Reife Lust aufs Lernen

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Es bedarf klarer Ziele, damit dem herbstlichen Bildungshunger nicht der Kursfrust folgt

Am Anfang herrscht die Euphorie. Ein paar Wochen später schon Ernüchterung. Wie den guten Neujahrsvorsatz ereilt auch die Lernmotivation bei Weiterbildungskursen allzu oft ein früher Tod. Ein Hauptgrund für Frustration während oder nach dem Besuch eines Kurses ist vor allem die unzureichende Klärung der eigenen Erwartungen und Ziele, weiß die Linzer Trainerin und Lebensberaterin Renate Birgmayer: "Viele Erwachsene besuchen einen Kurs, von dem sie nichts haben. Sie erwerben eine Qualifikation, die sie gar nicht ausüben wollen oder können." Die erste Frage vor der Kursanmeldung sei demnach: Brauche ich das überhaupt?

Ist das Ziel einmal geklärt, muss allerdings noch eine zweite Gretchenfrage beantwortet werden, betont Birgmayer - jene nach der verfügbaren Zeit. "Wenn man für einen Kurs nur dann lernen will, wenn man dafür Zeit übrig hat, geht es sicher schief." Notwendig sei deshalb eine fixe Verankerung der Lernphasen im Terminkalender, weiß die Leiterin des Instituts "ThinkPäd" für Wirtschafts-training und Erwachsenenbildung (www.thinkpaed.com). Sich nur berieseln zu lassen und das Mitlernen auf den Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben, sei jedenfalls der beste Garant für Unsicherheit und Frust. "Denn Lernen heißt ja verdauen."

Effektives Büffeln

Zu verdauen haben bildungswillige Erwachsene einiges: Etwa die Tatsache, dass ihre Lern- und Merkfähigkeit nicht die selbe ist wie in der Schulzeit. "Ihr Gehirn ist wesentlich voller als das eines Kindes", bringt es Birgmayer auf den Punkt. Um effektiv zu lernen, sollten also im Vorfeld eines Kurses die optimalen Lerntechniken bestimmt werden. Dazu gehört vor allem die Klärung des Denk- und Wahrnehmungstyps. Ob der Lernstoff am besten mit den Augen (visuell), mit den Ohren (auditiv) oder durch Bewegung (kinästhetisch) aufgenommen wird, hat maßgeblichen Anteil an der Effizienz des Lernens. Auch kurze Einheiten, anschauliche Materialien, (positive) persönliche Feedbacks, das Stecken erreichbarer Ziele und kleine Belohnungen sind Säulen des Lernerfolgs.

Dennoch bedeutet (abendliches) Büffeln vor allem eines: Mühe. Und die nehmen immer mehr Erwachsene - wenn auch dann und wann ermüdet - in Kauf. Freiwilligkeit und erhöhte Motivation sind charakteristisch für diese Spezies - aber auch eine hohe Erwartungshaltung. Wird diese nicht erfüllt, so folgt die Strafe auf den Fuß, weiß Universitätsprofessor Werner Lenz, Leiter der Abteilung Weiterbildung am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Graz. "Wo bezahlt wird, wird eingefordert. Die Teilnehmer stimmen dann eben mit den Füßen ab." Gähnende Leere im Seminarraum ist die Folge, wenn ein Kurs nicht hält, was das Programm verspricht.

Entsprechend groß ist das Interesse an einer Qualitätssicherung im Weiterbildungsbereich. Noch harrt man allerdings einer bundesweiten Evaluation des boomenden Weiterbildungsmarktes. Bevorzugtes Ziel des Österreichischen Instituts für Berufsbildungsforschung (ÖIBF) ist es deshalb, den Nepp in Grenzen zu halten. "Das Problem ist aber, dass die wenigsten wissen, was es überhaupt gibt", kritisiert ÖIBF-Geschäftsführer Peter Schlögl. Vergleichsstudien in diesem Bereich sind noch lange nicht in Sicht. Bevorzugtes Kriterium für die Kurswahl ist darum nach wie vor das Hörensagen.

Die Qualität eines Kurses jedenfalls "steht und fällt mit dem Trainer", ist Schlögl überzeugt. Umso bemerkenswerter sei es, dass viele Trainer in mehreren Bildungseinrichtungen - mit erheblichen Unterschieden bei den Kurskosten - arbeiten würden. Preisvergleiche sind also anzuraten - zumal sich die durchschnittlichen Kurskosten in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht haben. Sich gründlich zu informieren ist auch beim Spießrutenlauf durch den Förderdschungel angebracht. Nachdem Förderungen Ländersache sind und zudem unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen bestehen, ist folgende Konstellation weiterhin zu befürchten: dass einem Teilnehmer derselbe Kurs teurer zu stehen kommt als seinem Vis-à-Vis.

Infos zur Weiterbildungsförderung

unter www.bfi.at und www.waff.at (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds), bei allen Arbeiterkammern, bei der Bundeswirtschaftskammer sowie beim Arbeitsmarktservice.

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