Reformwille bei Bildung und Forschung

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Mit der anstehenden Reformierung des Lehrerdienstrechts und der im Ministerrat beschlossenen gemeinsamen "Strategie für Forschung, | Technologie und Innovation“ geht die Regierung zwei bedeutende Zukunftsthemen an. Ein durchaus medienwirksamer Schulterschluss.

Die Forderung der Lehrergewerkschaft an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen nach einer Reduktion der Wochenarbeitszeit von 40 auf 38 Stunden überraschte. Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) sieht darin "eine weitere Bestätigung“, dass man "nur gemeinsam, als Regierung, eine Lösung finden wird“. Dieser Wunsch wurde übrigens nicht erst im Interview ihres Vorsitzenden Jürgen Rainer mit der Sonntags-Presse, sondern bereits Mitte Februar in einem Gespräch mit der APA präsentiert.

Die Größe und Dynamik der Reform des Lehrerinnen- und Lehrerdienstrechts sei jedenfalls immens: Es gehe um 30 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst, wie die Ministerin gegenüber der FURCHE betont.

Zuvor war Schmied bereits Parteikollegin Gabriele Heinisch-Hosek zu Hilfe gekommen, welche Rainers Wunsch in Zeiten des Sparzwangs als "provokant“ einstuft: "Das zu fordern hat sicher keine Vorbildwirkung für andere Gruppen im öffentlichen Dienst“, so die Beamtenministerin.

Streit über Inhalte des Lehrens

Diesen hatte Heinisch-Hosek gerade ihre Absage der geplanten Überarbeitung des Beamtendienstrechts zukommen lassen. Lediglich die Änderungen für Lehrerinnen und Lehrer sollen mit dem Koalitionspartner verhandelt werden. Über den Rest des Vorhabens sagte sie zum Nachrichtenmagazin Profil: "Dieses Geld haben wir im Moment einfach nicht.“

An den Lehrergewerkschaften hatte sich Claudia Schmied bereits im Frühling 2009 politisch die Zähne ausgebissen. Damals wie heute stand die Idee im Raum, dass Arbeitszeiten inhaltlich effektiver genützt werden müssten. So sollen Lehrer zwar nicht mehr unterrichten als bisher; jedoch sollten Vorbereitungszeiten, die einen bedeutenden Anteil der Arbeitszeit ausmachen, teils für die Betreuung von Schülern umgewidmet werden. Dies korrespondiert mit den Plänen der Regierungsparteien zum Ausbau ganztägiger, bedarfsorientierter Betreuung an den Schulen.

Starke Gewerkschaft

Vor zwei Jahren hatten die Gewerkschafter erfolgreich die Botschaft lanciert, dass Schmieds Vorhaben zu einer tatsächlichen Steigerung der Wochenarbeitszeit führen würde. Es folgten massive Proteste der Lehrerschaft. Und auch innerhalb der SPÖ hatte die Bildungsministerin nicht den Rückhalt, der dem Vorhaben dienlich gewesen wäre, weshalb die Reform schließlich abgeblasen wurde. Noch erinnerlich ist Schmieds Empörung ob der "Solidarität von Finanzminister Josef Pröll mit streikenden Lehrervertretern“.

Nun zeigt sie sich erstarkt und spricht von einer Reform, "die ich eineinhalb Jahre lang professionell vorbereitet habe“. Mit Heinisch-Hosek sei alles abgesprochen, die Gespräche mit dem Finanzminister und ÖVP-Chef laufen noch. Nächster gemeinsamer Verhandlungstermin ist der 15. März. Schmied zeigt sich zuversichtlich, wenngleich sie anmerkt, dass sie auch 2009 das Gefühl hatte, "ein Wir zu sein“. Zumindest gegenüber Wissenschaftsministerin Beatrix Karl wird dieses Gefühl künftig leiden: Sie wurde innerhalb der ÖVP entmachtet. Künftig soll Bildungssprecher Werner Amon weite Teile der Bildungsreformen mit Schmied verhandeln.

Kompromisslose Einigkeit signalisierte die Regierung am Faschingsdienstag, an dem zugleich der Internationale Frauentag begangen wurde. Für die Ministerinnen Schmied und Karl sowie Doris Bures (Verkehr, Innovation und Technologie, SPÖ) und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), der sich scherzhaft als "Quotenmann“ bezeichnete, stand die Präsentation der "Strategie für Forschung, Technologie und Innovation“ (FTI) an.

Wichtigste Botschaft ist die Steigerung der Forschungsquote - also der Staatsausgaben für Forschung und Entwicklung - auf 3,76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2020. Zwar wurden im Regierungsprogramm 2008 vier Prozent angestrebt, das sei jedoch wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht zu halten.

Wie auch über allen Statements der vier Regierungsmitglieder die mehr oder weniger deutlich ausgesprochene Botschaft stand, man agiere vorbehaltlich der "notwendigen budgetären Konsolidierung“. Immerhin wurde einmal mehr eine Steigerung der aktuellen Forschungsquote von 2,76 Prozent des BIP festgeschrieben.

Infrastrukturministerin Bures mahnte das Zusammenspiel von Bildung, Grundlagen- und Angewandter Forschung sowie einer sinnvollen Unternehmensförderung ein. Nur damit würde Österreich Erfolg haben und künftig "zu den innovativsten Ländern der EU gehören“. Sie bekannte sich zum Aufbau von "Humanressourcen“ in den relevanten Forschungsbereichen, unter die sie etwa die Herausforderungen des Klimawandels und der demografischen Entwicklung einordnete.

Zugleich gelte es Doppelgleisigkeiten zu minimieren und ganz allgemein "den Dschungel der Forschungslandschaft zu entforsten“. Jedoch: "Wir müssen nicht alles neu erfinden oder anders machen“, sprach sie den Akteuren und Institutionen der heimischen Forschung ihr Lob aus. Eine besondere Freude war es ihr, genau zum Frauentag die Etablierung eines "Gender-Aspekts“ zu verkünden: Ab Oktober sollen heimische Forschungsstätten, die Frauen fördern, dafür besondere Forschungsgelder lukrieren können.

Wirtschaftsminister Mitterlehner pochte darauf, vorhandenes Innovationspotenzial zu nutzen. Im Sinne des erforderlichen Zusammenwachsens von Wissenschaft und Wirtschaft seien besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) anzusprechen. Die Regierung plane eine "Roadshow“, um sie zu erreichen.

Zugleich werde der von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) vergebene "Innovationsscheck“ von 5000 auf 10.000 Euro aufgestockt: Leistungen dieses Gegenwerts können KMU auf Antrag bei außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Fachhoch- schulen und Universitäten in Anspruch nehmen. Mitterlehner will die Förderung thematisch ausweiten und für Unternehmen aus dem Bereich der Kreativwirtschaft und der Nachhaltigkeit ("Green Jobs“) zugänglich machen. Am Ende äußerte er sich selbstkritisch-zuversichtlich zur Forschungsstrategie: "Nicht das Papier zählt, sondern wie wir es leben.“

Top-Forschung im Exzellenzcluster

Die Hochschulen spielen eine maßgebliche Rolle bei der Innovation, sagte Wissenschaftsministerin Karl. An den Unis sind ihr zwei Bereiche wichtig: Einerseits der Wissenstransfer - von der Grundlagenforschung zur praktischen Anwendung -, andererseits die "Stärkung der Exzellenz“. So sollen bis 2020 zehn "Exzellenzcluster“ an den Universitäten eingeführt werden, in denen sich Top-Forschung manifestieren soll.

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften nahm die FTI-Strategie grundsätzlich positiv auf, Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und FFG ebenso. "Kein großer Wurf“, sagen die Grünen. So sieht Ruperta Lichtenecker, Vorsitzende des Parlamentarischen Ausschusses für Forschung, Technologie und Innovation, zwar "viele Worthülsen“, vermisst aber einen "konkreten Maßnahmenplan“.

Innovation

Während die Regierungsparteien die gemeinsame Strategie für Forschung, Technologie und Innovation im Ministerrat beschlossen haben, muss sich Bildungsministerin Claudia Schmied (ganz oben) auf weitere Lehrerproteste einstellen.

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