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Offentlicher Haushalt, Worung und Volkswirtschaft

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Im Bundesstaat wird der öffentliche Haushalt in der Regel dreistufig geführt. Neben dem Gesamtstaat haben die Länder und Gemeinden Anteil an den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und bestreiten den damit verbundenen Aufwand aus ihren eigenen Mitteln. Die Verbindung zwischen ihren Haushalten stellt der Finanzausgleich her, dessen Aufgabe es unter anderem auch ist, ihnen die erforderlichen Steuereinnahmen zu erschließen. Diese können unmittelbar aus eigenen Steuern des Bundes, der Länder oder Gemeinden stammen oder diesen Körperschaften als abgeleitete Steuereinnahmen in Form von Ertragsanteilen an Steuern zukommen, die durch eine übergeordnete, das heißt örtlich umfassendere Körpersdiaft bewirtschaftet werden. Um diese Steuerquellen wurden immer und nicht nur in Zeiten einer besonderen Not im öffentlichen Haushalt, wie sie gegenwärtig besteht, ein viel Zeitaufwand und Kräfte beanspruchender Kampf geführt. Es ist leider üblich geworden, die einander dabei widerstreitenden Kräfte ganz auf den Gegensatz zwischen Zentralismus und Föderalismus zurückzuführen und damit eine Frage des Staatsrechtes ungebührlich stark in den Vordergrund zu rücken. Eine zentralistische Staatsauffassung fordere die Vereinigung und einheitliche Verwaltung der Steuern beim Bufld, föderalistischen Gedankengängen entspreche ihre möglichst weite Überlassung an die Länder und Gemeinden. Diese Auffassung greift aus den vielfältigen Grundsätzen, auf denen der Finanzausgleich aufgebaut werden kann, nur einen Gesichtspunkt heraus und gibt ihm in allzu einseitiger Betonung eine übertrieben starke und einvernehmlicher Lösung abträgliche Bedeutung.

Man übersieht dabei vor allem, daß die Regelung des Finanzausgleiches sich nicht in Auseinandersetzungen der verschiedenen Gruppen von Körperschaften über die Verteilung der Steuereinnahmen erschöpft, sondern mir großen Fragen von schicksalhafter Bedeutung für das Gesamtgefüge und den Bestand des Staates zusammenhängt, der Sicherung der W e r t b.e s t ä n d i g k e i t der Währung und dem Gedeihen der Volkswirtschaft.

Es ist eine allgemein bekannte und durch viele Erfahrungen auch aus jüngster Zeit bestätigte Wahrheit, daß alle Maßnahmen zur Schaffung oder zum Schutz einer wertbeständigen Währung zum Scheitern verurteilt sind, wenn das Gleichgewicht im öffentlichen Haushalt nadihaltig gestört ist. Die Herstellung einer ausgeglichenen Zahlungs- (Handels-) Bilanz aHein vermag einen dauernden Erfolg in dieser Richtung nicht, zu sichern. Die Gefahr einer solchen Störung des Haushaltsgleichgewichtes erhöht sich auch selbst in Zeiten reichlicher Steuereingänge, noch viel mehr aber in Notlagen,“ wie sie der Krieg und seine Folgeerscheinungen verursacht haben, mit einer ungleichmäßigen Versorgung der öffentlichen Haushalte mit Steuereinnahmen außerordentlich stark. Aufgabe des Finanzausgleiches ist es daher, in sorgfältiger Abwägung der dem Bund, den Ländern und Gemeinden zufallenden Verwaltungsaufgaben und der Grenzen, bis zu denen ihre Betreuung unäbweislich ist und daher verantwortet werden kann, alle diese Körperschaften verhältnismäßig gleich mit Steuermitteln zu versehen. Bei Erfüllung dieser Aufgabe dürfen keine staatsrechtlichen Empfindlichkeiten, keine geschiditlich erworbenen Ansprüche und vor allem keine eigensüchtige Sorge nur um den' eigenen Haushalt zur Geltung kommen.. Der Blick muß immer nur auf das gemeinsame Ziel einer gleichmäßigen Bedarfsdeckung im gesamten Staatsgebiet gerichtet bleiben, ganz gleidi, ob diese nun eine ausreichende oder zunächst nur eine notdürftige sein kann. Ein solches Ergebnis kann hur in mit großer Ruhe und Einsicht, viel Geduld und sachkundig geführten Verhandlungen erzielt werden. Es muß als erfreulicher Fortschritt gewertet werden, daß sich Länder und S t ä d t e ' in echt demokratischer V e r h a n d 1 u n g s wei s e zu solchen zusammengefunden und dabei über viele Ffä* gen, insbesondere auch darüber • geeinigt haben, wie bei der Verteilung der Steuererträge die staatsrechtliche Stellung Wiens als Körperschaft besonderen Rechtes billigerweise zu berücksichtigen ist. Trotzdem muß für viele Entscheidungen von grundlegender Bedeutung eine völlig befriedigende Lösung erst noch von einer hoffentlich nahen Zukunft erwartet werden. Sek der^Wiederherstellung der Eigenstaatlichkeit “Österreichs sind zwei volle Jahre verflossen, ohne daß eST bisher gelungen wäre, dem Finanzausgleich eine neue in sich gesdilossene gesetzliche Form zu geben. Wenn die Ergebnisse der bisherigen Verhandlungen nicht täuschen, wird der Weg seiner Neugestaltung aujrrrjter :;frerwh:-'.9Hmtrrende.n~;a deraschen Rechtsordnung wieder in die vertraute Heimat der alten österreichisdien Gesetzgebung zurückführen. Dabei müssen natürlich alle mittlerweile eingetretenen und zeitbedingt bleibenden Veränderungen in der Verteilung der Verwaltungsaufgaben berücksichtigt werden, die das ahe zahlenmäßige -Verhältnis;, fcwischen-- dein Bundes*' haushält- und den Haushalten ■ der Länder (Gemeinden) von zwei zu eins verändert haben. Wenn sich dabei jedes zentralistische' oder föderalistische Empfinden gerechter Einsicht unterordnet, wird das Ergebnis ein großer Fortschritt im Wiederaufbau österreichischen Staatslebcns sein.

Es dürfen dabei aber auch die bercditig-ten Fo r de r un g e n der Volkswirtschaft nicht übersehen werden. Sie sind nicht nur auf erträglidne Grenzen der Steuerbelastung gerichtet, die seit dem Krieg vereinzelt eine früher kaum für möglich gehaltene Höhe erreidit hat, sondern auch auf ihre möglichste Einheitlichkeit und örtliche Gleichmäßigkeit, M?n braucht keineswegs zu befürchten, daß die Erzielung einer solchen zu einseitig zen-tralistischer Gestaltung des Finanzausgleidies führen müßte. Entscheidend ist nidit die Art der Schaffung von Steuereinnahmen durch den Bund oder durch die Länder (Gemeinden) im Weg der Bundes- oder Landesgesetzgebung oder Gemeindetatzung, sondern eine gerechte Verteilung der Steuererträge auf diese Körperschaften und deren Verfügungsrechte über sie. Eine solche Einheitlichkeit in der Belastung der Volkswirtschaft kann also ohne Beeinträchtigung der Rechte der- Länder und Gemeinden gewonnen werden. Aber abgesehen davon gibt es auch noch andere gleich zielführende Möglidikeiten, wie zum Beispiel die Erlassung einheitlicher Grundsätze oder die Ausarbeitung verbindlicher Musterordnungen für Steuergesetze der Länder (Gemeinden). Eine soldie Vorgangsweise würde audi eine wesentliche Entlastung für Gesetzgebung und Verwaltung und für die öffentliche * Rechtsprechung über Steuern bedeuten und sich damit in den Dienst jener Verwaltungsreform stellen, die als oft erstrebtes, aber nie voll erreichtes Ziel auch derzeit wieder Gegenstand eines verbreiteten und volkstümlichen Wunsches und ernster Bemühungen ist.

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