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Reform ohne Etatismus

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Über Reform diskutiert man gemeiniglich dann, wenn sich in einem gesellschaftlichen Bereich Mißstände entwickelt haben, die beseitigt werden sollen. Zum aktuellen Tagesordnungspunkt nach Art der Verwaltungsreform oder der Kapitalmarktreform eignet sich die Hochschulreform aber schlecht. Bei ihr darf man nicht erwarten, die glückliche Erledigung eines „Pakets“ könne das Reformproblem einfach lösen. Es ist vielmehr ähnlich wie bei der Kirchenreform: Der Reform- versuch steht nicht zwischen zwei Phasen des Festen oder gar Starren, er trifft auf lebensvollen Wechsel und muß damit rechnen, daß auch künftig nichts zur Ruhe kommt.

Es ist also die Eigenart der Hochschule, 'die dem Reformproblem das Gepräge gibt. Freilich, es geht nicht um Strukturen, die jedermann als selbstverständlich voraussetzen könnte. Starke Wertungselemente werden wirksam. Deren Dimension erschließt sich, sobald man auf die Position des Hochschulstudiums in den Staaten sieht, die sich als sozialistische bezeichnen. Dort bildet das Studium an der Hochschule die höchste Stufe einer Art Karriere, die als Qualifikation bezeichnet wird. Die unterste Stufe der Qualifikation dagegen ist die Fabrikslehre. Die Aktivität der Hochschule entfaltet sich daher im Rahmen eines vom Staat erstellten und am Staat ausgerichteten Bildungsprogramms, eines Planes.

Es scheint mir an der Zeit, daß wir uns die Frage vorlegen, ob wir bei Postulaten zur Hochschulreform nicht auch solches. Planen meinen. Es wird noch zu erörtern sein, wie stark die etatistische Komponente der gegenwärtigen Verfassung unserer Hochschulen ist. Vor allem aber muß in Erinnerung gerufen werden, daß in der Tradition der hohen Schulen neben dem Streben des Staates, sie zur Stätte der Ausbildung seiner Diener zu machen, ein anderes Verständnis steht: Als Versuch, den -niörund der Dinge- ar erkennen (rerum cognoscere causas), ist Stu dium und Forschung an den hoher Schulen ein elementar humanes Unterfangen. Der Staat kann es fördern, aber auch ernstlich behindern. Das alte Streben der hoher Schulen, gegenüber dem Staat (abei auch der Kirche) Freiheit zu gewinnen, entspringt dieser humaner Komponente des Lehrens, Lernens und Forschens. Das Autonomieproblem steht also in engstem Zusammenhang mit dem Erkenntnisstreben als Motor der Arbeit an der Hochschulen, es muß daher mit der Fragen um die Einheit von Lehre und Forschung in engere Beziehung gesetzt werden als bisher.

Der Zusammenhang zwischen der Hochschizlautonomie und der Einheit von Lehre und Forschung

Sowohl die Hochschulautonomie wie auch das Prinzip der Einheit von Lehre und Forschung waren in der neuesten Zeit massiver Kritik ausgesetzt. Noch so sympathische Appelle zur Verteidigung beider dürfen uns nicht davon abhalten, uns über j-ene Schwächen und Mängel Rechenschaft zu geben, die solche Kritik erleichtert haben. So muß es scharf gesehen werden, daß der ärgste Feind der Hochschulautonomie dieser weniger schadet als jeder ihrer Verfechter, der dann, wenn er sie praktiziert, nach Sympathie oder Antipathie verfährt und sachliche Maßstäbe zur Seite schiebt. Und es muß auch ausgesprochen werden, daß die Einheit von Forschung und Lehre dort am stärksten bedroht ist, wo der, der die Einheit zu verkörpern hat, wo also der Professor in seiner eigenen Person die Trennung vollzieht. Wer tüchtig forscht und schlecht vorträgt oder aber nur mehr lehrt und nicht auch schreibt, macht die Hochschule entweder zur Akademie oder zur Berufsschule. Soll die größte Gefährdung der Hochschulautonomie und der Einheit von Lehre und Forschung nicht von den Hochschulen selbst kommen, so tut das not, was am Anfang jeder guten Reform zu stehen hat: Gewissenserforschung, und ehrlicher Wille zum Besseren.

werden, weil es derzeit immer der Staat ist, von dem wir Reformmaßnahmen fordern. Staatlicher Gestaltung aber sind Wesenszüge eigen, die wie das Verteilen mit dem Anspruch auf Gerechtigkeit dort Schwierigkeiten auslösen, wo man auf Märkte stößt.

Während die Finanzierung der Ausbildung durch Studienbeihilfen,

Uniformität spricht, sollten alle Möglichkeiten geprüft werden, für ein Gründungsprojekt (wie Klagenfurt) eine die Hochschule stärker vom Staat distanzierende Verfassung zu finden.

Da die Hochschulen Leistungen erbringen, nach denen starke Nachfrage besteht, liegt es nicht in der Natur der Sache, sondern nur am Beharrungsvermögen des Gewordenen, daß Verteilung und nicht Konkurrenz die Finanzierung der Hochschulen kennzeichnet. Immerhin sollte es als erreichbares Nahziel erkannt werden, daß finanzielle Dis-

Wenn die Verstärkung des Wettbewerbs leistungssteigemd wirken kann, dann hier. Es ist also geboten, den bisher oft auf die Assistenten eines Professors beschränkten Kreis der Habilitationskandidaten erheblich auszuweiten. Das geschieht am besten gleich bei Studienabschluß. Bietet man dann den tüchtigsten Absolventen sogleich attraktive Forschungsstipendien und sichert man ihnen die Einrechnung der für die Vorbereitung einer Habilitation aufgewandten Zeit bei späterem Eintritt in den Staatsdienst (oder auch einen Großbetrieb) zu, so wird man viele

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