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Schule: Bitte das Grundlegende zuerst!

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Schule damals und heute – welche Parallelen lassen sich ausmachen? Ein Streifzug durch die Historie des Bildungswesens bis hin zu aktuellen Fragestellungen anlässlich 150 Jahre Wasagymnasium in Wien.

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Schule damals und heute – welche Parallelen lassen sich ausmachen? Ein Streifzug durch die Historie des Bildungswesens bis hin zu aktuellen Fragestellungen anlässlich 150 Jahre Wasagymnasium in Wien.

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Es ist das Bildungsbürgertum, das sich von Adel und Proletariat abzugrenzen versucht, für das die Schule anfangs steht. Allgemein ist man daher durchaus an einer humanistischen Ausrichtung des Gymnasiums interessiert. Auch in dem 1871 gegründeten Wasagymnasium am Wiener Alsergrund (neunter Gemeindebezirk) ist dieser Leitgedanke richtunggebend.

Für den damaligen Direktor Johann Ptaschniki ist es so nicht schwer, den bereits bestehenden Real-­Zweig wieder einzustellen. Indes sind die Lehrkräfte (zunächst) nur männlich. Die Schule ist eine „Ausleseschule“, die durch Kaisertum, akademischen Anspruch, Disziplin und nationalistische Strömungen geprägt ist. Immerhin: Ebenfalls 1871 gründet der Wiener Frauenerwerbsverein eine private höhere Schule für Mädchen. Diese können ab 1896 die Reifeprüfung an den ersten öffentlichen Gymnasien ablegen.

Jüdische Absolventen ermordet

Im 20. Jahrhundert beginnt der einschneidende Wandel der österreichischen Schule – auch wenn in der Gegenwart oft behauptet wird, es sei „alles beim Alten geblieben“. Nicht ganz. Immer mehr Frauen empfehlen sich für den Lehrberuf, was zu einer allmählichen „Feminisierung“ des Berufs gegen Ende des Jahrhunderts führt. Dazu kommt in den 1970er Jahren die Koedukation in den öffentlichen Schulen. Was das Wasagymnasium und andere Schulen wie etwa die „Stubenbastei“ (Innere Stadt) oder die „Zirkusgasse“ (Wien-Leopoldstadt) besonders macht, ist die hohe Zahl jüdischer Schülerinnen und Schüler bis 1938. Jahrzehntelang ist das Bundesgymnasium IX die Schule für die Kinder – vor allem die Söhne – des jüdischen Bürgertums.

Um 1900 sind etwa 70 Prozent der Klassen jüdisch; zu einem Teil auch die Lehrkörper. 1938 sind es immer noch fast 50 Prozent. Die Liste prominenter Maturanten aus jüdischen Familien ist lang: Karl Landsteiner, Stefan Zweig, Erwin Chargaff, Muhammad Asad, Erich Fried, Friedrich Torberg, Ari Rath, die Söhne von Sigmund Freud. Zahlreiche Absolventinnen und Absolventen des Wasagymnasiums werden im Holocaust ermordet. Die Schule wird somit zu einem der vielen Sinnbilder für die Schrecken des Nazi-Regimes, innerhalb dessen in wenigen Jahren die jüdische Kultur Wiens zerstört wird.

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