Österreichs Lehrer: Fakten und Vorurteile

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Mitten in den Streit um ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrerinnen und Lehrer platzte vergangenen Dienstag die jüngste Ausgabe der OECD-Studie "Bildung auf einen Blick 2013“ (Education at a Glance): Demnach unterrichten Österreichs Pädagoginnen und Pädagogen im internationalen Vergleich weniger und verdienen zu jedem Zeitpunkt ihrer Karriere besser als ihre Kollegen in anderen Industrienationen. Laut OECD ist der Unterschied bei der Unterrichtszeit in der Volksschule mit elf Stunden pro Jahr noch relativ gering; im Sekundarbereich I betrage er jedoch 102 Stunden, im Sekundarbereich II immerhin 75 Stunden.

Punkto Einkommen rangiert Öster-reich laut OECD bei den Anfangsgehältern im obersten Drittel, beim Endgehalt wird man nur noch von Deutschland, Südkorea, Luxemburg und der Schweiz übertroffen.

Zahlen wie diese nähren nicht nur das verbreitete Klischee von üppig bezahlten und wenig ausgelasteten Pädagogen, sie geben auch der Regierung Rückenwind, die künftig eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung auf 24 Stunden für alle Lehrer vorsieht. Derzeit haben Bundeslehrer (AHS sowie BMHS) eine Lehrverpflichtung von durchschnittlich 20 Wochenstunden, Landeslehrer (Pflichtschulen) von 20 bis 22 Stunden. Das Anfangsgehalt sollte laut Regierungsvorschlag erhöht, die Einkommenskurve deutlich abgeflacht werden: Pflichtschul- und AHS-Lehrer, die künftig eine gleichwertige Ausbildung auf Masterniveau durchlaufen, sollten anfangs rund 2400 und am Ende bis zu 4330 Euro verdienen (derzeit liegt das Endgehalt bei 4500 bzw. 5100 Euro).

Anfang Juni präsentierte die ÖVP freilich ein Alternativmodell: Demnach sollen Landeslehrer (zumindest bis zum Wirksamwerden der neuen Lehrerausbildung 2019) weiter weniger verdienen als Bundeslehrer - was der Volkspartei den Vorwurf der "Zweiklassenpädagogik“ einbrachte. Zudem sollte jede Lehrergewerkschaft individuell eine (höhere) Präsenzzeit ausverhandeln. Vergangenen Sonntag präzisierte ÖVP-Chef Spindelegger in der ORF-Pressestunde seine Vorstellungen und sprach von einer Anwesenheitszeit von 26 Stunden pro Woche.

Als dritte Variante hat Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) ein Modell nach norwegischem Vorbild präsentiert, das keine wöchentlichen Unterrichts- oder Anwesenheitsstunden, sondern nur eine bestimmte Jahresarbeitszeit vorsieht. Wie sich diese genau zusammensetzt, sollen Lehrer und Schulleiter individuell verhandeln.

13.500 oder 2000 zusätzliche Kräfte?

Lehrergewerkschafter Paul Kimberger verweist bei all diesen Modellen auf das Problem fehlender Arbeitsplätze an den Schulen und fordert eine wissenschaftliche Studie zur Lehrerarbeitszeit. Die Studie "Bildung auf einen Blick 2013“ zeige ein verzehrtes Bild: Anders als in den meisten OECD-Staaten müssten Österreichs Lehrerinnen und Lehrer schon jetzt zusätzlich zum Unterricht zahlreiche Tätigkeiten im Bereich Administration und Verwaltung übernehmen. "Diejenigen, die sich über zu wenig Unterricht beklagen, sollten endlich unsere Forderung nach mehr Supportpersonal erfüllen“, erklärt Kimberger der FURCHE. Um den OECD-Schnitt zu erreichen, seien 13.500 zusätzliche Unterstützungskräfte nötig (der Regierungsvorschlag spricht von maximal 2000). Das größte Problem sieht er aber in der Art der hiesigen Bildungsdebatte: Während in anderen Ländern "kein Politiker und kein Medium auf die Idee käme, sich auf Kosten der Lehrerinnen und Lehrer zu profilieren“, werde in Österreich "Lehrer-Bashing“ betrieben.

Er selbst kann sich über zu wenig Arbeit nicht beklagen: Nach der dieswöchigen Debatte mit Michael Spindelegger kommt es am 3. Juli zur 29. Verhandlungsrunde mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied, Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (beide SPÖ) sowie Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). "Mit mehr Terminen“, so Kimberger, "kann ich derzeit nicht dienen.“ (dh)

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