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Schulen für UNIDO-Kinder

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Seit voriger Woche weht über Wien die UNO-Flagge! Eines der zahlreichen Probleme, die sich aus der Etablierung der UN-Organisation für industrielle Entwicklung in Wien ergeben, untersucht der folgende Artikel.

Noch hat die UN-Organisation nicht Ihr endgültiges Quartier in Wien bezogen. Dennoch rechnet man bereits In der ersten Ausbaustufe mit zirka 400 internationalen Beamten, später sollen bis zu 1000 Internationale Beamte nach Wien kommen. Wenn es auch bei Diplomaten und internationalen Beamten häufig üblich ist, die Kinder in Internaten des Heimatlandes ausbilden zu lassen, wird doch ein Teil der internationalen Beamten der UNIDO die Kinder in Wien ausbilden wollen. Durch die Verlegung dieser wichtigen Internationalen Organisation nach Wien werden wahrscheinlich auch die diplomatischen Vertretungen der Länder, die jetzt schon eine Gesandtschaft oder Botschaft in Wien haben, verstärkt werden. Weitere Staaten, vor allem Entwicklungsländer, werden durch die Verlegung der UNIDO nach Wien einen Anlaß sehen, selbst Vertretungen in Wien zu eröffnen. Aus dieser Situation ergibt sich die dringende Notwendigkeit, für die Kinder der internationalen Beamten und der Diplomaten ausreichende schulische Einrichtungen vorzusehen.

Für Ausländer und Österreicher

Wie sieht es aber derzeit mit Internationalen Schulen in Wien aus? Allgemein bekannt und durch einen Vertrag mit dem Bund anerkannt iri das Lycee Francais in der Liechtensteinstraße im 9. Wiener Bezirk. Es besteht aus einer Volksschule und einer allgemeinbildenden Höheren Schule. Rund 800 Schüler besuchen dieses Schulinstitut, welches nach französischen Lehrplänen geführt wird. Die allgemeinbildende Höhere Schule wird durch eine Matura abgeschlossen, die zum unmittelbaren Besuch der österreichischen Hochschulen berechtigt.

Sehr überfüllt ist die American International School, die von den Botschaften der USA und Kanadas gemeinsam erhalten wird. Die Schule im 19. Wiener Bezirk, in der Salmannsdorferstraße, wird von rund 700 Schülern besucht. Nach dem Lehrplan der USA ist vom Vorbereitungsjahr über die Volksschule bis zur „High School“ das gesamte höhere Schulwesen nach US-Beispiel an der Schule vertreten. Für österreichische Schüler gibt es einen zusätzlichen Lehrplan für die „Senior High School“, nach welchem ein zusätzlicher Unterricht in Deutsch, Mathematik, Latein und Österreichkunde vermittelt wird. Dadurch ist es möglich, für österreichische Schüler, aber auch natürlich für ausländische, die die österreichische Abteilung besuchen, nach Ablegung der College entrance examination sofort das Studium an einer österreichischen Hochschule aufzunehmen. Ansonsten werden Absolventen einer US-High-School an österreichischen Hochschulen nur aufgenommen, wenn sie noch zwei Jahre ein anerkanntes College besucht haben.

Natürlich werden die Schüler dieser internationalen Schulen in Wien durch Schulautobusse von gewissen Sammelstellen aus in die Schulen gebracht. Ein reines Privatunternehmen Ist die „British School“, die derzeit noch in der Grinzingerstraße, ebenfalls im 19. Bezirk, untergebracht ist. Allerdihgs kämpft diese Schule nicht nur um die staatliche Anerkennung, sondern auch um eine geeignete Unterbringung, da das jetzige Gebäude der Gemeinde Wien umgebaut werden muß. Diese Schule arbeitet nach einem englischen

Lehrplan und hat ebenfalls alle Schulstufen, von der Volksschule bis zur Secondary School. Die Ausbildung wird durch das general certificate of education abgeschlossen. Durch die europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse können die Absolventen dieser Schule auch ohne Schwierigkeiten österreichische Hochschulen besuchen. Über die Einführung spezieller „Österreichfächer“ auch in dieser Schule werden noch Besprechungen geführt werden.

Auch österreichische Schulen

Aber nicht nur ausländische Schulen kommen für die Kinder der UNIDO-Beamten und der Diplomaten in Betracht Schon jetzt hat das Theresianum im vierten Wiener Bezirk einen hohen Anteil an ausländischen Schülern. Diese traditionelle Höhere Schule in Wien, die nach dem Lehrplan des Realgymnasiums geführt wurde und jetzt ein neusprachliches Gymnasium wird, hat einen besonders verstärkten Lehrplan für Fremdsprachen. Neben Englisch und Französisch wird ab der 6. Klasse auch Russisch als Pflichtfach unterrichtet. In gesonderten Sprächgruppen werden auch seltene Sprachen besonders gepflegt. Gerade für Kinder von Beamten aus östlichen Ländern kann der Lehrplan des Theresianums von Interesse sein. ,\

Auch die Bundeserziehungsanstalten mit ihrem Internatsbetrieb sind besonders geeignet, ausländische Schüler aufzunehmen. In Wien gibt es eine Bundeserziehungsanstalt für Mädchen im 3. Bezirk. Weitere Anstalten sind in Graz, Saalfelden (für Knaben) und am Traunsee (für Mädchen). Durch einen intensiven Ergänzungsunterricht können . die Schüler in diesen Anstalten rasch mit dem österreichischen Lehrplan und seinen Anforderungen vertraut gemacht werden. Auch die privaten Internatsschulen, die großes Ansehen in Österreich und im Ausland genießen, können als Ausbildungsstätten empfohlen werden. Die Ursulinerinnen in Wien-Mauer, Sacre-Cceur in Preßbaum und andere in Wien für Mädchen, für Knaben Kalksburg, Seitenstetten, Melk, Bregenz-Mehrerau, St. Paul in Kärnten, Stella Matutina in Feldkirch und natürlich das Schottenstift in Wien, welches aber über kein Internat verfügt, sind zu erwähnen. Im Stift Melk ist übrigens eine Klasse einer Schule von St. Johns (USA) heuer schon untergebracht

Im Zusammenhang mit der österreichischen Bewerbung um das CERN-Projekt für das Waldviertel — es ist die Errichtung eines Teilchenbeschleunigers durch die europäische Kernenergieforschungsorganisation CERN in Göpfritz vorgesehen — wurde die Errichtung einer eigenen internationalen Schule durch Österreich angeboten. Voraussichtlich sollen 4000 Wissenschaftler aus dem Ausland in das Waldviertel kommen, wenn es tatsächlich zur Verwirklichung des Projektes in Österreich kommt

Land internationaler Schulen?

Die österreichischen Schulgesetze aus dem Jahre 1962 begünstigen die Einrichtung von Schulversuchen. Es bestünde daher bei einem weiteren Bedarf schulischer Einrichtungen für die Kinder der UNIDO-Beamten durchaus die Möglichkeit, eine internationale Schule durch den Bund einzurichten. Man könnte für dieses Vorhaben eine der weniger gut frequentierten Schulen in den dünner besiedelten inneren Bezirken Wiens auswählen. Der Unterricht könnte dann in mehreren Sprachen in verschiedenen Abteilungen erteilt werden. Auf diese Weise wäre es auch vielleicht möglich, eine Abteilung für Spanisch zu schaffen.

Die UNIDO hat eine Anfrage über die Schul Situation in Wien gestellt. IMan wird auch in dieser Hinsicht auf die Bedürfnisse dieser großen internationalen Organisation eingehen müssen. Die Internationale Atomenergiebehörde, die ebenfalls ihren Sitz in Wien hat, wird von Maßnahmen dieser Art ebenfalls profitieren. Österreich soll nicht nur wie die Schweiz ein Land internationaler Organisationen, sondern auch ein Land internationaler Schulen werden.

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