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Soll der Laie theologische Bildung anstreben?

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Diese Frage scheint fast überholt, wurde sie doch bereits von den offiziellen kirchlichen Stellen in Österreich, von einer Reihe von Theologieprofessoren, die sich dankenswerterweise als Lehrer znr Verfügung gestellt haben, wie von den Laien selbst positiv beantwortet. Das zeigt das rege und steigende Interesse, das sie den systematischen Unterweisungen zuwenden, wie sie etwa die im Rahmen des Wiener Seelsorgeinstituts veranstalteten Lehrgänge .Theologisches Laienjahr“ und „Glaubensschule“ oder die vom österreichischen Seelsorgeinstitut ausgeschriebenen „Femkurse für theologische Laienbildung“ bieten. Etwa 1200 Wiener Katholiken haben sich im Laufe der letzten 12 Jahre und 620 aus ganz Österreich im Laufe der letzten eineinhalb Jahre diesem Studium unterzogen, einer großen Anzahl der Wiener Teilnehmer wurde nach Ablegung strenger Prüfungen von ihrem Bischof die Eignung für die missio canonica ausgesprochen.

Da der „Fernkurs“ gerade die sechs für den Sommer vorgesehenen Studienwochen absolviert hat und Mitte Oktober die neuen Jahrgänge der Wiener Kurse beginnen sollen, ist es vielleicht angebracht, einige Überlegungen zum theologischen Studium der Laien zu vermerken.

Je stärker ein Werk sich aus seinen inneren Möglichkeiten heraus entwickelt, desto ernster müssen die Fragen genommen werden, die sich aus dem gewissenhaften Verfolgen und Fördern des Wachstums ergeben.

Das Hauptgewicht der kommenden Jahre wird darauf liegen müssen, jene Ausprägung einer „christlichen Bildung“ der Laien, die gerade dieser unserer Generation spezifisch angepaßt ist, zu erkunden und durchzusetzen. Damit ist eine sehr vielschichtige Frage angeschnitten, die wohl alle angeht, die am Bildungsvorgang sowohl im Jugendlichen wie im Erwachsenen, die an der geistigen Struktur und Aufgabe unserer Zeit interessiert sind. In der Vermittlung christlicher Bildung wird man sich nicht auf die nach dem abendländisch-humanistischen Bildungsideal Erzogenen oder noch zu Erziehenden beschränken dürfen; man wird auch die technisch-wirtschaftlich Ausgerichteten erreichen müssen. — Pieper führt eine treffende Unterscheidung ein: „Gentleman-Wissen“ und .Funktionärs-Wissen“. Soll die theologische Unterweisung eine ihrem Gegenstand entsprechende Frucht bringen, kann uns nur darum zu tun sein, das Verlangen nach dem „Gentleman-Wissen“ wachzurufen, das nicht den Nutzen, sondern das viel allgemeinere Gemeinwohl anstrebt. Aus solcher Einstellung heraus wird sich im Laien von selbst das richtige Bewußtsein entwickeln für das, was er etwa in einem systematischen Lehrgang für Theologie, zu dem er zweieinhalb Jahre lang seine Freizeit für ein intensives Studium verwendet, erreichen kann und was nicht. Dieses Abschätzen ist nicht nur eine Sache der persönlichen Bescheidenheit, sondern auch des geistigen Unterscheidungsvermögens, das immer zu wecken und zu fördern sein wird. Metaphysische Erkenntnisse wollen in ihrer Eigenart und Tragweite genommen werden; der Sinn für den erforderlichen Tiefengang kann diese Erkenntnisse erst wirklich für das Leben fruchtbar werden lassen. Man fürchte nicht, Laien würden sich nun allzu rasch für Theologen halten! Sie wollen nur ihre profane Bildung durch ein auf gleicher Höhe stehendes Glaubenswissen ergänzen und mit diesem dann theoretisch das eigene Fachgebiet unter neuem Lichte sehen und praktisch ihr eigenes Leben und den auf andere ausgedehnten Bereich deT , Familie, des Berufes, der Öffentlichkeit stärker durchformen.

Das Wagnis, Laien im vollen Umfang der Disziplinen (scholastische Philosophie, Fundamentaltheologie, Dogmatik, Moraltheologie, Altes und Neues Testament, Kirchengeschichte, Kirchenrecht, Frömmigkeitslehre, Pastoral, Liturgik) in die Theologie einführen zu wollen, ist zunächst wohl als sinnvoll zu bezeichnen. Es bedarf jedoch zur Gewinnung der reifen Frucht noch vieler fördernder und wachsamer Kräfte. Die Laienunterweisung in diesem Sinn ist auch für den theologischen Fachmann ein Novum; auch er wird sich immer wieder die Stoffauswahl, die Schwerpunktverlagerung, die Methode neu und gründlicher überlegen müssen. Ja, auch die Konspiration der Lehrer untereinander ist in diesem Falle unerläßlich — weit etwa über die Notwendigkeit einer gemeinsamen Terminologie hinausgehend —, kann man doch die abgewogene Zusammenschau der einzelnen Disziplinen und ihres verschiedenen methodischen Vorgehens nicht allein dem Hörer überlassen, weil das einfach seine Kräfte übersteigt. Es ist von entscheidender Wichtigkeit, daß alle gewonnenen Erkenntnisse letzten Endes den Glaubensakt beziehungsweise das Verständnis des Glaubensinhalts von der menschlichen Seite her vertiefen und so ein richtiger Gottesbegriff, ein echtes Christusbild, eine vertrauende Sicht der Kirche vorbereitet wird, die zugleich ist „makellose Braut“ und zugleich „von Makeln und Runzeln entstellt“. Es ist ebenso wichtig, daß nicht Skrupulanten herangezogen werden, daß auf strengste Orthodoxie geachtet und zugleich Enge vermieden wird.

In welche Richtung könnte der organische Ausbau der theologischen Laienbildung gehen? Professoren und Leitung müßten sorgfältig den Bildungsvorgang im gesamten und wo notwendig im einzelnen überschauen; die Skripten sollten durch die ständig vermehrte Erfahrung vervollkommnet werden, bis vielleicht nach Jahren an Drucklegung und Gewinnung einer wohl überlegten kleinen „Theolog ischen Handbibliothek für Laien“ zu denken ist. Eine Sorge wird auch die Sicherung der selbständigen Weiterarbeit der einzelnen sein, wenn sie die Kurse abgeschlossen haben. Dem könnte dienen der entsprechende Hinweis auf die theologische Literatur, auf die einschlägigen Veranstaltungen in den diözesanen Hauptstädten. Fruchtbar wäre es schließlich auch, aus der großen Gesamtzahl der Hörer einen Bruchteil zu gewinnen, der sich etwa in sommerlichen Studienwochen durch Theologen in seminarischem Betrieb in die „Quellen“ einführen ließe — die Hl. Schrift, die kirchlichen Lehrentscheidungen, Texte der Kirchenväter und Kirchenlehrer — und auf persönliche Anleitung dann privat weiterstudiert, das eine oder andere sicher zum Nutzen der Allgemeinheit. Vielleicht könnten so die empfindlichen Forschungslücken für die praktische seelsorgliche Arbeit etwas überbrückt werden. Vielleicht könnte es auf solche Weise auch im Laufe der Jahre einige wirklich theologisch unterscheidungssichere Laien geben, die durch ihre profanen Studien auch die theologische Wissenschaft im einen oder anderen Punkt anregen könnten.

Theologische Laienbildung: eine Arbeit im Stadium des Beginnes und zugleich schöner Erwartung, wenn alle Berufenen an ihr bauen!

Die Einschreibung für die zweijährigen Lehrgänge (je zwei Abende in der Woche) „Theologisches Laien jähr“ (für Maturanten und Akademiker) und „Glaubensschule“ (für Nichtmaturanten) kann vom 18. September bis 6. Oktober von Dienstag bis Freitag täglich von 11 bis 13 Uhr und zusätzlich Dienstag und Donnerstag von 17 bis 18 Uhr in Wien I, Stephansplatz 3/III/54, vorgenommen werden. Mitzubringen ist die priesterliche Empfehlung und der Bildungsnachweis. Prospekte stehen zur Verfügung.

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