Österreich braucht keine Eliteuni

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Anstatt eine neue Institution auf die grüne Wiese zu stellen, sollte man dort investieren, wo jetzt schon teilweise Spitzenforschung betrieben wird: an den bestehenden Universitäten.

Die Idee, eine eigene "Eliteuniversität" in Österreich zu gründen, geistert nun schon seit längerer Zeit in der öffentlichen Diskussion herum. Positiv daran ist, dass offenbar das Bewusstsein dafür da ist, mehr in die Spitzenforschung zu investieren. Zu glauben, Forschung zu stärken, indem man auf die grüne Wiese eine neue Universität stellt, ist aber nicht unbedingt der nahe liegende Weg dahin und außerdem finanziell höchst riskant.

Nirgendwo auf der Welt werden "Eliteuniversitäten" durch Gesetz oder Verordnung errichtet. Meist ist auch nicht die gesamte Universität Weltspitze, sondern einzelne Institute oder Ausbildungsgänge, deren Ruf dann auf den Rest der Universität abfärbt. Forschungseinrichtungen, die in ihrem Fach zur Spitze gehören, sind das auch nicht von einem Tag auf den anderen geworden. Natürlich haben auch die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen müssen. Entscheidend ist aber vor allem eine langfristige Personalpolitik. Dies bedeutet nicht, die derzeit Besten eines Faches einzukaufen, denn die haben ihr Potenzial oft ohnehin schon ausgeschöpft und werden in den seltensten Fällen noch 30 Jahre lang Spitzenleistungen erbringen. Junge Wissenschaftler müssen akquiriert oder erst ausgebildet werden. Sie müssen das Potenzial haben, in den nächsten Jahren zur Weltspitze zu stoßen und zusammenzuarbeiten, ein Team aufzubauen und exzellente Studierende anzuziehen. All dies bedarf einer Reihe von naturgemäß mit Unsicherheit behafteten Prognoseentscheidungen. Oft wurden vor allem in den usa schon große Summen investiert - ein Vielfaches von dem, was derzeit in Österreich für die "Eliteuniversität" diskutiert wird -, und es hat dennoch nicht geklappt. Letztlich gibt es eben kein Patentrezept dafür, wie man in seinem Fach Weltspitze wird.

Nicht bei null beginnen

Wenn man zusätzliche finanzielle Mittel investieren möchte, ist es wohl effizienter, nicht völlig auf der grünen Wiese mit ein paar prominenten Aushängeschildern bei null zu beginnen, sondern dort anzusetzen, wo derzeit in Österreich Spitzenforschung betrieben wird. Und das sind die Universitäten. In gar nicht so wenigen Fällen haben es einzelne Wissenschaftler/innen in Österreich unter widrigsten finanziellen Rahmenbedingungen geschafft, in ihrem Fach dennoch in der Weltliga mitzumischen. In diesen Bereichen ist die Chance, dass der wissenschaftliche Output noch weiter gesteigert werden kann, wohl am größten. Daher sind finanzielle Mittel effizient eingesetzt, wenn man diese Bereiche, von denen es wohl an den meisten Universitäten ein paar gibt, weiter stärkt und ausbaut. Ob hingegen eine neu geschaffene "Eliteuniversität" tatsächlich die Erwartungen erfüllen und zur Weltspitze vorstoßen wird, ist viel ungewisser.

Die Universitätsreformen der letzten Jahre haben, insgesamt gesehen, die Chancen, dass einzelne Institute Weltspitze werden können, verbessert. Zwar wurde die Freiheit der Professor/inn/en, die für viele Wissenschaftler/innen eine nicht zu unterschätzende Triebfeder ist, Höchstleistungen zu erbringen, tendenziell eingeschränkt. Allerdings hat die Dienstrechtsreform Versteinerungen bei der Personalstruktur beseitigt und in vielen Instituten, in denen neben den Professor/inn/en nur unkündbare Assistent/inn/en mit Pensionsberechtigung tätig waren, überhaupt erst die Möglichkeit geschaffen, zumindest in Zukunft wieder wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden. Die Einführung von sozial abgefederten Studienbeiträgen hat das Bewusstsein vieler Studierender dafür geschärft, dass die universitäre Ausbildung etwas kostet und sie daher auch das Recht und die Pflicht haben, von den Lehrenden Höchstleistungen einzufordern. Evaluationen werden dadurch zur Selbstverständlichkeit, die Qualität der Lehre wird dadurch weiter steigen. Die Universitäten nutzen die ihnen neu zugestandene Autonomie, um manche Bereiche auch völlig zu streichen und viel versprechende Schwerpunkte auszubauen.

Wettbewerb um beste Köpfe

All diese Reformen haben den Boden dafür bereitet, dass auch in Österreich der Wettbewerb zwischen den Universitäten ausgebrochen ist. Bei diesem Wettbewerb geht es um die besten Studierenden genau so wie um die besten Wissenschaftler/innen. Um in diesem Wettbewerb zu bestehen, müssen die Rahmenbedingungen für die Forschung stimmen. Die Universitäten bewerben sich daher heftiger denn je um externe Forschungsgelder. Dies ist die beste Voraussetzung dafür, dass in jeder Disziplin tatsächlich die Besten zum Zug kommen. Die dabei erfolgreichen Universitätsinstitute werden so für exzellente Studierende und Wissenschaftler/innen noch attraktiver.

Die Reservierung nicht unerheblicher Beträge für eine neu aus dem Boden gestampfte Wissenschaftseinrichtung, die sich erst im Laufe der Jahre als "elitär" bewähren muss, passt nicht ins Konzept. Die Versicherung, dass keiner bestehenden Universität Mittel entzogen werden, ist blauäugig. Die notorisch unterdotierten österreichischen Universitäten benötigen dringend mehr Geld. Daher sollen sich die bestehenden Universitäten um jeden Euro, der aufgetrieben werden kann, bewerben, damit die Forschungsideen mit dem größten Potenzial tatsächlich von den besten Köpfen verwirklicht werden können. Der Wettbewerb sollte dann zeigen, welche Institute in welchen Disziplinen Elite sind!

Univ.-Prof. Dr. Michael Lang ist Vorstand des Steuerrechtsinstituts der Wirtschaftsuniversität Wien und derzeit Hauser Global Law School Visiting Professor an der New York University.

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