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Offenheit und Dialogbereitschaft auch in strittigen Fragen

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Mit dem „Diözesantag" und ei-. „Fest der Kirche Salzburgs" erreichte das „Diözesanforum Salzburg" am vergangenen Wochenende seinen Höhepunkt. Der erste und sicher nicht unwichtigste Gewinn aus der zweijährigen Beschäftigung mit Fragen der Diözesan-und der Gesamtkirche: das Wissen um eine gemeinsame Gesprächsbasis der Vertreterinnen und Vertreter verschiedener kirchlicher und pastoraler Denk-Richtungen und das Wissen um das rege Interesse so vieler Menschen an der Kirche.

Ein paar Zahlen vorweg: 11.500 Gläubige sind zu Pfingsten 1994 der Einladung von Erzbischof Georg Eder gefolgt und haben sich in einer ersten Umfrage am Diözesanforum beteiligt. Zentrale Anliegen kristallisierten sich heraus, „Positionspapiere" zu sechs zentralen Themen wurden erstellt und den „Basisgruppen" zur Diskussion vorgelegt. Rund 4.000 Menschen haben sich in 570 Basisgruppen mit den Positionspapieren beschäftigt. - Damit war immerhin in 60 Prozent der Pfarren der Erzdiözese das Senfkorn der Idee „Diözesanforum" aufgegegangen. 455 Gruppen haben ihre Kommentare schriftlich als „Eingaben" dem Sekretariat des Diözesanforums geschickt. Am Diözesantag im Bildungshaus St. Virgil faßten schließlich 520 Delegierte der Basisgruppen 138 Beschlüsse.

Die Themen der sechs Positionspapiere lauteten: „Kirche im Dienst am Menschen" (damit setzen sich 102 Basisgruppen auseinander, 81 Eingaben erreichten das Sekretariat des Diözesanforums), „Sakramente" (94 Basisgruppen, 71 Eingaben), „Kirche in der Mediengesellschaft" (31 Basisgruppen, 17 Eingaben), „Ehe und Familie" (170 Basisgruppen, 136 Eingaben), „Pfarrgemeinden - Amter und Dienste" (62 Basisgruppen, 55 Eingaben), „Wie heute Gott wahrnehmen und zur Sprache bringen" (117 Basisgruppen, 95 Eingaben).

Er danke den Delegierten für den Beschluß von „Lösungen, die zur Mitte strebten", sagte Erzbischof Eder am Ende der Sitzung zum Thema „Ehe und Familie". 21 Anträge zu den Teilbereichen „Ehe und Familie leben" (Ehevorbe reitung, Ehe- /Familienbegleitung, gesellschaftliche Aspekte von Ehe und Familie, konfessionsverbindende Paare), „Sexualmoral", „Wiederverheiratete Geschiedene", „Lebensformen - Zölibat" wurden behandelt. Das „heißeste Eisen" war der Antrag 75 um die Frage der „verantworteten

Elternschaft". Die Bereitschaft zum Kompromiß ergab folgenden Antrag: „Das Diözesanforum ermutigt die Eheleute, ihr Urteil hinsichtlich der Elternschaft ,im Angesicht Gottes letztlich selbst zu fällen' (Gaudium et Spes 50). Das heißt: Elternschaft ist vor dem Gewissen zu verantworten; dieses hat sich seinerseits am göttlichen Gebot und an der Lehre der Kirche zu orientieren." Dieser Antrag wurde mit 177 Ja-Stimmen (16 Nein-Stimmen) beschlossen. Mit klarer Mehrheit sprachen sich die Delegierten auch dafür aus, daß „Paare in eheähnlichen Beziehungen geachtet und in ihrem Bemühen um eine verantwortliche Partnerschaft" unterstützt werden sollen.

Weiters sollen Richtlinien erarbeitet werden, nach denen eine weitestmögliche Teilnahme wiederverheirateter Geschiedener am vollen Leben der Pfarrgemeinden möglich ist. Auch die Einrichtung einer Ombudsstelle für Opfer von sexuellem Mißbrauch wurde beschlossen.

Mit Möglichkeiten, der praktischen, finanziellen und personellen Realisation der Beschlüsse werden sich die Gremien der Erzdiözese, etwa der Pastoralrat, auseinandersetzen. Welche Beschlüsse das Bild der Teilkirche Salzburg in Zukunft prägen werden, hat der Erzbischof zu entscheiden. Ergebnisse zu Themen von gesamtkirchlicher Relevanz (Zölibat, wiederverheiratete Geschiedene, Ökumene) sollen nach Rom weitergeleitet werden.

Ein strittiger Punkt, die Herausgeberschaft der Kirchenzeitung „Ru-pertusblatt" etwa, die Erzbischof Georg Eder persönlich innehat, wurde ausführlich und „leidenschaftlich", so der Erzbischof, diskutiert. Die Forderung nach einem Herausgeber-Team (Beschluß 51.4) wurde mit 139 Ja-Stimmen (39 Nein-Stimmen) angenommen.

Der Erzbischof sagte dazu, daß er zwar die Herausgeberschaft behalten wolle, daß aber ein Beratungsgremium für die Kirchenzeitung durchaus vorstellbar sei. In der Pressekonferenz ließ Erzbischof Eder die Bereitschaft zu einer neuen Kooperation der Kirchenzeitung - mit Diözesen, die dazu bereit seien - anklingen.

Eine Frauenkommission soll sich spätestens ab Jänner 1997 dafür einsetzen, daß „auf allen Ebenen der Pfarrgemeinden und der Erzdiözese Frauen vertreten sind".

Daß das Diözesanforum einen Klimawechsel in der Erzdiözese Salzburg markiert, dürfte nicht nur durch den Applaus für Erzbischof Eder am Ende der Abstimmungsrunden ausgedrückt worden sin. Auch die Worte des Erzbischofs beim Abschlußgottesdienst im Dom ließen aufhorchen: „Mit großen Sorgen gingen wir hinein in das Diözesanforum, mit einem Lied der Hoffnung auf den Lippen kommen wir heraus."

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