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„Sanftes Reisen”: Weiterhin ein Fremdwort
Seit Jahren wird über die Umwelt- und Sozial Verträglichkeit von Reisen diskutiert. Ein Blick auf aktuelle Angebote zeigt: „sanfte” Beiseangebote sind weiterhin selten.
Seit Jahren wird über die Umwelt- und Sozial Verträglichkeit von Reisen diskutiert. Ein Blick auf aktuelle Angebote zeigt: „sanfte” Beiseangebote sind weiterhin selten.
Sieht man sich die Angebote am Beisesektor an, so findet man alles: Städtepakete, Safaris, weite Strände und blaues Meer, einsame Südseeinseln, Urlaub zu Hause ... Wer jedoch die Frage nach ökologisch oder sozial verträglichen Angeboten stellt, nach Tourismusbetrieben mit speziellen Öko-Kriterien, stößt meist auf Unwissen und verständnislose Gesichter: „Wir haben nur das Standardangebot”, „So etwas werden sie nirgendwo finden” - so die Antworten der sonst kompetenten Berater.
1980 propagierte Bobert Jungk erstmals den Begriff „sanftes Beisen”, das im Gegensatz zum hemmungslosen Inbesitznehmen von Reisezielen, Zer-
Störung natürlicher Biotope und sozialer Strukturen stehen sollte. Vor allem auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin wurde noch vor einigen Jahren heftig darüber diskutiert, wie sich dieses Konzept umsetzen ließe. Beschlossen wurden einige Memoranden zum Thema, große Beisekonzer-ne hefteten sich den Ausdruck stolz auf ihre Fahnen.
Einige Jahre später ist von diesen guten Vorsätzen nicht viel geblieben. Die Beiseprospekte sind mehr als je zuvor Bilder einer heilen Welt ohne wirtschaftliche, soziale oder ökologische Probleme: Fröhlich lächelnde, immer freundliche, singende und tanzende „Eingeborene”, faszinierende Begegnungen mit Tieren, ungestörtes Schwimmen an klinisch sauberen Stränden oder noch besser in hermetisch abgeriegelten Clubs. Dabei ist es egal, ob es sich um Sri Lanka, Vietnam, Indonesien oder europäische Länder handelt.
Sanftes Beisen scheint nicht mehr wert, als Werbeargument eingesetzt zu werden. „Bisher hat mich noch niemand nach solchen Angeboten gefragt”, ist ein oft gebrauchtes Argument. Fernreisen werden durch den gnadenlosen Preiskampf und das beispiellos billige Kerosin immer günstiger. Manchmal kostet es weniger, um den halben Globus zu Jetten als in Hotels benachbarter Länder zu nächtigen.
Erfüllt werden meist nicht einmal Mindestforderungen des „sanften” Ansatzes: Die Hintergrundinformationen zu Urlaubszielen bringt nur die erwähnten Klischeebilder. Nationale oder gar regionale Eigenheiten verschwimmen im Einheitsbrei der makellosen Katalogbilder.
Was bleibt hier an Alternativen für Menschen? Obwohl es auch im Angebot der Österreich-Urlaube schwierig ist, solche zu finden, die ansatzweise Vorstellungen vom „sanften Beisen” entsprechen, wird doch zumindest in einigen Begionen mit dem „Erlebnis Natur” geworben. Teilweise wird darauf verwiesen, es gelte, diese zu bewahren. Auch wer Träger von Um-weltpreisen oder Ökosiegeln ist, weist auf diese Merkmale hin.
Im Öko-Test-Magazin (3/97) findet sich eine Übersicht darüber, was kleinere Beiseveranstalter zum Schwerpunkt „sanftes Reisen” anbieten. Angebote gibt es dabei nicht nur für In-dividualreisende, geboten werden neben Kreativ- und Bildungsurlauben auch Gruppenreisen in ferne Länder. Weitere Anbieter werden immer wieder im (deutschen) Magazin „Verträglich Reisen ” (zu bestellen über Pf 40 19 03,80719 München) vorgestellt.
Hoffnung macht zudem, daß von der Regierung unter anderem Projekte in Uganda unterstützt werden, in denen die Aus- und Fortbildung von Reiseleitern im Vordergrund steht. Zukunftsweisend ist auch ein mit „Einheimischen” entwickeltes World-Wildlife-Fund-Projekt in Brasilien.
Seit 1995 werden im „To Do!”-Wettbewerb vom deutschen Studienkreis für Tourismus und Entwicklung Preise für sozialverantwortlichen Tourismus vergeben. Im Vorjahr wurden immerhin 23 Projekte a,us 13 Ländern eingereicht. Ausgezeichnet wurde etwa die Ferienanlage „Sua Bali” auf der Insel Bali, in der „wie selbstverständlich soziale und kulturpolitische Hintergründe dieses Lebensraumes einbezogen werden”, so ein Zitat aus der Begründung der Jury.
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