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Digital In Arbeit

Schluß mit den überholten Privilegien!

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Eine aufgeblähte Verwaltung, die laufend weiterwächst, als Herberge für motivations- und leistungsfeindliche Nischen...

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Eine aufgeblähte Verwaltung, die laufend weiterwächst, als Herberge für motivations- und leistungsfeindliche Nischen...

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An der Spitze steht ein liberales Menschenbild, das dem einzelnen vertraut und ihm die Freiheit geben will, seine Fähigkeiten in seine berufliche Tätigkeit einzubringen.

Der Staat als Arbeitgeber denkt heute noch in den Kategorien der Hofkanzleien des 19. Jahrhunderts. Veraltete Strukturen frustrieren viel zu viele tüchtige und leistungswillige Staatsdiener und bieten zu viel Platz für die innere Kündigung fauler Menschen, deren einziges Ziel das rasche unbeschädigte Erwerben der Frühpension ist.

So liegt das durchschnittliche Pensionsalter beim Wiener Magistrat bei 53,8 Jahren. Die laufenden Krankenstände erreichen hier ein Vielfaches der ASVG-Versicherten. Ein klassisches Beispiel von Führungsschwäche des Arbeitgebers öffentlicher Hand, der weder Mut zur Moti-vatiopn noch zu sinnvoll Begrenzter Härte gegen Mißbrauch hat.

So sehr die Hoheitsverwaltung eine originäre Staatsaufgabe ist, muß die Privatwirtschaftsverwaltung schrittweise aus den öffentlichen Bereichen ausgegliedert werden. Nur was der Staat zum Wohle seiner Bürger und Bürgerinnen besser, effizienter und nachvollziehbarer durchführen kann, soll weiter zu seinen Aufgaben gehören. Alles Bestliche ist privaten Trägern zu überantworten. Der Aufbau von Wettbewerb so weit wie irgend möglich, garantiert Druck auf die Kosten und verbessert die Dienstleistungsqualität.

Die Beglementierungswut der Politik glaubt blasphemisch daran, daß man das Zusammenleben der Bürger und Bürgerinnen bis ins Detail regeln könne. Eigenverantworung und Wettbewerb sind durch ein immer dichteres Beglementierungswerk vorsätzlich eingeschränkt. Die Verwaltung leidet darunter und wird zunehmend vor unlösbare Aufgaben gestellt. 21 öffentlich Bedienstete je

100 Beschäftigte in Österreich stehen nur 16 in Deutschland und elf in der Schweiz gegenüber. Bei einem Anstieg der Gesamtbeschäftigung 1994 von 14.000 ist die Anzahl der Bediensteten im öffentlichen Dienst um 22.400 gestiegen.

Autoritäre Führungsstrukturen beeinträchtigen die Motivation der Mitarbeiter

Die Wettbewerbswirtschaft hat durch den Druck des Marktes getrieben schon lange verstanden, daß Produktivität und Qualität nicht durch den Zwang autoritärer Führungs-

Sie arbeiten beim Staat

Von je 100 Erwerbstätigen sind im öffentlichen Dienst strukturen erreicht werden kann. Neben den von den Mitarbeitern als selbstverständlich betrachteten arbeitshygienischen Faktoren, wie Gehalt, Arbeitsbedingungen und kooperativer Führungsstil, tritt die Motivation. Nur der selbstbestimmte Mitarbeiter, der sich und seine Tätigkeit wieder erkennt und Arbeit als Erfüllung seiner beruflichen Identität empfindet, ist kreativ und bereit, sich seiner beruflichen Herausforderung aktiv zu stellen.

Diejenigen Unternehmen am Markt, die diese Zusammenhänge entweder nicht verstanden haben oder nicht begreifen wollen, finden wir in den langen Listen der Insolvenzstatistiken. An den Arbeitgebern in den geschützten, Bereichen sind, von positiven Ausnahmen abgesehen, diese gesellschaftlichen Entwicklungen weitgehend ohne Spuren zu hinterlassen vorübergegangen.

Ohne kostenbegrenzenden Wettbewerb gestützt, durch Monopolpreise, finanziert aus öffentlichen Haushalten oder gesichert durch Verlustabdeckungen haben sich hier soziale und arbeitsrechtliche Inseln gebildet, die in zunehmendem Gegensatz zu den realen Arbeitsbedingungen in der Wettbewerbswirtschaft stehen. Am Beginn jeder Beform der Verwaltung steht also der Mensch, dem im öffentlichen Dienst dieselben ar-beits- und sozialrechtlichen Bedingungen zumutbar sein müssen wie sie in der Wettbewerbswirtschaft für Arbeiter und Angestellte gelten. Dies inkludiert selbstverständlich das Abgehen von Biennalsprüngen wie die leistungsgerechte Bestimmung der Aktiveinkommen.

Unverständliche Pensionsprivilegien lassen die Gesamtkosten der Verwaltung explodieren und schmälern so die Möglichkeit der leistungsgerechten Gestaltung der Aktivgehälter. Pragmatisierungen werden in Zukunft nur ab der Unterschriftsebene der Abteilungsleiter sinnvoll sein, um die Kontinuität in der Vollziehung gegenüber der sich rasch wandelnden Politik sicherzustellen. Leitende Funktionen können nur auf Zeit vergeben werden, um die Gefahr von Fehlbesetzungen zumindest zeitlich einzugrenzen.

Den leitenden Beamten muß mehr Verantwortung im eigenen Wirkungsbereich gegeben werden, um sie oder ihn für den Erfolg der Arbeit eigenverantwortlich zu machen. Wenige notwendige Spielregeln garantieren individuelle Lösung der gestellten Verwaltungsaufgaben. Die Suche der geeigneten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist ein untrennbarer Teil der Führungsfunktion, die durch Personalpools innerhalb der Verwaltung unterstützt werden kann. Es gibt keinen vernünftigen Grund, außer der Ausrede, daß Veränderungen unangenehm oder unerwünscht sind, warum erfolgreiche Modelle der Managementtheorie bei entsprechendem Wollen in der Verwaltung nicht umsetzbar wären.

Pragmatisierung nur ab der Ebene der Abteilungsleiter

Spätestens beim Konkurs eines Unternehmens zeigt sich spät aber doch die Unhaltbarkeit unfinanzierbarer Versprechungen der Vergangenheit. Die oft geschwungene Keule der wohlerworbenen Rechte hat schon viele Reformen verhindert und Konkurse verursacht.

Wann tritt die Erkenntnis im öffentlichen Dienst ein, daß das versprochene sozialrechtliche Paradies den Staat, die Gemeinschaft aller Bürger und Bürgerinnen, weit über Gebühr belastet. Während die Menschen in der Wettbewerbswirtschaft im Druck des Marktes um ihre Arbeitsplätze kämpfen, sonnt sich der öffentliche Dienst in den wohlerworbenen Bechten. Beformen sind unumgänglich und werden auch an Bestehendem rütteln müssen.

Leistung, Verantwortung, Einsatz werden die Karrierefragen der Zukunft sein. Die Erfüllung von Aufgaben zum Wohle der Kunden, die hier Staatsbürger heißen, wird das Berufsbild bestimmen und das reine Absitzen von Überstunden ersetzen.

Fremdeinflüsse in der Beförderung, aus welchen parteipolitischen Gründen auch immer, werden keine Bolle mehr spielen dürfen. Die wohlerworbenen Bechte werden durch die Qualität der Arbeit ersetzt werden, die Mitarbeiter unverzichtbar macht.

Seit Jahren streiten Beformkom-missionen ohne Erfolg. Ein Minister löst den nächsten ab, um im Bereich der Verwaltungsreform nichts zu bewegen. Viele tüchtige Frauen und Männer im öffentlichen Dienst frustrieren sich an den erkannten Mißständen. Wortgebirge werden gebaut, die nicht einmal ein Mäuslein gebären, und die Gewerkschaft der öffentlich Bediensteten feiert mit Siegfried Dohr an der Spitze fröhliche Urstände.

Die Kosten der Verwaltung steigen dabei weiter und weiter. Wie lange noch? Bis der mögliche Staatsbankrott Reformen erzwingt oder die Abwertung des Schillings uns alle ärmer macht?

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