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„Salzburger Jahr“ geht zu Ende

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Der nunmehr zum Finanzminister designierte Landeshauptmann von Salzburg Dr. Josef Klaus hatte das Jahr 1960 zu einem besonderen „Salzburger Jahr" proklamiert, das allerdings in seiner Dauer nicht genau 12 Monate ausmachen sollte, da es erst im Mai dieses Jahres zu Ende geht. Es stand einerseits,im Zeichen besonderer historischer Gedenktage. die vor allem jetzt, zum Ausklang,. eine besondere RoHe spielen ■ (das Bundesland Salzburg feiert am 14. und 15. Mai mit einem großen Landesfest unter Teilnahme des Herrn Bundespräsidenten das 100- Jahr-Jubiläum der selbständigen Landesverwaltung), während es anderseits das Aufbauwerk der Jahrzehnte nach den beiden Weltkriegen irgendwie zu einem vorläufigen Ende führte. Waren doch im Jahre 1960 40 Jahre seit der Begründung der Salzburger Festspiele und 25 Jahre seit der Eröffnung der Großglockner Hochalpenstraße vergangen und konnte dieses Doppeljubiläum in Verbindung mit der Eröffnung des neuen Festspielhauses begangen werden. Allein in dieser Symbiose drückte sich aus, was Dr. Klaus unzählige

Male in Reden als die notwendige Voraussetzung für ein Blühen und Gedeihen im Lnade bezeichnet hat: die gegenseitige Ergänzung von Kultur und Wirtschaft, das Wirken der einen Komponente im Dienste der anderen. Zu häufig werde, wenn von Salzburg die Rede sei, nur die kulturell-künstlerische Seite betont und der Begriff Salzburg geradezu mit Mozart und den Festspielen identifiziert, so. als ob dieses Land nicht dieselben wirtschaftlichen Probleme und Schwierigkeiten hätte wie andere Bundesländer, deren Name entweder lediglich mit dem Fremdenverkehr oder mit anderen wirtschaftlichen Faktoren wie Industrie oder Kraftwerksbau genannt wird.

Wirtschaftliche Zwischenbilanz

Auf einer großen Wirtschaftsenquete, die über Initiative von Doktor Klaus anfangs dieses Monats Fachleute aus der Beamtenschaft der Behörden und öffentlichen Dienststellen mit den Experten der Kammern und anderen wirtschaftlichen Vertretungen zusammenführte, konnte auf das Anhalten der günstigen Entwicklung im

„Salzburger Jahr“ auf fast allen Gebieten der Wirtschaft hingewiesen werden. Im Baugewerbe, im Fremdenverkehr, in verschiedenen anderen Sparten, insbesondere dort, wo Facharbeiter, Angestellte oder gar Akademiker mit einer bestimmten fachlichen Ausbildung benötigt werden, war eine Überbeschäftigung festzustellen,,, die Zähl der Däuerarbeitsplätze ist im Zunehmen, die Saisonärbeitslosigkeit im Abnehmen. Die Produktion konnte im letzten Jahr abermals wesentlich gesteigert werden, am Umsatzsteueraufkommen überflügelte das Land Salzburg die beiden wesentlich größeren Bundesländer Tirol und Kärnten; der gesamtösterreichische Anteil erreichte 10,8 Prozent, während der Bevölkerungsanteil nur 4,6 Prozent ausmacht; am Einkommensteuer-Aufkommen ist Salzburg mit neun, am Lohnsteuer-Volumen mit acht Prozent beteiligt. Viermal so hoch wie der Bundesdurchschnitt ist in Salzburg, bedingt durch den Fremdenverkehr, die Kopfquote an Deviseneingängen: 3400 gegenüber 898 Schilling; erstmals wurde im Jahre 1960 bei den Einnahmen aus dem Fremdenverkehr die Milliardengrenze beträchtlich, um 104 Millionen Schilling überschritten — das Ausfuhrvolu- men ist seit etlichen Jahren bei rund 850 Millionen Schilling stationär.

Kann das Niveau gehalten werden?

Diese wenigen Zahlen beweisen, daß, abgesehen von der Konjunktur in der ganzen Welt und im gesamten Österreich, die natürlich einem Fremdenverkehrsland wie Salzburg in besonderer Weise zugute kommt, im „Salzburger Jahr“ eine richtige Wirtschaftspolitik betrieben wurde, daß sich die gemeinsamen Anstrengungen gelohnt haben. Vermehrte Aufmerksamkeit und Bemühungen müssen allerdings darauf verwendet werden, dieses erreichte Niveau zu halten auch in Jahren, die nicht, wie 1960, Rekordjahre sind. Darüber hinaus gilt es, die schwachen Stellen zu erkennen und Förderungsund Sanierungsmaßnahmen dort anzusetzen, wo man sie erkannt hat, vor allem auf den Gebieten des Straßen- und Wasserbaues, der Lawinen- und Wildbachverbauung, die von Jahr zu Jahr mehr zu ausgesprochenen Sorgenkindern des Landes Salzburg werden.

Wie das Bundes-, so ist auch das Salzburger Landesbudget 1961 größten Belastungen ausgesetzt, so daß die öffentlichen Investitionen gekürzt werden mußten. Zu große Anforderungen waren in den letzten Jahren gestellt worden, vor allem durch den Ausbau der Landeskrankenanstalten, des Landesstraßen- und Brückennetzes, das im Gebirgsland ungleich höhere Kosten erfordert als etwa im flachen Bürgenland (weshalb sich Salzburg bisher stets, wenn auch ohne Erfolg, um einen gerechteren Aufteilungsschlüssel bei der Verteilung der Mittel für den Bundesstraßenbau bemüht hat, der ebenfalls im Gebirgsland pro Kilometer ein Vielfaches von den Kosten im Flachland beansprucht). Nunmehr heißt es sparen, sparen… und trotzdem eine Wirtschaftspolitik betreiben, die dem Lande seinen Standard erhalten hilft und es in die Lage versetzt, den großen kulturellen Aufgaben, die in erster Linie in der Subventionierung des Festspielabganges bestehen, ungemindert nachzukommen.

Sparen — und weiterbauen!

Bei der Wirtschaftsenquete, die schon erwähnt wurde, hat daher Landeshauptmann Dr. Klaus der künftigen Wirtschaftspolitik des Landes eine dreifache Aufgabe zugemessen.:

• Sie muß mit den natürlichen, gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten rechnen.

• Sie muß sich auf schwache Stellen konzentrieren.

• Sie darf Pluspunkte nicht vernachlässigen. Mit den Gegebenhei ten rechnen, heißt bedenken, daß Salzburg arm an Erzen und fruchtbaren Böden ist, daß es also weder zu einem ausgesprochenen Industrie- noch zu einem Agrarland prädestiniert ist, daß es aber reich an Gewässern, also Energiequellen, an Wäldern, Wiesen und Almen, an Bergen und Seen, reich auch an Kulturstätten ist, die es richtig auszuwerten und zu pflegen gilt. Kommt dazu die Besinnung auf Tradition, Heimat- und Landesbewußtsein, so mag es nicht schwerfallen, sich aus diesen Kraftquellen heraus auf die schwachen Punkte zu konzentrieren, die vor allem in den unterentwickelten Gebieten des Lungaues und oberen Pinzgaues liegen, bei den Bergbauern ebenso wie bei den gefährdeten Berufen des Gewerbes, die immer mehr in den Sog der Industrialisierung zu geraten drohen, beziehungsweise nicht in der Lage sind, mit dieser in Konkurrenz zu treten. Und die P 1 u s- punkte, die es nicht zu vernachlässigen gilt, ergeben sich aus den Erfolgen, die bisher erreicht werden konnten, in erster Linie natürlich auf dem Gebiete des Fremdenverkehrs, der durch die Erschließung von Sommer- Skigebieten neue Möglichkeiten erhalten soll, in der Bedachtnahme auf die Erhaltung und Steigerung des Niveaus der Salzburger Festspiele als der großen Attraktion Salzburgs, die den Namen der Stadt und des Landes zu einem Weltbegriff gemacht hat.

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