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Positives und Negatives

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Gerade die Spiele in Mexiko bestätigten wieder deutlich, daß nur Staaten, die gigantische Summen für die Sportförderung riskieren, auf olympischer Ebene zu brillieren vermögen. Neben den Großmächten USA und UdSSR, die naturgemäß über ein großes Bevölkerungsreservoir als solide Grundlage für den Breitensport und nicht zuletzt aus Prestigegründen über eine gezielte und hochdotierte Förderung des Spitzensports verfügen, zeigte sich am Beispiel Frankreichs am deutlichsten die Umwandlung investierter Milliarden in olympische Medaillen. 1960 in Rom sowie 1964 in Tokio war der Stolz der „Grande Nation“ mit insgesamt nur einer Gold-, zehn Silber- und neun Bronzemedaillen empfindlich getroffen worden. Die horrenden Ausgaben (selbstverständlich erst nach Schaffung einer klaren gesetzlichen Basis, die in Österreich nach wie vor nur mangelhaft gegeben ist) spiegeln sich nun in sieben Gold-, drei Silber- und fünf Bronzemedaillen wider, was gleichzeitig einen immerhin beachtlichen 6. Rang in der inoffiziellen Nationenwertung repräsentiert.

Senile Ignoranz

Es soll hier keineswegs der finanziellen Nachahmung das Wort geredet werden, sondern bloß die Imitation einer gewissenhaften Organisation empfohlen werden. Warum man gerade das kleine Häuflein von Klasseathleten in Österreich durch Festsetzung starrer, um nicht zu sagen bornierter Bestimmungen für die Aushändigung einer Flugkarte nach Mexiko einer größeren Belastung aussetzen mußte als etwa die bundesdeutschen Sportler, warum eine Reihe von Funktionären, nicht aber ein medizinischer Spezialist für typische Sportlerleiden unsere Mannschaft begleitete, warum es auch fern der Heimat zu Kompetenzstreitigkeiten, wie etwa bezüglich der Betreuung der Ruderer, kommen mußte?

Dies alles sind bezeichnende Hinweise darauf, daß einer der Fehler im Österreichischen Olympischen Comitee zu finden ist. Dem Vorbild der internationalen Dachorganisation getreu, in der ein seniler Präsident in völliger Weltfremdheit, zudem noch ein ausgesprochener Ignorant einzelner Sportdisziplinen, maßgeblich zur Diskriminierung und Verlogenheit des olympischen Sports beigetragen hat, mangelt es auch im ÖOC an wirklichen Fachleuten. Es ist heute entschieden zu wenig, in längst vergangenen Jahren einmal ein mehr oder minder guter Athlet gewesen zu sein und dann die großen Veränderungen, denen fast alle Sportarten unterlagen, bestenfalls durch Zeitungsberichte verfolgt zu haben.

Entwicklungsland Österreich?

Nach dem guten Abschneiden der österreichischen Teilnehmer gibt es die berechtigte Hoffnung, daß von den glänzenden Beispielen eine befruchtende Wirkung ausgeht, daß nicht, wie in den letzten Jahren nach olympischem Kämpfen, die große, lähmende Ruhepause eintritt. Der Nachwuchs müßte die Möglichkeit erhalten, bereits im nächsten Jahr sein Programm mit Blickrichtung München zu gestalten. Wird man wieder in den alten Fehler verfallen, die Olympia-Limits zu spät festzusetzen und die Startbedingungen an Leistungen, die in einem bestimmten, engen Zeitraum erbracht werden müssen, knüpfen? Wird endlich versucht werden, dem Mauerblümchendasein, etwa der Leichtathletik, ein Ende zu bereiten, indem man eine Koppelung mit publikumswirksameren Sportveranstaltungen vornimmt und dies nicht erst dann, wenn die erste Begeisterung über die Erfolge einer Prokop und einer Janko verflogen ist?

Der Medaillenstand nach Beendigung Olympischer Spiele gibt jedoch nicht nur darüber Aufschluß, wie es um die Sportförderung in den einzelnen Staaten bestellt ist, sondern gewährt auch einen Einblick in die Einstellung des Volkes zu den diversen Sportarten. Mit gewisser Wehmut müssen wir diesbezüglich einige sogenannte Entwicklungsländer betrachten, denen es gelungen ist, Interesse und Begeisterung für manchen Sport zu entfachen, was bereits in Mexiko seinen Niederschlag gefunden hat und sicherlich in München noch deutlicher zum Ausdruck kommen wird. Die Grenze zu den sportlichen Entwicklungsländern wird dann ein Stück näher an Mitteleuropa gerückt sein, wenn nicht bald eine gesunde Basis für Bredten- und Spitzensport errichtet wird.

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