Segen und Kreuz des Fusionierens

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Die vier neuen Kirchlichen Pädagogischen Hochschulen scharren in den Startlöchern -und haben nebst aller Ambitioniertheit mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen.

Ulrike Greiner macht sich keine Illusionen: "Das wird sicher ein Balanceakt", ist sie sich bewusst. "Aber meine Kolleginnen und Kollegen an den verschiedenen Standorten wissen, dass ich hart arbeite und dass ich mich freue, diesen Weg gemeinsam mit ihnen zu gehen." Am Ende des Marsches soll eine interkonfessionelle Kirchliche Pädagogische Hochschule in Wien entstehen. Kein leichtes Unterfangen: Schließlich gilt es, bis zum Start am 1. Oktober 2007 - und darüber hinaus - die Interessen und Bedürfnisse von zwei Diözesen, vier christlichen Kirchen und acht Institutionen unter einen Hut zu bringen. Nicht zuletzt ist es Greiners Aufgabe als Gründungsrektorin, dafür zu sorgen, dass die neue, größte Pädagogische Hochschule Österreichs ihren Namen auch verdient - und nicht nur ein Hort der Lehre, sondern auch der Forschung wird.

Baustelle Lehrerausbildung

Fusionierung, Forschungsorientierung, Höherqualifizierung: Die Umwälzungen, die durch die Anhebung der Pflichtschullehrerausbildung auf Hochschulniveau zu bewältigen sind, könnten größer kaum sein. Laut Hochschulgesetz 2005 werden die bisherigen Pädagogischen Akademien, die eine dreijährige Lehrerausbildung anbieten, mit den Pädagogischen Instituten, in denen die Fort-und Weiterbildung gebündelt ist, zusammengeführt. Am Ende sollen acht staatliche Hochschulen entstehen. Die Rektoren wurden bereits von den Hochschulräten bestimmt - eine Kür, die vom Vorwurf parteipolitischer Einflussnahme begleitet wurde (vgl. Furche Nr. 34).

Derlei Unterstellungen sind im kirchlichen Bereich obsolet. Hier haben weniger die Ministerien und Länder als vielmehr die Bischöfe und die von ihnen bestellten Hochschulräte das Sagen. Das Fusionieren bleibt freilich auch ihnen nicht erspart. Die (Religions-) Pädagogischen Akademien und Institute in kirchlicher Trägerschaft, an denen Pflichtschullehrer und Religionslehrer aus-und weitergebildet werden, sollen zu vier Kirchlichen Hochschulen (Wien, Graz, Linz und Innsbruck) verschmelzen. Keine kleine Rochade: Immerhin 3900 Studierende wurden im Vorjahr an den kirchlichen Pädaks registriert, an den staatlichen waren es 7600.

Das komplexeste Konglomerat hat Ulrike Greiner zu managen, die bisher an der Pädak des Bundes in Linz tätig war. An ihrer neuen Hochschule, die von den Diözesen Wien und St. Pölten gemeinsam betrieben wird, sollen Haupt-und Volksschullehrer sowie katholische, evangelische, orthodoxe und altkatholische Religionspädagogen beheimatet sein. "Das Schöne und Herausfordernde dabei ist, dass man eine gemeinsame christliche Perspektive entwickeln kann", betont Greiner.

Ursprünglich sollte die Perspektive noch breiter sein. Ein "Haus der Religionen" war angedacht, an dem auch die jüdische und islamische Pflichtschullehrerausbildung angesiedelt sein sollte. Doch es kam nicht dazu:Die jüdische Religionspädagogische Akademie hatte zuvor die Bestätigung bekommen, dass ihre Absolventen auch als allgemeine Pflichtschullehrer international anerkannt werden. Diese Anerkennung fürchtete man zu verlieren. Von Seiten der Islamischen Glaubensgemeinschaft stieß man sich am Namen der geplanten Einrichtung. "Wir konnten ja nicht Teil einer ,katholischen' oder ,kirchlichen' Pädagogischen Hochschule sein", erinnert sich der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Anas Shakfeh.

Kein "Haus der Religionen"

Am Ende gibt es also "nur" ein "Haus der Konfessionen". Und dennoch handelt es sich um ein "in Europa einmaliges Projekt", freut sich Christine Mann, Schulamtsleiterin der Erzdiözese Wien und treibende Kraft der neuen Hochschule. Auch bei den kooperierenden Kirchen ist die Freude groß: "Dieses Projekt zeugt von der ökumenischen Reife in Österreich", meint Metropolit Michael Staikos von der orthodoxen Kirche, die bis dato in Österreich keine eigene Religionslehrerausbildung anbieten konnte. Auch der altkatholische Bischof Bernhard Heitz und der evangelische Oberkirchenrat Michael Bünker begrüßen die neue Institution.

So viel Buntheit führt freilich auch zu üppigen Strukturen: Bis zu 19 Personen sitzen im Hochschulrat, neben dem Rektorat das eigentliche Steuerungsgremium der neuen Einrichtung; und statt zwei Vizerektoren wird es vier geben - wobei Helene Miklas, derzeit Direktorin der Evangelischen Religionspädagogischen Akademie in Wien, die Zusammenarbeit der vier Kirchen koordiniert.

Herausfordernd wird auch sein, aus den bisher acht kooperierenden Institutionen ein großes Ganzes herauszubilden - ein Wagnis, das auch Regina Brandl, Gründungsrektorin der neuen Kirchlichen Pädagogischen Hochschule "Edith Stein" in Innsbruck eingehen muss. Neun Einrichtungen aus vier Diözesen (Innsbruck, Feldkirch, Salzburg und Gurk-Klagenfurt) gilt es hier unter einen Hut zu bringen. "Das wird schwierig, aber es gibt auch Synergieeffekte", betont Brandl.

Politik mit Verspätung

Die wahren Probleme lägen anderswo: "Das Ministerium lässt sich bei den Kirchlichen Pädagogischen Hochschulen einfach sehr viel Zeit", klagt Brandl. Sie selbst sei etwa vom Bischof, aber noch nicht vom Bildungsministerium bestellt worden. Zudem hätte man die Rahmenverordnungen für die Anerkennung als Hochschule "sehr spät zur Verfügung gestellt". Auch der Bachelor, wie er laut Gesetz an den Pädagogischen Hochschulen angeboten wird, sei "ein Kompromiss", meint Brandl, die selbst ein Masterstudium an ihrer Hochschule entwickeln will.

Auch Wolfgang Weirer, Professor am Institut für Religionspädagogik der Universität Graz und Mitglied des Hochschulrates der neuen Pädagogischen Hochschule der Diözese Graz-Seckau, übt Kritik am politischen Prozedere: "Ich hätte es sinnvoll gefunden, die Lehrerausbildung zu bündeln. Jetzt haben wir die absurde Situation, dass es zwar für die Zehn-bis 14-Jährigen wortidente Lehrpläne in den Hauptschulen und Gymnasien gibt, aber zwei Ausbildungsschienen für die Pädagogen", klagt Weirer. Er hatte ein Modell einer gemeinsamen Lehrerausbildung erarbeitet, in dem sowohl die Stärken der Unis als auch die Praxisorientierung der Pädaks stecken. "Aber das wurde vom Ministerium gestoppt."

Die Startbedingungen für die neuen Kirchlichen Pädagogischen Hochschulen könnten also besser sein. Und doch ist man zuversichtlich: "Ich glaube, dass die Kirchen vieles anbieten können, was die Lehrerinnen und Lehrer in Zukunft brauchen", ist Regina Brandl in Innsbruck überzeugt: "Schule wird ja nicht einfacher."

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