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Pädagogen am Wörthersee

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1970 wird also das Dutzend voll. Die neue „Hochschule für Bildungswissenschaften“ in Klagenfurt, die im Jubiläumsmonat — 50 Jahre nach der Kärtner Abstimmung — ihren Betrieb aufnehmen soll, ist die zwölfte im Kreis der österreichischen universitären Bildungsanstalten (ungerechnet die Akademie für bildende Künste mit und die übrigen Kunstakademien ohne Hoch- schulstatut). Als der Unterrichtsminister dieser Tage vor den Vertretern des Landes und der Landes- hautpstadt sein Konzept für die neue Alma mater entwickelte, erhielt er so eindeutige Zustimmung, wie es wohl noch kein anderes Projekt der letzten Jahrzehnte erhalten hat.

Es konnte ‘nicht hü blefbdn; daß auch gegen das neue Projekt wieder Bedenken geäußert wurden — es wäre illusorisch, ein Projekt entwerfen zu wollen, das von allen mit Begeisterung begrüßt würde. Daß gegen diese Bedenken wieder sehr handfeste Gegenargumente vorgebracht werden können, unterstreicht die Bedeutung der neuesten Planung.

Das erste und schwerste Argument gegen jede Neugründung ist die Sorge vor einer weiteren Zersplitterung der ohnehin schon zu geringen Mittel — diese Bedenken zu zerstreuen, darf nicht den jährlichen Budgetverhandlubgen allein überlassen bleiben. Hier muß ein Um denken in der Finanzpolitik einset- zen. Kann und darf man aber jede weitere Planung so lange zurückstellen, bis dieses Umdenken Tatsache geworden und der Gesamtkuchen für die Hochschulen wesentlich vergrößert worden ist?

Parallel hierzu ertönt die Forderung, lieber die bestehenden Universitäten auszubauen. Auch das hat viel Berechtigung. Wenn aber die wesentlich „runderen“ Gebilde wie Bayern oder Baden-Württemberg davon abgeheb, ihre Massenuniversitäten weiter zu vergrößern, und stattdessen in neue Hoffnungsgebiete neue Bildungsschwerpunkte setzen, dann müßten diese Überlegungen auch für Österreich gelten. Per Preis für die geographische ‘Ausdehnung -und die föderalistische Struktur ist“ eben die Dezentralisierung — die Wünsche der Bundesländer müssen als legitime Ansprüche in die Gesamtrechnung eingesetzt werden.

Im Sachlichen aber ist in den vier Jahren Kärntner Hochschulplanuhg den sich ändernden Gegebenheiten voll Rechnung getragen worden. Am Anfang standen — abgesehen von verworrenen Ideen einer Schnell- sieder-Juristenausbildung — die Konzepte einer Wirtschaftsuniversität im Stil der Hochschule für Welthandel, die damals als einzige dieser Art überlaufen war und Entlastung brauchte. Aber dann griffen die

Universitäten im Zug der ersten Etappe der Studienreform hach dem neugeordneten Komplex der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften — und damit war der Bedarf nach Ausbildungsstätten dieser Disziplin bei weitem gedeckt.

Lehrermangel fiberwinden

Unterrichtsminister Piffl-Percevic deutete schon vor bald zwei Jahren an, in welcher Richtung er sich eine Neuorientierung der Kärntner Wünsche vorstellen könnte. Er legte nun sein Programm vor und die Kärntner waren so vernünftig, mitzuziehen — neue Projekte dieser Bedeutung könnet heute nur dann gelingen, wenn alle Beteiligten mitmachen.

‘Fuf den ‘Miniäfer ldg und liegt das Hauptproblem seines Ressorts im Lehrermangel. Mehr Mittel können durch zähes Verhandeln Schritt um Schritt erobert werden. Schulraum kann notfalls in Provisorien bereitgestellt werden, wenn die Wellen starker Jahrgänge die Schulen überfluten. Ohne Lehrer aber müssen die schönsten neuen Schulen Illusion bleiben. Für den Lehrernachwuchs der Volksschulen sorgen nun ab Herbst 14 pädagogische Akademien. Man rechbet im Ministerium, daß die fehlenden 5000 Lehrer in fünf bis sechs Jahren zur Verfügung, stehen werden. Im Bereich der höheren Schulen aber „muß was g’schehen“.

Das Neue und Spezifische in Kla-genfurt wird jedoch der Forschungsschwerpunkt der Erziehungswissenschaften sein, in einer Anreicherung, wie sie bisher nirgends im deutschen Sprachraum vorhanden ist, ja wohl überhaupt zum mindesten in Europa noch nirgends universitär erfaßt ist. Hier sollen die Erziehungsprobleme der verschiedenen Lebensalter des Menschen vom Kindergarten über Pflicht- und höhere Schule bis zur Hochschule, über diese hinaus zur Erwachsenenbildung und zur Weiterbildung wissenschaftlich erforscht werden, aber ebenso auch die Freizeitgestaltung, die Sportausbildung,

Spezialgebiete wie etwa die Sexualerziehung, die Medienerziehung, der Einsatz der Massenmedien für die Volksbildung, die Verwendung von Lehrmaschinen und programmiertem Unterricht und anderem mehr.

Hier sollen die Probleme des Zugangs zur höheren Schule untersucht werden, die Fragen der Vermittlung der Bildung an höheren Schulen und Hochschulen bis hinein fti die Schul- raumgestaltung und die Studienberatung, die Probleme des Berufseinsatzes der Absolventen, aber auch der Weiterbildung der Lehrkräfte und der Graduierten.

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