, ist nur sinnvoll, wenn man sicher ist, diese Kenntnisse später einsetzen zu können - schon deshalb, weil ohne praktische Anwendung das mühsam Erlernte bald wieder vergessen wäre. Und wer in Englisch Vertragsverhandlungen führen muß, sollte statt eines Konversationskurses lieber ein spezielles Verhandlungstraining absolvieren. Sorgfältiges Studieren der Ausbildungsangebote lohnt sich jedenfalls, schließlich kostet eine nebenberufliche Sprachausbildung viel Zeit und Geld.

Immerhin sind heute viele Firmen zur Beteiligung an diesen Lasten bereit - vom ganztägigen Intensivkurs auf Firmenkosten bis zum Kostenzuschuß zum privat gebuchten Abendkurs. Was von Mitarbeitern jedenfalls gefordert wird, ist die Bereitschaft, auch als Erwachsener wieder die Schulbank zu drücken. „Lebenslanges Lernen" gehört längst zur beruflichen Realität.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung