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Run auf neue Lehrmethoden
Erziehungskonzepte ganzheitlicher Art sind neben Fachausbildungen zunehmend „in" - nicht nur arr privaten, sondern auch schon an öffentlichen Schulen, nicht nur in Wien.
Erziehungskonzepte ganzheitlicher Art sind neben Fachausbildungen zunehmend „in" - nicht nur arr privaten, sondern auch schon an öffentlichen Schulen, nicht nur in Wien.
Hilf mir, es selbst zu tun": Diese Bitte richtete ein Mädchen vor mehr als 80 Jahren an die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori. Heute ist das Erziehungskonzept Montessoris modern wie nie zuvor. „Begleitung" statt Bevormundung, Lern- und Arbeitsangebote zur Auswahl anstelle eines vorgegebenen Stundenplans, Anpassung des Lerntempos an die individuelle Entwicklung, selbstverständliches Miteinander von Kindern mit unterschiedlichen Begabungen - das wird nicht nur im Montesso-ri-Zentrum in Wien-Penzing praktiziert, sondern auch in vielen „Montessoriklassen" in öffentlichen und privaten Volksschulen.
„Die Leute rennen uns die Türen ein", freut sich Eva Slama, Direktorin der öffentlichen Volksschule Kindermanngasse in Wien-Her-nals. Das, obwohl für die Anschaffung der speziellen „Montessori-Materialien", die den Kindern das „Begreifen" des Lehrstoffes erleichtern sollen, die Eltern oft tief in die Tasche greifen müssen. 60.000 Schilling kostet die Grundausstattung für eine Klasse, die Möglichkeiten, Materialien im Montessori-Zentrum auszuleihen, sind beschränkt. Viel Idealismus brauchen auch die Lehrer, nicht nur im Unterricht selbst. Die teure Ausbildung im Montessori-Zentrum müssen sie auf eigene Kosten absolvieren.
Elemente der Montessori-Pädagogik enthält auch das rund 70 Jahre alte Konzept des französischen Lehrers Celestin Freinet. „Manchmal lassen wir falsch geschriebene Wörter unkorrigiert, damit die Kinder den Fehler selbst finden können. Das hat die Eltern anfangs irritiert", berichtet Lucia Marschner, Leiterin der öffentlichen Volksschule Zenner-straße in Wien-Penzing. Nun werde jedoch von vielen Eltern Freinet-Pädagogik ausdrücklich gewünscht. Denn aus eigenem Antrieb, aus „Wissensdurst" lernen Kinder nun einmal besser.
In Freinet-Klassen geht der Unterricht von Erlebnissen und Fragen der Kinder aus. Der Lehrer hilft bei Arbeit und Selbstorganisation und unterstützt die Herausbildung demokratischer Strukturen in der Klasse - notfalls auch unter Einsatz seiner Autorität. Ungezügelte Freiheit herrscht weder in Montessori- noch in Freinetklassen, vielmehr soll der Umgang mit Freiräumen unter sozialen Bahmenbedingun-gen erlernt werden.
Ein besonderes Kostenproblem stelle sich für die Freinet-Klassen nicht, erklärt Lucia Marschner. „Wir helfen sogar sparen, weil wir jeweils nur ein Schulbuch für die ganze Klasse brauchen." Ihre „Arbeitsblätter" erstellen die Kinder selbst. Allerdings gibt es in der Zenner-straße - nach dem Vorbild der Schule Celestin Freinets - zur Gestaltung der „Arbeitsbibliothek" eine eigene Hausdruckerei, finanziert durch eine Spendenaktion.
Idealismus ist auch an den Budolf-Steiner-und Waldorfschulen gefragt. Die „Waldorfpädagogik" wurde vom österreichischen Pädagogen und Philosophen Rudolf Steiner entwickelt, die erste Waldorfschule entstand 1919 in Stuttgart für die Kinder der Mitarbeiter der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik. Angewendet wird diese „ganzheitliche" Unterrichtsmethode in Osterreich vor allem in Privatschulen. Seit 1993 gibt es aber auch an der öffentlichen Volksschule Petrusgasse in Wien-Landstraße Waldorfklassen, ab dem kommenden Schuljahr ist die Fortführung für die Zehn- bis Vierzehnjährigen in der „Mittelschule" Hör-nesgasse geplant.
Waldorfklassen werden während der ersten acht Schuljahre vom „Klassenlehrer" begleitet; der konzentrierte Unterricht vieler Fächer in „Epochen", die jeweils mehrere Wochen lang dauern, soll das Lernen effizienter gestalten. Bis zur Hauptschulreife ist die Waldorf-Ausbildung staatlich voll anerkannt, am „Budolf-Steiner-Oberstufenrealgymnasium mit Öffentlichkeitsrecht" in Wien-Hietzing kann auch die Matura abgelegt werden. An den anderen österreichischen Waldorfschulen ist das zwölfte Schuljahr ein „Forschungsjahr", das ins wissenschaftliche Arbeiten einführen soll - was aber bedeutet, daß die Schüler für den AHS-Abschluß ein 13. Schuljahr an einer anderen Schule absolvieren müssen.
Umstritten ist die Nähe der Waldorfpädagogik zur Anthroposophie. Viele, doch bei weitem nicht alle Waldorfpädagogen bekennen sich zu dieser Weltanschauung Budolf Steiners; doch die Verantwortlichen betonen, daß keinerlei weltanschauliche Beeinflussung der Kinder angestrebt werde. Waldorfschulen seien auch keine „Sektenschulen" der „Christengemeinschaft". Tatsache ist, daß es dort katholischen und evangelischen Beligionsunterricht ebenso wie jenen der „Christengemeinschaft" und eine „freichristliche" Ethikunterweisung gibt
Echte „Sektenschulen" haben im öffentlichrechtlichen Schulwesen keinen Platz. Manche freikirchliche Gruppen bieten jedoch - ebenso wie andere Vereine oder Institutionen - „häuslichen Unterricht" für Kinder ihrer Mitglieder an. Ihren Lernerfolg müssen die Schüler durch Prüfungen an Schulen mit Öffentlichkeitsrecht nachweisen. Als Institution für „häuslichen Unterricht" gilt auch das „Kreativ College" des gleichnamigen „Vereins zur Förderung und zum Schutze von Kindern".in Wien-Wieden. Gelehrt wird dort nach der Studiertechnologie des Scientology-Gründers L. Bon Hubbard.
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