7135787-1997_46_06.jpg
Digital In Arbeit

Sorge für die Schöpfung tragen

19451960198020002020

Am Wissen fehlt es nicht in Sachen Umweltbedrohung, wohl aber an der Bereitschaft, Maßnahmen gegen die Gefahren zu setzen. In Kärntens Kirche allerdings sollen den Worten nun Taten folgen.

19451960198020002020

Am Wissen fehlt es nicht in Sachen Umweltbedrohung, wohl aber an der Bereitschaft, Maßnahmen gegen die Gefahren zu setzen. In Kärntens Kirche allerdings sollen den Worten nun Taten folgen.

Werbung
Werbung
Werbung

Sein Büro im Bildungshaus St. Georgefi am Längsee hat Ernst Sandriesser, frischgebackener Umweltbeauftragter der Diözese Gurk, noch nicht bezogen. Die Ziele seiner zukünftigen Arbeit schweben dem jungen Theologen aber bereits klar vor Augen: „Ökologie beginnt im Kopf”, sagt er. Keine Frage - das Wissen um die Bedrohung des subtilen Gleichgewichtes der Schöpfung sei vorhanden und nehme stetig zu. Worauf es ankomme, sei eine Bücke zu schlagen vom Wissen zum Handeln. „Die unzähligen Stellungnahmen von Kirche und Politik zu den ökologischen Herausforderungen müssen endlich in die Praxis umgesetzt werden”, stellt Sandriesser fest. „Wir brauchen keine neuen Dokumente, sondern konkrete Modelle, in denen schöpfungsgerechtes Handeln eingeübt werden kann.”

Um diese Modelle zu schaffen, setzt der Umweltbeauftragte auf kircheninterne Bewußtseinsbildung. Denn nur wenn die Kirche ihre „ökologischen Hausaufgaben” löse, könne sie in der Ökologiedebatte eine Vorbildfunktion einnehmen: „Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit”. Als Ansprechpartner für Kärntens neuinstallierte Umweltpfarrgemeinderäte, ist er für deren Aus- und Fortbildung zuständig.

Der verantwortungsvolle Umgang mit der Schöpfung soll sich „wie ein roter Faden” durch die Pfarrgemeinden ziehen: sei es am Friedhof (Mülltrennung, Vermeiden von Alukerzen ...), bei der Gestaltung von Pfarrfesten (regionaler Einkauf, Mehrweg- statt Einweggeschirr ...), sei es durch die Gründung von Fahrgemeinschaften oder der Verpachtung kirchlicher Gründe an biologisch wirtschaftende Bauern: Der Pfarrer müsse kein Umweltexperte sein, aber er sollte die Maßnahmen „aktiv unterstützen”, wünscht sich Sandriesser. Schließlich bedeute Seelsorge heute nicht nur „Sorge um die Seele, sondern auch Sorge um die Welt”.

Daß der Umweltbeauftragte vom Bildungshaus St. Georgen aus agieren wird, ist kein Zufall. Denn dort wird Ökologie schon seit Jahren groß geschrieben: etwa mit der Veranstaltungsreihe „Ökoforum”, der Umstellung der bischöflichen Landwirtschaft auf biologischen Betrieb oder der Gründung eines alternativen Tauschvereins auf Talentebasis. Seit Jahren wird das Bildungshaus und der Pfarrhof mittels Biomasse beheizt, erst kürzlich wurde eine neue Biomasseanlage für Pfarrkindergarten und Restaurant in unmittelbarer Nähe in Betrieb genommen.

„Die Stimme der Kirche muß deutlicher in die Ökologiedebatte eingebracht werden”, ist Hans-Peter Premur, Pfarrer und Rektor des Bildungshauses St. Georgen, überzeugt. „Wir möchten konkret zeigen, daß regionale Entwicklungen möglich und sinnvoll sind.” Im Mittelpunkt steht die Überzeugung, daß Natur nichts Fremdes ist, das man ausbeuten kann, sondern die Grundlage des menschlichen Lebens darstellt - und als solche eine „geschwisterliche” Behandlung verdient. Zu den Aufgaben des neuen Umweltbeauftragten wird auch zählen, die ökologische Ausrichtung des Bildungshauses zu fördern und konkrete Projekte zu betreuen. Geplant sind etwa die Einbindung der Ökologie in das Leitbild des Hauses, Umweltfilme (das Bildungshaus verfügt über ein eigenes Kino), die Zusammenarbeit mit verschiedenen UmWeltorganisationen (Klimabündnis, ÖIE ...) oder Jugend Veranstaltungen (zum Beispiel „Öko-Partys”). „Wir wollen die Botschaft nicht nur auf theoretischer Basis, sondern auch auf emotionaler Ebene vermitteln”, sagt Rektor Premur.

Vielfältige Initiativen

Allesamt Entwicklungen, die beispielhaft stehen für eine langsame, aber deutliche Trendwende in Kärntens Pfarrhöfen. So besucht der Pfarrer von Feldkirchen etwa seine Schäfchen mit dem Elektroauto und bezieht die Energie für seinen Pfarrhof von einer Solaranlage. Das Salvatori-anerkloster in Gurk ist Betreiber eines Biomassefernheizwerkes, ebenso das Bistum in Friesach, das ein Krankenhaus und einige Privathäuser mitversorgt.

Die Missionsschwestern im Kloster

Wernberg bewirtschaften wiederum einen ökologisch vorbildlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Umrüstung kirchlicher Institutionen von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energie will der 1996 in Klagenfurt gegründete Verein „ARCHE” (Arbeitskreis von Christen zur Erhaltung der Schöpfung) vorantreiben. Und als Beitrag zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit ist auch der „Biomassetag” am 14. November im Bildungshaus St. Georgen gedacht. In Solidarität mit „Schwester Erde” (Franz von Assisi) und in Kooperation mit „Pro-Holz Kärnten” wird zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit den vorhandenen Bessourcen aufgerufen. Motto der Tagung: „Klimawandel -handeln wir jetzt!”

Jetzt handeln - das ist auch die Maxime von Ernst Sandriesser, der zuversichtlich an seine neue Tätigkeit herangeht: „Freilich, ohne Mitarbeit der Menschen an der Basis wird es nicht gehen. Die Bewahrung der Schöpfung ist aber doch eine der vornehmsten Aufgaben des Christen überhaupt.” Und eine Überlebensfra-. ge im buchstäblichen Sinn des Wortes: „Die Aufgabe der Kirche ist es, das Evangelium zu verkünden, aber wenn uns die Luft zum Atmen fehlt, können wir kein ,Halleluja' mehr singen.”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung